Schülerdämmerung. Lan Solo

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Schülerdämmerung - Lan Solo

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von hinten. Vor hundert Jahren hätte sie bestimmt Karriere als Zugtier vor einem Bierkutscher gemacht. Sie war eindeutig der optische Beweis für das Motto ´im Winter warm, im Sommer Schatten´.

      Abgesehen von diesem Monsterarsch war Regina auch sonst keine Schönheit. Und sie war unsympathisch, eine denkbar unglückliche Kombination. Im internen Kolleginnenranking am Tisch der BWL-Lehrer war sie definitiv keine 10! Was Regina anbetraf, überlegten wir ernsthaft, die Bewertungsskala in den negativen Bereich zu erweitern.

      Regina war etwa seit fünf Jahren am HEB. Von diesen fünf Jahren hatte sie ungefähr viereinhalb Jahre in der Elternzeit verbracht, da sie laufend mit ihrem aktuellen Lebenspartner für Nachwuchs sorgte.

      Auch wenn mir die Motive ihres Ehemanns für dieses permanente Aufpumpen nicht schlüssig erscheinen, finde ich Nachwuchs grundsätzlich gut. Das sage ich auch immer zu Uschi. Wie gerne hätte ich fünf Kinder, zehn Enkelkinder und ein Haus am See. Leider sind Uschi und mir da aber die Hände gebunden. Ist so eine Redensart, denn mit den Händen hat das ja wahrlich nichts zu tun! Wir erfüllen weder die anatomischen Voraussetzungen für Nachwuchs noch die formalen für eine Adoption. Möchte ich aber nicht drüber reden.

      Und da die Reginas in Deutschland die Seltenheit sind, ist die Sterberate in unserem Land höher als die Geburtenrate. Deshalb sind wir auch irgendwann alle Ausländer!

      Darüber sollte man einmal in einer stillen Minute nachdenken!

      Elternzeit besagt, ich kann daheim bleiben, vollgeschissene Windeln wechseln, unter ständigem Schlafmangel leiden und meine Kommunikation auf ´gutschigutschigutschi´ reduzieren.

      Elternzeit besagt aber auch, dass mir meine Stelle in der Schule frei gehalten wird. Doof ist nur, dass der Unterricht während meiner Abwesenheit weiterhin erteilt werden muss. Das bedeutet, je mehr Jungmütter und –väter in Elternzeit sind, desto mehr Stunden müssen die verbleibenden Kollegen unterrichten, da die Bezirksregierung nicht für die nötigen Ersatzlehrkräfte sorgt. Das ist gelebtes Solidaritätsprinzip im Schulwesen.

      Es gleicht sich übrigens über die Jahre aus. Wenn ich dann irgendwann wegen Burn-Out und vorzeitiger Dienstunfähigkeit aus dem Schuldienst ausscheide, weil ich zu viele Stunden von jungen Muttis übernehmen musste, müssen die nicht mehr ganz so jungen Reginas meinen Unterricht übernehmen.

      Als in diesem äußerst knappen Zeitfenster ihrer Schulanwesenheit eine Stelle zur/zum Oberstudienrätin/Oberstudienrat ausgeschrieben wurde, fand Regina, es wäre an der Zeit, sich auf diese A14-Stelle zu bewerben. Schließlich sollten fünf Kinder erst mal reichen.

      Regina hatte einen sehr guten Draht zu Dr. Dümmer. Jeden Freitag gab es für den Schulleiter einen Schokoladenkuchen, den die Hauswirtschaftsklasse HW 66 gebacken hatte. Der stellvertretende Schulleiter Paul Pingel bekam einen Muffin mit Smarties-Garnitur und Kerzchen obendrauf – böse Zungen behaupteten, damit ihm ein Lichtlein aufgeht.

      Neben Regina bewarben sich noch drei männliche, kinderlose Kollegen, die deutlich länger am HEB und noch deutlich engagierter waren als Regina. Aber sie backten keinen Kuchen!

      Jetzt rate mal, wer die A14-Stelle bekam?

      Im öffentlichen Dienst ist es nur fair, dass bei gleicher Eignung Frauen und Schwerbehinderte den Vorzug erhalten!

      Nachdem sich Regina aus der Kaffeemaschine einen großen Cappuccino mit extra Sahne und Schokostreusel gegönnt hatte und von dannen walzte, war ich fast am Ziel meiner Kaffeeträume angelangt. Ich ließ meinen Blick über die Kolleginnen im Lehrerzimmer schweifen und dachte noch:

      „Hier gibt es wirklich eine Menge Gründe, schwul zu werden.“

      Plötzlich spürte ich eine unangenehme, frostige Kälte im Nacken.

      Dementorenangriff?

      Eigentlich war das Lehrerzimmer für die Sesselpuper immer gut geheizt. Als ich mich instinktiv umdrehte, blickte ich in die funkelnden Augen von Ruth Ratten-Scharf.

      Auch Ruth war aus der Hauswirtschaftsabteilung. Offensichtlich war ich heute nur so umzingelt von liebreizenden Kolleginnen.

      Ruth hielt sich für extrem attraktiv und lebte diese Auffassung. Sie glaubte, kein männlicher Kollege könnte ihren Reizen widerstehen. Gerne hätte ich sie einmal gefragt, wann sie in den vergangenen 10 Jahren das letzte Mal in den Spiegel geschaut hat. Aber ich wollte es auf keinen Affront ankommen lassen. Also ging ich ihr, so gut es ging, aus dem Weg.

      Ruth trug eine viel zu enge Bluse, so dass sich ihre weiblichen Rundungen anschickten, aus dem kleinen Fetzen herauszuquellen. Außerdem hatte sie sich mit irgend so einem indianischen Traumfänger-Schmuck dekoriert, was das Ganze nicht unbedingt appetitlicher machte. Zu allem Unglück konnte jeder, ob er nun wollte oder nicht, die Konturen eines String-Tangas unter ihrer weißen Leinenhose erkennen. Langsam verging mir die Lust auf mein Heißgetränk.

      Ruth hatte die Angewohnheit, die männlichen Kollegen mit ihren Blicken zu durchbohren, vermutlich weil sie selbst gerne einmal wieder angebohrt worden wäre. Wahrscheinlich wollte sie mit ihrem starren Blick die Männer am HEB hypnotisieren, um sie willig zu machen. Dieser nonverbalen Aufforderung kam jedoch niemand nach, auch ich nicht.

      Außerdem fasste Ruth ihre männlichen Kollegen im Zweikampf gerne an. Durch einen sanften Druck am Oberarm verlieh sie ihrem „ich kann Dich gut verstehen“ Nachdruck. In Wirklichkeit verstand sie aber rein gar nichts. Wir wollten von Ruth nicht angefasst werden, weder am Oberarm noch sonst wo.

      Ist mir sowieso ein Rätsel, warum Ruth auch mich immer so fixierte, bin ich doch eher die unauffällige Sorte von Mann: 1,88 Meter groß, 75 kg schwer, athletisch mit samtbrauner Haut, schulterlanger blonder Mähne und blauen Augen. Im Prinzip also der Durchschnittstyp.

      Vielleicht reduzierte sie mich ja nicht nur auf mein Äußeres und achtete auch auf meine inneren Werte. Wer weiß?

      Der liebe Gott und natürlich Ruth, Du kleines Luder.

      Jedenfalls hielt sich Ruth für unglaublich unwiderstehlich, ich dagegen hielt sie für unglaublich blöd.

      Ich kann mich gut an ein Gespräch der Hauswirtschaftskolleginnen erinnern, als es darum ging, nach welchem Notenschlüssel Klassenarbeiten zu bewerten seien. Ruth war der felsenfesten Überzeugung, man müsse stets 100 Punkte vergeben, um ein Umrechnen in eine Prozentzahl zu ermöglichen. Es war für Ruth mathematisch nicht nachzuvollziehen, dass fünfundzwanzig Punkte in einer Klassenarbeit, bei der maximal fünfzig Punkte erreicht werden können, so etwa 50 Prozent ausmachten. Dies überstieg bei weitem ihren intellektuellen Horizont, der sich auf Kochrezepte, Modezeitschriften, Dildos und Brustimplantate beschränkte.

      Endlich hatte ich meinen doppelten Espresso in der Hand, da klingelte es schon zur nächsten Stunde, die Pause war vorbei.

      Ich bin so dankbar für diese regenerativen Augenblicke!

      Kapitel 6

       Akademische Würden

      Ich bin´s, Carl.

      Warum quälst Du mich so? Ist das Bestandteil Deiner Therapie?

      Eigentlich möchte ich meine Beweggründe nicht offenbaren. Warum ich auf die wahnwitzige Idee kam, Lehrer zu werden, um mich ein Leben lang freiwillig mit diesen Mega-Deppen herumzuschlagen.

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