Virus. Kristian Isringhaus

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Virus - Kristian Isringhaus

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geht? Das hier ist kein Dorffest, Herr Wegmann, wir befinden uns inmitten des G8-Gipfels.”

      Wegmann antwortete nicht und ein weiteres überaus ungemütliches Schweigen folgte.

      „Was ist mit der Schrift?” fragte Bruncke schließlich.

      „Wir gehen davon aus, dass es keine Schrift gegeben hat”, antwortete Wegmann bemüht sachlich. „Die Ausbreitung von Feuer ist völlig willkürlich. Ein Brandbeschleuniger wurde nicht festgestellt und wie hätte jemand auch wissen sollen, dass dieser Blitz genau dort einschlägt.”

      „Es gibt zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen, die von der Schrift berichten”, sagte Bruncke. Sein Tonfall wurde jetzt etwas schärfer. „Wollen Sie mir etwa erzählen, dass Sie diese einfach ignorieren?”

      „Natürlich nicht”, beeilte sich Wegmann, zu antworten. „Allerdings befanden sich diese Zeugen alle in einer psychologisch labilen Verfassung, sie standen unter Schock. Wenn man dann dazu addiert, dass es schlicht unmöglich ist, dass dort eine Schrift stand…”

      „Und wenn man dann hinzu addiert”, unterbrach Bruncke ihn scharf, „dass die Aussagen zahlreicher Zeugen übereinstimmen, dann sollten Sie als Kriminalist zu dem Schluss kommen, dass zumindest eine eingehende Untersuchung angebracht wäre.” Er blickte Wegmann eingehend in die Augen, bevor er anfügte: „Eine solche Untersuchung fällt aber natürlich schwer, wenn die Zeugenaussagen nicht einmal korrekt protokolliert werden.”

      „Die Einheitlichkeit der Aussagen, die wir im Kongresszentrum aufgenommen haben, dürfte auf ein psychologisches Massenphänomen zurückzuführen sein, das…” begann Wegmann, doch Bruncke schnitt ihm erneut das Wort ab.

      „Herr Wegmann, ich habe das Gefühl, sie machen es sich viel zu leicht.” Sein Tonfall war schneidend. „Zu dem seltsamen Ton haben Sie sich auch noch nicht geäußert. Wahrscheinlich tun Sie den auch als psychologisches Massenphänomen ab?”

      Die Frage war fast rhetorisch gestellt. Bruncke blickte Wegmann durchdringend an. Dieser antwortete nicht, doch er wusste, dass sein Blick als Antwort mehr als ausreichte.

      „Das BKA ist hier für die Sicherheit der Regierungschefs verantwortlich”, fuhr Bruncke ernst fort. „Und um die Sicherheit garantieren zu können, müssen Sie Ihre Arbeit machen, Herr Wegmann. Gibt es schon Ergebnisse von der Obduktion?”

      Wegmann zuckte zusammen. Wusste Bruncke, dass es keine Obduktion gab? Wusste er womöglich sogar, auf welche Weise Wegmann das verhindert hatte? Hatte das BKA mit dem Notarzt gesprochen? Was wusste das BKA über seine Arbeitsmethoden?

      „Es gibt noch keine Ergebnisse. Wir hoffen, morgen früh etwas zu hören.” Wegmann versuchte seiner Stimme so viel Sicherheit und Selbstbewusstsein wie nur möglich zu verleihen.

      „Sie sorgen dafür, dass die Medien keinen Wind von der Sache kriegen?” fragte Bruncke.

      „Selbstverständlich”, antwortete Wegmann etwas zu hastig.

      Bruncke erhob sich. „Machen Sie Ihren Job, Herr Wegmann.”

      Wegmann hasste die Höflichkeit, mit der Bruncke ihn immer noch adressierte. Dieser Mann ließ sich nicht einmal herab, ihn einfach nur mit ‚Wegmann’ anzusprechen. Er nutzte Höflichkeit als Demonstration seiner Überlegenheit. „Ich erwarte morgen Ihren Bericht”, fuhr Bruncke fort. „Sie sind persönlich verantwortlich. Machen Sie Ihre Arbeit schlecht, so werde ich Sie degradieren und versetzen. Stellt sich heraus, dass Sie aus Faulheit bewusst die Ermittlungen nicht vorantreiben, so werde ich dafür sorgen, dass Sie nicht nur Ihren Job, sondern auch Ihren Beamtenstatus verlieren.” Bruncke hielt inne und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. „Ich nehme an, Sie wissen, was das für Ihren Rentenanspruch bedeuten würde, Herr Wegmann. Guten Abend.”

      Damit verließ er das Büro.

      Ungläubig starrte Wegmann ihm nach, als dieser die Tür von außen schloss. Was war hier bitteschön gerade passiert? Er hatte doch alles im Griff gehabt. Es hatte sogar so ausgesehen, als würden die nächsten Tage wieder ein wenig ruhiger werden, und plötzlich lief er sogar Gefahr, seinen Beamtenstatus zu verlieren?

      Was konnte er denn noch mehr tun, als auf die Gutachten der Sachverständigen zu warten? Sollte er tatsächlich Hirngespinsten unter Schock stehender Zeugen hinterherjagen?

      Er starrte ganze fünf Minuten lang ins Leere und versuchte, zu begreifen, was schief gelaufen war. Dann griff er nach dem Telefon. Er musste einen Rechtsmediziner finden, der noch über Nacht die Leiche zu obduzieren bereit war.

       18.

      Passe konnte nicht schlafen. Zu viele Gedanken schossen ihm gleichzeitig durch den Kopf. Er hatte noch lange mit Dora gesprochen, ihr aber kein Geheimnis entlocken können. Vielleicht hatte sie ja gar keins. Er hatte sie nicht mehr direkt auf ihren Sprungkick oder die Vermummung angesprochen. Sie hatte es ihm erklärt und er hätte sie beleidigt, wenn er nachgehakt hätte. Italiener waren stolz.

      Doch er hatte versucht, die Themen so zu wählen, dass sie, ohne es zu merken, etwas von sich preisgeben würde. Er hatte in den anderthalb Jahren, die sie nun zusammen waren, nicht so viel über seine Freundin erfahren, wie an diesem einen Abend. Jedes Mal, wenn er daran dachte, wie Dora dem Polizisten in den Rücken gesprungen war, hatte er das Gefühl, seine Freundin überhaupt nicht zu kennen. Er wollte das ändern.

      Nie zuvor war er ein so guter Zuhörer gewesen. Sie hatte ihm von ihrer Kindheit in Siena erzählt. Von ihren Eltern, deren kleiner Lebensmittelladen pleiteging, als eine große Kette eine Filiale ganz in der Nähe eröffnete. Von ihrem Hass auf Kapitalismus, Ausbeutung, Unterdrückung und Neoliberalismus. Von ihrem ersten Freund, der sie mit auf Demonstrationen genommen hatte.

      Und davon, was sie empfunden hatte, als sie Passe zum ersten Mal gesehen hatte.

      Passe hatte sich ihr noch nie so nahe gefühlt. Auf der anderen Seite konnte er nicht glauben, dass er seit anderthalb Jahren mit ihr zusammen war und all das nicht gewusst hatte. War er ein so schlechter Zuhörer? In Zukunft würde er ihr mehr Aufmerksamkeit widmen. Nie zuvor hatte er so eine tiefe Liebe für sie empfunden.

      Später waren sie dann ins Zelt gegangen und hatten versucht, sich zu lieben, doch Passes Rippen hatten viel zu stark geschmerzt. Sie hatten verschiedene Positionen ausprobiert, aber keine gefunden, in der die Schmerzen irgendwie erträglich waren.

      Doch es war auch nicht wichtig gewesen. Dieser Abend hatte sie näher zusammen gebracht, als sie es je zuvor gewesen waren. Ob sie die neue Sphäre, in die sie ihre Liebe gehoben hatten, nun mit Sex betraten oder ohne, war letztendlich egal gewesen.

      Doch dann war Dora eingeschlafen und Passe nicht. Und langsam waren die Gedanken des Nachmittags zurückgekehrt. Er hatte viel von Dora erfahren, aber nicht das, was er hatte erfahren wollen. Hatte sie ein Geheimnis vor ihm? War sie vielleicht nicht die, die sie vorgab zu sein?

      –––––

      Debbie konnte nicht schlafen. Zu viele Gedanken schossen ihr gleichzeitig durch den Kopf. Immer wieder liefen die Bilder vom grässlichen Tod des Professors vor ihrem inneren Auge ab. Sie hatte viel zu viele Fragen und viel zu wenig Antworten.

      Das erneute Telefonat mit Bobby, nachdem sie in ihr Hotel zurückgekehrt war, hatte sie leider nicht das erhoffte Stück weiter gebracht. Alles, was er bislang hatte herausfinden können, war, dass Professor Wang nie über Virusmeningitis geforscht hatte. Enttäuscht hatte sie das Gespräch relativ

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