Infiziert : Die ersten zehn Tage. Felix Fehder

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Infiziert : Die ersten zehn Tage - Felix Fehder

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Jan ging zum Fenster.

      „Will ich auch nicht drüber reden.“

      „Schon gut.“ Er starrte auf die Straße. Es war dunkel geworden. Der Ansturm auf die Notaufnahme riss noch immer nicht ab.

      „Wann, glauben Sie, kann ich nach der Geburt wieder weg?“

      Jan hörte sie kaum. Dort hinten war irgendwas los. Vereinzelte Leute rannten in seine Richtung, Autos rasten in hektischer Fahrt an ihnen vorbei. Die fliehen vor irgendwas. Er riss das Fenster auf, um besser zu sehen und ihm stockte fast der Atem. Diese Leute flohen vor einer Menschentraube, die sich über die ganze Breite der Straße erstreckte und langsam näher kam. Langsam, weil sie sich so seltsam bewegen. Jan sah genauer hin. Sein Doktor in Medizin wäre nicht nötig gewesen, um zu diagnostizieren, was sich da auf sie zu bewegte: Die Straße war voll von Infizierten.

      „Mein Gott“, flüsterte er.

      „Was?“

      Er wirbelte herum.

      „Wann Sie weg können? Ich denke, wir müssen genau jetzt los.“ Er deutete hinaus.

      Sie stieg aus dem Bett und trat ans Fenster. Sofort klappte ihr Kiefer herunter. Sie schnappte nach Luft und griff sich an den Bauch. Jan zog sie vom Fenster weg.

      „Wir müssen Sie hier wegbringen. Ziehen Sie sich an.“

      Sie nahm ein paar Sachen von einem Stuhl, ging ins Bad und kam in Leggins und einer Art weiter Tunika, unter der sich ihr Bauch wölbte, wieder heraus.

      „Gut, dann los“, sagte Jan und öffnete die Tür. Der Flur lag still vor ihnen. Die Menschenmenge befand sich in der Notaufnahme. Auf der Geburtenstation war wenig los, vor allem am späten Abend. Jan wandte sich nach links.

      „Zum Fahrstuhl geht es aber da lang.“

      „Ich will noch ein paar Sachen holen.“

      Er ging an ein paar Türen vorbei, bis er eine schließlich öffnete. Sie traten in ein kleines Untersuchungszimmer. Jan holte eine saubere Mülltüte hervor und suchte Dinge zusammen, die er bei einer möglichen Geburt außerhalb des Krankenhauses brauchen würde. Als er fertig war, ging die Tür auf.

      „Was machen Sie da?“, fragte eine aufgebracht aussehende Schwester Karen, deren Nachnamen Jan sich noch nie hatte merken können.

      „Hallo Karen, ich bin‘s.“

      „Jan? Was machen Sie da? Haben Sie nicht unten Dienst?“

      „Karen, ich habe keine Zeit für Erklärungen. Wir müssen das Krankenhaus verlassen. Alle. Die Infizierten kommen hierher. Viele.“

      „Was reden Sie da?“

      „Aber er hat Recht“, sagte Lara Mühler.

      „Sehen Sie auf der anderen Gebäudeseite aus dem Fenster!“ Er schob Frau Mühler an Schwester Karen vorbei. „Hier lang.“

      Jan rannte den Gang runter bis zur Schwesternkabine. Dort drückte er etwas herum, dann erklang seine Stimme über die Krankenhauslautsprecher.

      „HIER SPRICHT DR. SCHNEIDER. IM KRANKENHAUS HERRSCHT INFEKTIONSGEFAHR. WIR MÜSSEN ALLE PATIENTEN UND SÄMTLICHES PERSONAL SOFORT EVAKUIEREN. ICH WIEDERHOLE: INFEKTIONSGEFAHR.“

      „Glauben Sie, das reicht?“, fragte seine Begleiterin.

      Er zuckte die Schultern.

      „WER DIESES KRANKENHAUS NICHT BINNEN MINUTEN VERLÄSST, BEFINDET SICH IN LEBENSGEFAHR.“

      „Das sollte reichen.“ Jan sprang auf. „Kommen Sie, kommen Sie.“

      Lara Mühler versuchte Schritt zu halten.

      „Eine von uns ist schwanger, vergessen Sie das nicht.“

      Jan rannte weiter den Flur entlang und bestellte den Aufzug. Es dauerte ewig. Dann kam er zeitgleich mit seiner Patientin an. Sie stiegen ein und Jan drückte auf den untersten Knopf.

      In der Tiefgarage war niemand zu sehen. Jan führte sie zu seinem Volvo SUV, hielt seiner Patientin die Beifahrertür auf und nahm dann hinter dem Steuer Platz. Er blickte zur Seite.

      „Alles klar?“ Sie sah erschöpft aus, nickte aber.

      „Dr. Schneider?“

      Er sah sie fragend an.

      „Danke.“

      Er winkte ab. „Schon ok. Und ich bin übrigens Jan.“ Er streckt ihr die Hand hin.

      „Lara.“

      Von oben hörten sie Schreie. Vielleicht die Menschenmenge auf der Flucht. Oder die Infizierten hatten das Krankenhaus erreicht. Jan startete den Motor und setzte zurück. Mehr und mehr Leute kamen nun in die Tiefgarage, um auf dieselbe Art wie Jan und Lara das Krankenhaus zu verlassen. Sie erreichten das Tor der Garage und es hob sich scheppernd vor ihnen in die Höhe. Auf der Straße dahinter war so viel los wie noch nie. Überall rannten Menschen durcheinander, dazwischen sah man ein paar torkelnde Gestalten – Infizierte. Lara keuchte entsetzt. Wer konnte, schrie nach Leibeskräften. Links vom Tor hatten zwei Männer eine infiziert aussehende Frau zu Boden geworfen und traten auf sie ein. Für Jan sah es so aus, als würden ihre Lippen das Wort „Hilfe“ formen, er war sich aber nicht sicher. Rechts von ihnen entdeckte jemand das offene Tor, brüllte etwas und sofort strömte die Menge ihnen entgegen und drückte sich am Jeep vorbei in die Garage.

      Jan schlängelte den Wagen durch die Massen, in dem er sich energisch den Weg frei hupte. Vor ihnen fiel eine Frau hin. Sofort hatten zwei Infizierte sie erreicht, stürzten sich auf sie und bissen an ihr herum. Die Frau schrie als große Teile ihres Fleisches mit infizierten Zähnen von ihrem Körper gerissen wurden. Wenn ich jetzt versuche zu helfen, gehen wir hier drauf. Jan umkurvte das Grüppchen. Er verschloss sein inneres Auge vor dem Grauen um sie herum und steuerte den Volvo weiter durch die Menge. Es war eine regelrechte Massenpanik. Jan kam sich vor wie in einem Kriegsgebiet. Woher waren diese Infizierten gekommen? Trotz der chaotischen Lage schätze Jan, dass sich auf der Straße vor dem Krankenhaus nur eine Handvoll Infizierte befanden. Und wenn die schon so eine Panik verursachten... Und wenn es tatsächlich stimmte, dass Bisse die Krankheit übertrugen...

      Lara schrie auf als eine Mutter mit ihrem Kind an der Hand vor den Volvo purzelte. Jan stieg auf die Bremse, die beiden vor dem Auto rappelten sich hoch und hetzten weiter.

      „Ich habe Angst“, flüsterte Lara.

      Irgendwie kamen sie schließlich durch und fanden sich auf einer freien Straße wieder. Nach dem Lärm kam es ihnen unglaublich still vor. Als wäre mit dem Erlöschen der Straßenlaternen auch der Ton in der Stadt abgedreht worden. Jan gab Gas, stadtauswärts, der Volvo beschleunigte leise surrend und gaukelte seinen Insassen Sicherheit vor.

       5: STADTAUTOBAHN, DONNERSTAG, 30.07.2013, 22:00 UHR

      Martina konnte es langsam nicht mehr hören: Michael stöhnte und fauchte im Kofferraum – ununterbrochen. Sie hoffte nicht mehr, dass er irgendwann damit aufhören würde.

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