Infiziert : Die ersten zehn Tage. Felix Fehder
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Читать онлайн книгу Infiziert : Die ersten zehn Tage - Felix Fehder страница 7
Jan reichte ihr sehr klischeehaft ein Taschentuch und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Beruhigen Sie sich – wird ja schon alles gut.“
Sie schniefte.
„Und nun ist er also weg, ihr Freund? Was ist mit Ihren Eltern? Familie?“
Sie schüttelte den Kopf. Jan fragte nicht weiter nach. Wenn sie jetzt anfing, ihm ihre Familienprobleme zu erklären, verlor er die Zeit für dreimal „Nein, Sie sind nicht infiziert, das ist nur eine Grippe“.
Sie war jetzt wieder etwas gefasster.
„Wann soll es denn soweit sein?“
„Könnte jeden Moment so weit sein – verstehen Sie, ich will nicht allein sein damit. Wegen der Infektion und allem. Ich mache mir Sorgen. Glauben Sie, mein Baby könnte sich anstecken?“
„Nein, glaube ich nicht, keine Sorge – Moment.“ Jan sah im Computer nach und wundersamer Weise war auf der Geburtenstation tatsächlich ein Bett frei.
„Ok, also Sie können hier bleiben, bis das Baby kommt, wenn Sie wollen. Auf der Gynäkologie wird man Sie nochmal gründlich untersuchen, aber das ist nur Routine. Mit dem Baby ist sicher alles in Ordnung.“
Die Frau nickte hektisch. Jan drückte einen Knopf und eine Schwester erschien.
„Bringen Sie die Dame bitte auf die Gynäkologie. Zimmer 17 B ist frei.“
„Ist gut“, sagte die Schwester, „dann kommen Sie mal mit.“
Die Frau stand auf und folgte der Schwester nach draußen. Jan steckte den Kopf durch die Tür in den Flur und rief: „Der Nächste bitte.“
Es gab ein wenig Gedränge, dann schoben sich zwei Polizisten durch die Menge. Die Frau der beiden trug ihren Kollegen mehr, als dass dieser selber ging, bahnte sich aber entschlossen ihren Weg ins Sprechzimmer, ständig versichernd, dass ihr Kollege ein Notfall sei.
Jan deutete auf die Liege und sie legte den Verletzten keuchend ab. Er sah übel aus. Völlig verschwitzt, so weiß wie die Wand und sein linkes Hosenbein war voller Blut.
„Ich bin Dr. Schneider, können Sie mich verstehen?“
Der Blick des Mannes flackerte unruhig, aber er nickte.
„Was ist passiert?“
„Wir haben die Infizierten bewacht – er wurde gebissen“, antwortete die Polizistin.
Jan starrte sie an. „Gebissen?“
Sie nickte.
„Dann – dann ist es also wahr?“
„Ich weiß nichts Genaues, aber Sie müssen ihm helfen, sofort!“
„Schon dabei.“ Er kramte in einer Schublade nach einer Schere. „Wie heißen Sie?“
„Martina Kraft – das ist Michael Ascher.“
„Angenehm“, grinste der Verwundete und wurde mit einem Hustenanfall bestraft.
Jan nahm sich das Bein vor. „Ich schneide ihre Hose auf, um mir die Wunde anzusehen.“
Vorsichtig glitt er mit der Schere durch den Stoff. Es war tatsächlich eine Bisswunde. Menschliches Gebiss. Drum herum hatte sich eine schwarze Färbung ausgebreitet. Die Stelle roch nach faulendem Fleisch und sonderte ein dunkles Sekret ab. Martina Kraft drehte sich angewidert zur Seite. Jan säuberte die Wunde und zog dann eine Spritze auf. Er musste etwas gegen diese Fäulnis tun.
„Was geben Sie ihm?“
„Kortison und ein Antibiotikum.“
Er beugte sich über das Bein. Sein Patient starrte die Spritze an.
„Das wird jetzt etwas unangenehm.“
Er verabreichte die Injektion. Der Polizist sah zur Seite.
„Fertig.“
Der Polizist fixierte sein Bein. „Ich habe nichts gefühlt“; flüsterte er.
„Wahrscheinlich der Schock“; sagte Jan.
„Optimist“, blaffte Martina.
Er sah sie an.
„Sie waren ja nicht da“, sagte Michael Ascher. Seine Stimme rasselte. „Diese Krankheit – ich spüre sie.“
„Was tun wir jetzt?“, fragte seine Kollegin.
Jan wusste es nicht. Wenn dieser Mann wirklich an der Seuche aus der Fabrik erkrankt war, konnte man nicht viel tun. Er wusste ja nicht einmal, worum es sich dabei handelte.
„Haben Sie Schmerzen?“
„Nein.“
„Was zur Hölle tun wir jetzt?“, fragte die Polizistin nochmal.
„Es war nicht falsch, dass wir geschossen haben“, flüsterte ihr Kollege. „Wir … wir mussten.“
„Schon gut, Michael. Denk jetzt nicht darüber nach.“
„Du musst sie erledigen, hörst du? Alle!“
„Beruhige dich.“
„Nein .. ALLE … diese Sache – das ist schlimmer als wir dachten. Versucht nicht, sie zu retten. Hörst du?“
„Michael – es ist ok.“
„Nein … nicht ok … HÖRST DU!“
Das letzte schrie er, dann brach er zusammen und war ohnmächtig. Jan fühlte seinen Puls, als die Tür aufflog.
„MEIN MANN BRAUCHT BEHANDLUNG“, quietschte eine blondierte, stark geschminkte Frau, ihren Mann am Arm hinter sich herziehend.
„Jetzt nicht.“
Jan ging der Frau entgegen und stellte sich ihr in den Weg.
„Aber er ist INFIZIERT“, kreischte sie.
Jan tat sein Bestes, um ruhig zu bleiben.
„NEIN, Sie müssen jetzt ...“
„HILFE!“
Jan wirbelte herum. Der Polizist auf der Liege bäumte sich auf, seine Kollegin bemühte sich ihn unten zu halten. Sie hatte ihn an den Schultern gepackt und versuchte, ihn auf die Liege zu drücken. Jan sprang zum Schrank, griff eine Spritze und zog ein starkes Beruhigungsmittel auf. Die Polizistin rang mit ihrem Kollegen. Beim Versuch dazwischen zu kommen, bekam Jan einen Ellenbogen ins Gesicht, schaffte es aber schließlich die Nadel in den Arm seines tobenden Patienten zu stechen. Er trat von der Liege zurück und legte die leere Spritze weg. Das sollte genügen.
„Ok, Sie können ihn