Taschengeld. Frank Habbe

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Taschengeld - Frank Habbe

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nahm einen tiefen Zug, schloss die Augen und atmete den Rauch langsam aus. Dann startete er den Wagen, schaute dabei auf die Straße. Noch keine Spur von den Brüdern. Sie kannten Andy und er wollte ihm ersparen, sie in ihrer gegenwärtigen Stimmung zu treffen. Also lehnte er sich zur Beifahrertür und schob den Knopf hoch. Mit einem Seufzen ließ Andy sich in die Polster sinken und hatte die Tür noch nicht geschlossen, als Malik schon aus der Parkbucht scherte und den Wagen mit quietschenden Reifen davonschießen ließ.

      04:08:11

      „Was hast du da oben eigentlich bei Rania angestellt?“ Andy unterbrach als erster das Schweigen, das sie begleitete, seit sie fünf Minuten zuvor losgefahren waren.

      „Mist!“

      „Das sieht man.“ Kopfschüttelnd blickte Andy auf die Straße und zuckte zusammen, als Malik bei einem abrupten Spurwechsel einen wild hupenden Kleinlaster schnitt. „Wegen dem Geld. Ich hab noch mal nachgedacht. Das mit gestern Abend können wir doch erklären. Ich meine, schließlich standen da überall Bullen rum. Ist doch logisch, dass wir dann nicht zu ihm auf den Hof fahren und die Kohle rüber schieben. Wir müssen nur jetzt unbedingt zu ihm. Sonst sitzen wir wirklich in der Scheiße!“

      „Zweihundertfünfundachtzigtausend.“

      „Was?“

      „Zweihundertfünfundachtzigtausend! Ich hab‘s gestern gezählt. Hat über eine Stunde gedauert.“

      „Bitte? Du hast in den Koffer geschaut?“ Ungläubig starrte Andy zu ihm herüber.

      „Warum nicht? Er war offen.“

      „Wow! Ich meine, wieso so viel Geld? Sonst waren es doch nie mehr als zehn, zwanzigtausend.“

      „Keine Ahnung. Will’s auch gar nicht wissen.“

      „Aber umso wichtiger, gleich zu ihm zu fahren. Mann, der wird verrückt vor Wut sein. Scheiße, da läuft es mal schief, und dann so richtig! Wo ist denn die Kohle?“ Ohne den Blick von der Straße zu wenden deutete Malik mit dem Daumen nach hinten, in den Kofferraum seines 3er Touring.

      „Du fährst das ganze Geld in deiner Schrottschüssel spazieren? Stell dir mal irgend so nen Junkie-Freak vor, der hier auf der Suche nach dem Radio oder einer abgefuckten Ray Ban einbricht.“

      „Hat aber keiner.“

      „Es reicht, Malik! Halt sofort an! Ich nehm jetzt das Ding und gehe damit zu Schlosser. Irgendwie biege ich das hin.“

      „Geht nicht.“

      „Warum?“

      „Zehntausend fehlen.“ Das er das Geld freiwillig liegengelassen hatte, behielt Malik lieber für sich.

      04:07:51

      Nach dem Telefonat ging der Mann zu der Mikrowelle. Matschig und lauwarm lag die Pizza auf dem Teller. Er warf sie in den Mülleimer. Das Gespräch hatte nicht lange gedauert. Schon als der Mann die Stimme Schlossers erkannt hatte, wusste er, dass es Arbeit gab. Sein Auftraggeber war einfach nicht der Typ, der eine offene Rechnung stehen ließ. Auch wenn es die letzte war. In einer Stunde sollte er bei ihm sein.

      Der Mann duschte, zog ein weißes Hemd und eine dunkle Baumwollhose über. Dann ging er in den Flur zu seinen Schuhen, die dort sorgfältig geputzt auf einem kleinen Brett standen. Er entschied sich für ein Paar schwarzer Halbschuhe mit bequem dämpfender Sohle. Im Hinausgehen griff er nach dem am einzigen Haken hängenden grauen Mantel und einer Mütze. Er sah auf die Uhr. Mit dem Bus sollte er es pünktlich nach Charlottenburg schaffen. Sorgsam zog er die Wohnungstür zu, schloss ab und ging die Stufen in dem dunklen, feuchtklammen Treppenhaus hinunter auf die Straße.

      Ein kühler, nach moderndem Herbstlaub stinkender Wind schlug ihm entgegen. Es hatte zu nieseln begonnen. Mit einer raschen Bewegung schlug er den Kragen hoch und ging zügigen Schrittes in Richtung Bushaltestelle. Eine nach den missratenen Schießübungen vom Morgen nicht zu erwarten gewesene Ruhe erfasste ihn.

      Nun war es also soweit. Schlossers letzter Auftrag stand an.

      04:07:30

      Das Wageninnere war mit bis zur Decke mit Equipment zur Observation vollgestopft. Neben all den Bildschirmen, Funkempfängern und Kameras war nur wenig Platz für die zwei lehnenlosen Stühle, auf denen sie seit dem frühen Morgen eng beieinander hockten. Seitdem beobachtete Krauser den flimmernden Monitor, der das Bild der auf Schlossers Büroeingang gerichteten Kamera einfing. Seit über drei Stunden tat sich nichts. Neben ihm schniefte Laarsen und rieb sich müde die Augen. Krauser unterdrückte ein Gähnen. Er nahm einen Schluck Kaffee und fragte sich, wie er diese Schicht annähernd wach überstehen sollte.

      * * *

      Natürlich war er nach den Monaten des therapeutischen Nichtstuns froh darüber gewesen, überhaupt bei der Truppe bleiben zu dürfen. Das sie ihn aus Hamburg versetzten, war ihm sogar gelegen gekommen. Mit seiner Personalakte ein Angebot für den Innendienstjob beim Berliner LKA zu bekommen, hatte glatt an einen Lottogewinn gegrenzt. Es hatte für ihn nach Großstadt, bequem, ohne Nachtschichten und kalte Füße geklungen. Seine Vorstellung von dem Job sollte sich mehr als bewahrheiten.

      In den vier Monaten, die seit seinem Einstieg vergangen waren, hatte er ausreichend Gelegenheit gehabt, die Kantine und all die umliegenden Lokale mit ihren preiswerten Mittagstischen genauestens kennenzulernen. Dazu bestimmt sämtliche Kaffeeautomaten des Präsidiums. Darüber hinaus war er mit all den pensionsreifen Beamten in der Disposition per du, da er dort andauernd Akten, Stifte oder CD-Rohlinge für Kollegen abzuholen hatte, die dazu keine Lust hatten. Innerlich hatte Krauser sich gefragt, warum sie ihn nicht auf die andere Seite des Tresens versetzt hatten. An richtige Fälle ließen sie ihn nicht und er bezweifelte, ob sich das jemals ändern würde. Ihm konnte es so nur recht sein. Pünktlich um halb fünf verließ er jeden Tag nach acht Stunden seinen Schreibtisch und fuhr in seine kleine Schöneberger Wohnung. Dort schmierte er sich ein paar Brote oder wärmte etwas in der Mikrowelle auf. Dann sah er fern, bis er müde wurde und ins Bett ging. Restaurantbesuche oder Freunde? Fehlanzeige. Davon hatte er in seiner Vergangenheit mehr als genug gehabt. Außerdem hatten ihm die Ärzte eindringlich geraten, es langsam angehen zu lassen. Genau das tat er, fand sogar Gefallen daran.

      Dann war der September extrem feucht und kalt dahergekommen und mit ihm die Krankmeldungen der Kollegen sprunghaft angestiegen. Mit einem Mal herrschte an allen Ecken Mangel und Bedarf. Für die Strippenzieher in der Verwaltung war Krauser mit seiner Erfahrung in Fahndung und Außendienst eine willkommene Verschiebungsmasse. So hatte sich er ein paar Tage später von seinem Sessel im Präsidium auf die ungepolsterten Hocker eines VW-Busses versetzt gesehen. Nur so lange, bis sich die Personalsituation wieder entspannte, wie ihm sein Chef wiederholt versichert hatte. Da war sich Krauser nicht so sicher.

      04:07:20

      Bei Aral tankte Malik den Wagen voll und deckte sich mit Red Bull, Snickers und einem welk aussehenden Käsesandwich ein. Dazu vier Packungen Marlboro Red. Er war zum Kofferraum gegangen und hatte einen Packen Fünfziger gegriffen. Es war ihm egal, dass er seine Bilanz so mit weiteren tausend Euro belastete. Den misstrauischen Blick des Tankwartes registrierte er nicht, als er beim Bezahlen die Scheine aus dem Bündel zog. Er war hundemüde, hatte er von den letzten fünfunddreißig

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