Schülerdämmerung. Lan Solo

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Schülerdämmerung - Lan Solo

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weit in meiner Vergangenheit ausholen.

      Ist doch beim Therapeuten immer so, dass erst einmal die Vergangenheit aufgearbeitet wird.

      Und Vergangenheit gibt es reichlich, je älter ich werde!

      Nach erfolgreicher Berufsausbildung, jetzt hatte ich endlich etwas Handfestes gelernt, schrieb ich mich an einer renommierten Universität für das Fach Wirtschaftspädagogik ein. Diesen Vorgang nennt man Immatrikulation. Kann man leicht verwechseln mit Ejakulation, weil man sich so freut, dass man an dieser heiß begehrten und altehrwürdigen Universität einen Studienplatz ergattern konnte.

      Wirtschaftspädagogik ist im Prinzip ein Betriebswirtschaftslehre-Studium (kurz BWL), nur anspruchsvoller. War zumindest früher so.

      Den typischen BWL-Studenten erkennt man übrigens am Gel in den Haaren, Markenklamotten und dem BMW-Cabrio von Papi oder Mami. Der Wirtschaftspädagoge, der meistens im Schuldienst landet, kommt entweder mit dem Fahrrad oder einer alten Karre zur Uni. Auch klamottenmäßig stellt er sich auf sein späteres Berufsleben ein, indem er Cordhose und alte Pullunder aufträgt.

      An der Uni lernte ich in überfüllten Hörsälen bei unterdurchschnittlich motivierten Professoren eine ganze Menge. Leider aber nichts für den Schuldienst.

      Bereits im Vorstudienmonat, also noch bevor das eigentliche Semester begonnen hatte, mussten die Studienanfänger Vorlesungen in Mathematik belegen.

      Der Mathematikprofessor war ein arroganter Pinsel und vermutlich von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät eigens dafür engagiert worden, die Studenten möglichst schlecht auf die bevorstehenden Klausuren vorzubereiten. Das machte er auch ziemlich gut.

      Wenn er an dem Raunen im Hörsaal merkte, dass er wieder einmal einen Sachverhalt beschissen erklärt hatte, stellte er nüchtern fest:

      „Wenn Sie das jetzt auch nicht verstanden haben, erhöht sich Ihr tägliches Arbeitspensum von 8 auf 10 Stunden.“

      Viele Erstsemester wurden natürlich dadurch verschreckt. Sie schmissen bereits in den ersten Wochen ihr Studium wieder hin. Das war ganz im Sinne der Uni, denn bereits in den 1980-igern studierten eindeutig zu viele BWL.

      Aber nicht mit Carl Cato!

      Ich hatte herausgefunden, dass es sogenannte ´Übungen für Ausländer´ gab. Hier wurden Ausländer aus den verschiedensten Nationen in die Geheimnisse der höheren Mathematik von fähigen Leuten eingeweiht, die sich nebenberuflich ein bisschen Geld dazuverdienen wollten. Deutschen Studenten war die Teilnahme an dieser Veranstaltung auch erlaubt, allerdings durften wir nur teilnehmen, wenn wir den ausländischen Studenten nicht die Sitzplätze wegnahmen.

      Das ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass bereits damals an den Universitäten die Integration von Deutschen gelebt wurde. Von wegen Unis wären reaktionär!

      Jedenfalls konnte ich mir so die Mathe-Vorlesungen von dieser Professorensackgesichtnase sparen und bestand die Klausuren auf Anhieb.

      Bereits im darauf folgenden ersten Semester, als ich mich mit Jura- und Statistikvorlesungen plagte, belegte ich zusätzlich eine Übung ´Wirtschaftspädagogik für Einsteiger oder so ähnlich´, die von dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Popolew geleitet wurde. Bei der aller ersten Sitzung begrüßte uns Doc Pop, wie wir in liebevoll nannten, in seinem Seminar mit den Worten:

      „Wenn ich noch einmal neu beginnen könnte, würde ich Sie nicht mehr wählen!“

      Gemeint waren natürlich wir Studenten.

      Chapeau! Was für ein grandioser Einstieg in das Studium der Wirtschaftspädagogik! Offensichtlich hatte Doc Pop von Studenten auf gut Deutsch gesagt die Schnauze voll. Da saß er aber nicht gerade an der richtigen Stelle! Vielleicht war er aber auch nur angefressen, weil es nicht für eine Professorenstelle gereicht hatte.

      Frisch motiviert zeigte Doc Pop uns dann eine Folie über die Bildungslandschaft in Deutschland. Er wollte uns klar machen, dass wir uns an der Uni im so genannten tertiären Bildungssektor befänden. Nach erfolgreichem Studium und mit dem Titel Diplom-Handelslehrer in der Tasche würden wir dann im sekundären Bildungssektor an Berufskollegs eingesetzt werden. Interessiert eigentlich keine Sau.

      Kaufmännische Berufskollegs sind Schulen mit unterschiedlichen Bildungsgängen, z.B. der Berufsschule, dem Wirtschaftsgymnasium, der Handelsschule und manchmal auch der Baumschule.

      Ein Kommilitone, der ganz in meiner Nähe saß, scherzte leider etwas zu laut, dass von tertiär zu sekundär doch offensichtlich ein Rückschritt sei. Doc Pop ließ sich zwar nichts anmerken und überhörte diesen Einwand, aber ich vermute, dass besagter Kommilitone noch heute versucht, die Prüfung in ´Wirtschaftspädagogik für Einsteiger oder so ähnlich´ zu bestehen.

      Ich jedenfalls hielt die Klappe und habe im ersten Anlauf die Prüfung bestanden und meinen Schein erhalten. An der Uni sammelte man damals nämlich noch Scheine. Heißt ja nicht umsonst ´Scheingesellschaft´.

      Heute erwerben die Studenten keine Scheine mehr, sondern sie bekommen so genannte ´Credit points´. Das mit den Points hätte ich auch gerne gemacht. Kenne ich nämlich von weight watchers, und da hat es mir 15 Pfund gebracht.

      Leider musste ich bei Doc Pop noch ein weiteres Seminar ´Wirtschaftspädagogik für Eingestiegene oder so ähnlich´ belegen. Das war genau so einschläfernd wie das erste, und ich weiß bis heute nicht, worin sie sich unterschieden haben. Beiden war jedoch gemein, dass sie von einer Vorbereitung auf den Lehrerberuf Lichtjahre entfernt waren.

      Nach diesen anfänglichen Hürden lernte ich in den folgenden Semestern meinen Professor für Wirtschaftspädagogik kennen, ein wahres Urgestein der Universität, möglicherweise bei historischen Ausgrabungen entdeckt. Professor Schnarchnase war eine Schlaftablette sondergleichen, der wahrscheinlich Generationen von Studenten mit seinen langweiligen Vorlesungen penetriert hat.

      Schnarchnase hatte in seinen Vorlesungen einfach keinen roten Faden. Vielleicht eher eine weiße Linie, die er sich dann und wann in seinem Büro durch die Nase pfiff. Aber ich möchte ihm um Gottes Willen nichts unterstellen.

      Möglicherweise war er als Professor für Wirtschaftspädagogik einfach nur ein hundsmiserabler Pädagoge.

      Oder ein vorausschauender Mensch.

      Vermutlich wusste Schnarchnase intuitiv, dass einen Studenten ein etwa dreißigjähriges Martyrium als Lehrer erwartet. Deshalb fand er, könne man diese armen Seelen nicht früh genug quälen, was ihm mit seinen Vorlesungen hervorragend gelang.

      Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich in einem Semester morgens Vorlesungen in BWL hatte und bis zum Abend bleiben musste, da Schnarchis Vorlesung erst um 18:30 Uhr begann. Das war eine regelrechte Tortur. Ich hatte es mühsam mit einer Überdosis Koffein geschafft, mich den ganzen Tag über wach zu halten und dann dieser universitäre Höhepunkt. Prof. Schnarchnase las nämlich 90 Minuten lang aus seinem Skript ab. Selten habe ich so einen langweiligen Pädagogen gesehen. Lediglich mein späterer Fachleiter Oskar Oede im Referendariat konnte da mithalten.

      Schnarchnase las also aus seinem Skript vor, und ich musste aufpassen, nicht einzunicken und aus der Sitzreihe zu fallen.

      Es ging irgendwie um so einen Typen namens Wilhelm von Humboldt, was keinen Menschen interessierte. Schließlich war der Kerl schon lange tot.

      Was die Sache noch erschwerte: Den meisten

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