Rätsel um Malipu. Wilma Burk

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Rätsel um Malipu - Wilma Burk

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so Miriam. Wie sehr hatte sie sich einen Hund gewünscht. Aber nein, der war ihr abgelehnt worden! Sie hatte ja auch kein schlimmes Bein und wurde deshalb vorgezogen, dachte sie böse. Ungerecht war das, ganz einfach ungerecht! Und je glücklicher Josi mit ihrem Kanarienvogel war, umso neidischer wurde Miriam.

      *

      Wie es dann geschah, wusste später niemand zu sagen. Als Josi ihren kleinen Vogel im Zimmer umherfliegen ließ, öffnete Miriam, ohne zu überlegen, ein Fenster. Sofort flog der kleine Vogel zielsicher darauf zu und hinaus in eine verlockende Freiheit.

      Plopp, da sprang ein Eisluchs näher, der schon seit einiger Zeit bei Miriam auf der Lauer lag. Denn wer weiß, vielleicht würde sie noch so böse Gedanken haben, dass sie für ihn zur Beute werden konnte. So hoffte er.

      Josi schrie auf, als sie ihren Pepe davonfliegen sah. Annika ging wütend auf Miriam los. Doch Miriam wehrte sich und schlug zurück. Die beiden Mädchen prügelten sich und Josi weinte und jammerte um ihren kleinen Pepe.

      Entsetzt kamen die Eltern dazu und brachten die beiden Mädchen auseinander.

      „Das hat sie mit Absicht getan!“, rief zornig Annika.

      „Habe ich nicht! Wusste gar nicht, dass der Vogel aus dem Bauer war“, stritt Miriam es ab.

      „Und doch hast du es getan, du hast ihr den Vogel nicht gegönnt“, beharrte Annika.

      „Das reicht jetzt, Miriam! Bis auf Weiteres hast du Hausarrest und das neue Fahrrad kannst du dir auch aus dem Kopf schlagen“, entschied der Vater erzürnt.

      „Aber ich habe ihn nicht wegfliegen lassen!“, bockte Miriam. Doch wenn sie ehrlich zu sich gewesen wäre, dann hätte sie zugeben müssen, dass sie selbst dies nicht so genau wusste.

      „Du hättest besser aufpassen müssen!“, wies auch die Mutter sie zurecht und nahm tröstend Josi in den Arm.

      „Das ist ungerecht, mich so zu bestrafen!“, machte Miriam einen letzten Versuch, die Eltern umzustimmen.

      Doch der Vater sagte nur: „Es reicht, Miriam!“

      *

      Miriam grollte, fühlte sich zu Unrecht bestraft. Sie musste zusehen, wie Annika und Josi aus dem Haus gingen, musste hören, wie schön es bei der Großmutter gewesen war, dass nun alle Erdbeeren abgeerntet waren und sie keine mehr abbekommen konnte. Annika sparte nicht mit Triumph und Hohn dabei.

      Das vertrug Miriam am allerwenigsten. Sie hatte Zeit, viel Zeit, sich Schikanen gegen die beiden auszudenken, in denen sie die Schuldigen für ihre Bestrafung sah. Als Erstes ging der kleine Spielzeugvogel aus unerklärlichem Grund kaputt. Dann verschwanden wichtige Schulhefte. Und jedes Mal leugnete sie, damit etwas zu tun zu haben.

      Das ließ den Eisluchs näher an sie heranrücken. Seine Hoffnung stieg, sie ganz für sich gewinnen zu können. Jede Bosheit von ihr erfreute ihn. Er rechnete sich bereits eine Chance aus, sie am Ende zu erbeuten. Wenn ihm das gelang, dass sie keinem guten Gedanken mehr zugänglich war, würde ihre Seele am Ende ihres Lebens zu einem grauen Eistropfen gefrieren und er könnte sie mitnehmen in sein eisiges Reich. Dann würde sie nicht, wie die Seelen anderer Menschen, als kleiner Nebel zum Herrn des Lebens am ewigen, unendlichen See des Lebens schweben und noch nach ihren Lieben auf der Erde sehen können. Sie würde nur ewig ein Eistropfen mehr in dem eisigen Reich der Eisluchse sein. Alles könnte sie mit ansehen, doch niemand würde sich um sie kümmern.

      Lediglich die Magihexer könnten ihr dieses Schicksal noch ersparen, wenn es ihnen gelänge, rechtzeitig einzugreifen. Das wusste der Eisluchs. Doch sie sollten nur kommen, diese wolkigen Gebilde, so leicht würde er nicht aufgeben.

      *

      Was auch geschah, alles traute Annika Miriam inzwischen zu. „Mir kannst du nichts erzählen!“, erklärte sie drohend, wenn Miriam wieder leugnete, an etwas schuld zu sein.

      Josi trauerte sehr um ihren Pepe. Nichts konnte sie trösten. Immer wieder stellte sie das Vogelbauer ans Fenster und hoffte, dass er zurückkäme.

      Das hatte die Magihexer, Pontulux, den Zwicker, Jojotu, den Tröster, und einen Koboldiner zu Josi gerufen.

      Der Eisluchs schlug wütend mit seinem Schwanz auf, als sie herangeschwebt kamen. Er ärgerte sich, dass er noch nicht näher an Miriam herangekommen war, um die Magihexer erst gar nicht an sie heranzulassen.

      Die taten zunächst so, als sähen sie ihn nicht. Sie brauchten sich nicht lange zu beraten, was zu tun war. Jojotu schickte sofort den Koboldiner los, um Pepe zu suchen. „Wie sonst soll ich Josi trösten, wenn der Vogel nicht wiederkommt“, sagte er. Dann glitt er zu der weinenden Josi hin und blies ihr mit seiner Gedankenkraft viel Hoffnung ins Ohr.

      Der Koboldiner zögerte nicht lange. „Ich werde ihn finden, wenn er die Zeit bisher gut überstanden hat und die andern Vögel ihm nichts getan haben. Hoffentlich ist er nicht zu weit weggeflogen, dann wird es schwierig werden, ihn zurückzubringen“, vermutete er und brummte davon.

      Pontulux, der Zwicker, glitt derweil vorsichtig an Miriam heran. Er wusste noch nicht, was er machen könnte, damit die Schwestern sich besser verstehen. Zunächst einmal wollte er ergründen, wie weit er überhaupt an sie herankam, ob der Eisluchs ihn bald bedrohen würde. Doch noch hielt der sich abwartend zurück, verfolgte nur misstrauisch, was die Magihexer taten und fauchte warnend. Pontulux war sich aber sicher, es fehlten nur noch ein paar böse Taten oder Gedanken von Miriam und der Eisluchs würde so dicht an sie heranrücken, dass er es schwer hätte, noch an ihr Ohr zu gelangen, um sie zu beeinflussen.

      „Was willst du tun?“, fragte Jojotu.

      „Noch nichts! Erst einmal warte ich ab. Vielleicht fängt sich Miriam wieder und der Eisluchs muss sich verziehen“, antwortete Pontulux.

      „Und wenn nicht?“, wollte Jojotu wissen.

      „Dann wird es die Gelegenheit bringen. Das war bei allen Plänen bisher noch immer am besten, wenn man etwas erreichen wollte. Doch was hast du inzwischen Annika eingegeben, was macht sie da?“, fragte Pontulux, schwebte zu Annika und sah ihr neugierig über die Schulter.

      Annika schrieb viele Zettel, die sie an Bäume anheften wollte, auf denen stand: „Gelber Kanarienvogel mit weißer Feder auf dem Kopf entflogen. Bitte, bringt ihn zurück! Adresse ...“

      „Das wird bestimmt helfen!“, sagte Josi so hoffnungsfroh, wie Jojotu es ihr eingegeben hatte. Sie saß am offenen Fenster beim Vogelbauer. Die Tränen waren versiegt; sie wartete nur noch auf ihren Pepe. „Er kommt zurück, ich weiß es!“, flüsterte sie vor sich hin. Ihren Glauben daran konnte so leicht nichts mehr erschüttern. Bei jedem Vogel, der in den Zweigen des Baumes, der vor dem Haus stand, landete, hielt sie die Luft an. War es Pepe? Aber nein, es war nur ein Spatz, eine Meise oder eine Amsel.

      *

      Sie konnte nicht wissen, dass der Koboldiner den kleinen Pepe suchte. Er musste weit dahinbrummen durch Straßen und Parkanlagen, denn einmal in Freiheit fand Pepe es so herrlich ohne jede Wand vor sich durch die Luft gleiten zu können, dass er gar nicht aufhören konnte über Bäume, Büsche und Dächer hinweg immer weiter zu fliegen. Erst in einem weit entfernten Park, als er einen Fink sein Lied trällern hörte und glaubte, das könne ein anderer Kanarienvogel sein, flog er hinunter zu ihm in einen Baum und wollte sich zu ihm setzen. Der aber machte entsetzt einen Satz zur Seite, sah ihn mit gesträubtem Gefieder an und warnte seine Umgebung: „Taktaktak!“

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