Der dritte Versuch Elfen und Menschen. Norbert Wibben

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Der dritte Versuch Elfen und Menschen - Norbert Wibben Der dritte Versuch

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möglicherweise ein Löwe, ist jedoch kein harmloses Nebelgebilde oder Trugbild, sondern zum Zeitpunkt seines Erscheinens ein echtes, gefährliches Raubtier!«

      »Das bedeutet also«, Cloe blickt ihn mit großen Augen an, »du könntest einen echten Drachen herbeirufen, der seinen Feueratem auf einen Gegner spuckt?« Die Elfe schaut ihn ungläubig an.

      »Was du nur immer mit einem Drachen hast! Aber wenn ich das wollte, wäre es möglich.« Arawn nickt bestätigend. »Gestaltwandler sind unter Zauberern, auch bei denen der Elfen, sehr, sehr selten. Aus Aufzeichnungen in meiner Bibliothek weiß ich, dass es sie ursprünglich nur unter den Elfen des Westens und ihren Nachkommen gab. Das Oberhaupt dieser Elfen war gleichzeitig immer auch Gestaltwandler. Der Obere konnte als einziger einen Feuervogel hervorrufen.«

      »Einen Feuervogel gibt es doch nur in Märchen«, beginnt Cloe und hält dann erschrocken inne. »Entschuldigung. Ich sollte wohl eher sagen, den gibt es bei UNS nur in Geschichten und Erzählungen!«

      »Richtig, so wie es bei uns keine Drachen gibt!« Arawn ist keineswegs beleidigt. Er grinst und fährt mit seinen Erläuterungen fort.

      »Dieser Feuervogel vermag jedes andere magische Wesen eines Gestaltwandlers zu vernichten. Er ist der Mächtigste unter ihnen. Seine scharfen Krallen oder sein gebogener Schnabel können aber auch jedem Zauberer gefährlich werden. Mit Magie ist er fast nicht zu bekämpfen, er ist nur kurzzeitig aufzuhalten, aber nicht zu vernichten.«

      »Dieses magische Wesen ähnelt fast meinem Greif«, entfährt es Cloe. Sofort dreht sich Arawn zu ihr um.

      »Was meinst du damit?« Die Elfe bereut ihre Gedankenlosigkeit. Warum hat sie nicht darauf geachtet, was sie sagt? Die vier Reiter hinter ihnen haben jedoch nichts von der Unterhaltung mitbekommen, da sie ebenfalls miteinander reden. Die Elfe überlegt, soll sie diesem sympathischen Herrscher ihr Geheimnis anvertrauen? Sie zögert nur kurz. Er ist bereitwillig auf ihre Wünsche eingegangen, da wäre es nicht nur unhöflich, sondern ein Zeichen von Misstrauen, wenn sie es ihm nicht gleichtäte.

      »Ich vermag ein magisches Wesen, einen Greif, herbeizuzaubern.« Im nächsten Moment murmelt sie den Zauberspruch und schon schwebt die Gestalt aus blauem Licht über ihrer ausgestreckten Hand. Sie achtet darauf, dass nur der Fairwing neben ihr den Greif sehen kann, den anderen ist die Sicht versperrt.

      »Wow. Also bist du auch ein Gestaltwandler? Du sagtest doch, deine Mutter war eine Südelfe und dein Vater einer des Ostens. Gibt es unter deinen Vorfahren welche aus dem Westen?« Die Elfe lässt vor ihrer Antwort das Wesen wieder verschwinden.

      »Nein. Dies Geheimnis habe ich von meiner Mutter, die mit diesen Lichtwesen experimentierte.« Den letzten Teil flüstert sie fast, wobei sie den Tränen nahe ist. Als der Fairwing das bemerkt, schaut er sie nur fragend an, um dann seinen Blick nach vorne zu richten. Cloe ist ihm für das Taktgefühl dankbar. Erst nach längerer Pause stellt Arawn eine nächste Frage.

      »Es gibt verschiedene Lichtwesen, die du hervorrufen kannst? Sind sie nur zum Anschauen oder möglicherweise auch gefährlich? Du sagtest, der Feuervogel sei wie dein Greif, also sind dessen Schnabel und Krallen scharf?«

      »Danke, dass du mir Zeit gegeben hast. – Ja, ich kann verschiedene Wesen herbeirufen, auch einen Drachen. Und ja, obwohl die Größe ihrer Gestalt nicht dafürspricht, sind sie sogar sehr gefährlich! Ihre Abmessung kann zwar verändert werden, beeinflusst aber nicht deren Gefährlichkeit.« Nach mehrmaligem Schlucken fährt sie fort. »Meine Mom versuchte, einen Drachen zu kontrollieren, wobei dieses Wesen sie tötete.« Sie kann die Tränen nur mit Mühe zurückhalten, während sie erklärt, was passiert ist. Arawn nickt mehrfach. Er versteht nicht nur ihre Trauer, sondern auch, weshalb sie derart fixiert auf Drachen ist.

      Es ist schon fast Abend, als die sechs Reiter in der Ferne eine große Festung auftauchen sehen. Zuerst wirkt sie dunkel, doch bald ist zu erkennen, dass sie aus hellem, gelben Sandstein erbaut wurde. Hinter den hohen Mauern befindet sich mittig ein mächtiger, runder Turm, der ein spitz zulaufendes Dach mit Steinschindeln trägt. In der Umgebung der Burg erblickt Cloe eine Ansammlung einfacher Häuser, die eng aneinander gruppiert sind. Es wirkt fast so, als ob sie sich schutzsuchend unter die Fittiche der Festung zusammendrängen würden. Diese Unterkünfte besitzen dunkelgrün gestrichene Türen und sind mit Reet gedeckt. Im ersten Moment erinnern sie die Elfe an Tante Ainsleys Heim. Die Häuser sind offenbar alt, worauf die leicht gewellten Dächer ebenso hindeuten, wie das an vielen Stellen darauf wachsende dunkle Moos. Die Außenwände sind mit einem dunkelroten oder warm-gelben Putz versehen, was gut mit den Türfarben harmoniert. Die Scheiben der Sprossenfenster spiegeln die schon bald im Westen untergehende Sonne. Das warme Licht scheint die Ankommenden freundlich zu begrüßen. Doch sie reiten nicht dorthin, sondern auf das mächtige Tor der Festung zu.

      Arawn hämmert mehrmals mit der Faust kräftig gegen das Eichenholz. Es dauert nur wenige Momente, dann schaut ein Augenpaar kurz durch eine Luke heraus. Sofort ist das Entfernen eines Riegels zu hören, dann öffnet sich ein bisher verborgenes kleineres in dem mächtigen Tor. Der entstehende Zugang ist breit genug, dass die Reiter ohne abzusteigen hindurchreiten, wobei sie sich etwas auf den Hals der Pferde hinab bücken.

      »Willkommen daheim«, wird Arawn von dem Torwächter begrüßt, der die Worte erneut wiederholt und dabei die anderen anblickt. Der Herrscher der Fairwing bedankt sich bei ihm. Während der Mann den Zugang zur Festung schließt und wieder in seinem Torhaus verschwindet, reiten alle über einen mit Steinen gepflasterten Platz an einem Brunnen vorbei. Sie überqueren den Innenhof, auf dem reges Treiben herrscht und gelangen zu den Stallungen. Die Pferde werden einem Stallburschen übergeben, der sie versorgen wird. Die Elfe zögert einen Moment. Sollte sie sich nicht besser selbst um ihr wertvolles Tier kümmern? Ein Blick in den großen, sauberen Stall mit hübsch verzierten Boxen überzeugt sie aber sofort, dass sie sich auf eine umsichtige und kompetente Pflege verlassen kann. Während sie sich umschaut, entlässt Arawn seine Begleiter und schickt sie zu ihren Familien. Cloe dreht sich zu ihm um.

      »Wo befindet sich nun Cian?«, fragt sie mit drängender Ungeduld. »Ich möchte ihn gerne sehen, ist das möglich?«

      Der Herrscher der Fairwings hat schon mit dieser Frage gerechnet. Mit einem Lächeln antwortet er:

      »Natürlich können wir sofort zu ihm gehen. Ich hege fast den Verdacht, du vermutest, wir könnten uns nicht richtig um diesen Elfen kümmern.«

      »Nein!«, widerspricht die junge Frau sofort. »Es tut mir leid, falls ich den Eindruck erweckt haben sollte. Ich glaube dir, dass ihr alles versucht, ihn zu versorgen. Aber ich beherrsche Magie und vermag ihm anders als eure Heilkundigen zu helfen.«

      »Wir werden erst einmal feststellen, ob es der Elf ist, den du suchst.« Arawn lächelt immer noch und fordert Cloe auf, ihm zu folgen. Sie begegnen auf ihrem Weg mehreren Bewohnern der Burganlage. Alle grüßen kurz und gehen ohne Zögern ihrer jeweiligen Beschäftigung nach. Der Herrscher grüßt jedes Mal freundlich zurück und eilt mit seiner Begleiterin weiter. Der Duft nach frischem Brot weht über den Platz und das Gackern von Hühnern kündet von soeben gelegten Eiern.

      »Es wird vermutlich bald Abendessen geben«, schlussfolgert die Elfe aus den äußeren Eindrücken. Vor der Tür eines flachen, langgestreckten Steinhauses bleibt Arawn stehen und dreht den Messingknauf.

      »Komm herein, aber Vorsicht, die Türöffnung ist etwas niedrig.« Das Gebäude ist tatsächlich nicht so hoch aufragend wie viele der anderen, aber es befindet sich in gutem Zustand. Die Tür quietscht nicht beim Öffnen, obwohl Cloe das erwartet, und ein frischer Duft nach Kräutern weht den

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