Virus. Kristian Isringhaus

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Virus - Kristian Isringhaus

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Antworten auf alle Fragen. Und alle schwirrten gleichzeitig durch seine Gedankenwelt.

      Das Erste, was Passe von seiner Umwelt wieder wahrnahm, war, dass jemand seinen Rücken streichelte. Langsam drehte er den Kopf. Dora saß neben ihm. Seit wann? Seit einer Minute? Seit einer halben Stunde? Noch mehr Fragen. Er hatte sie einfach nicht bemerkt.

      „Wie geht es dir?” fragte sie mit sanfter Stimme. Passe liebte ihren italienischen Akzent.

      „Du hast mir nie erzählt, dass du Karate kannst”, sagte er, ohne auf ihre Frage einzugehen.

      „Ich kann kein Karate”, antwortete sie leise und mit ruhiger Intonation.

      „Oder welche Kampfsportart auch immer.” Enttäuschung über ihre Unehrlichkeit lag in seinen Worten.

      „Ich kann überhaupt keinen Kampfsport. Ich habe nur gesehen, wie der Polizist auf dich eingeprügelt hat. Da habe ich Anlauf genommen und bin ihm in den Rücken gesprungen. Ich habe nicht lange überlegt.”

      Passe dachte kurz darüber nach. Konnte jemand ohne Kampfsporterfahrung einen solchen Sprungkick überhaupt ansetzen? Geschweige denn mit der Kraft, den Polizisten wirklich umzustoßen und – wenn auch nur für Sekunden – außer Gefecht zu setzen? Andererseits war es kein Kick in dem Sinne gewesen, sondern sie war einfach mit beiden Beinen voraus in den Polizisten gesprungen. Er beschloss, das Thema fürs Erste ruhen zu lassen.

      „Warum warst du maskiert?” fragte er stattdessen.

      „Weil ich keine Lust hatte, wegen euch Spinnern in irgendwelchen Nachrichtensendungen zu sein.” Es klang nahezu liebevoll, wie sie es sagte, und ihr wunderschöner, weicher Akzent verstärkte diesen Eindruck noch. Sie war sichtlich nicht auf Konfrontation aus, sondern auf Frieden. Passe wusste, dass er gut daran täte, das Angebot anzunehmen.

      „Da hätte man höchstens gesehen, dass du keinen Stein wirfst”, gab er kleinlaut zu bedenken.

      „Es geht mir nicht um den deutschen Gesetzgeber. Es geht mir um meine Familie in Siena. Sie würden umkommen vor Sorge, wenn die auch nur wüssten, dass ich hier bin.”

      Das machte Sinn. Er schwieg eine Weile.

      „Aber wieso hattest du überhaupt was zum Vermummen dabei? Ich habe nicht daran gedacht”, sagte er schließlich.

      „Ich hatte den Schal zufällig an, weil ich heute Morgen etwas Halsschmerzen hatte nach dem Aufwachen”, antwortete sie und lächelnd fügte sie an: „Ist doch auch kein Wunder bei dem Wetter hier.”

      Passe liebte ihr Lächeln. Er liebte alles an ihr. Die dunkelbraunen, kurzen Haare, die in alle Richtungen abstanden, die dunklen Augen, den schmalen, etwas traurigen Mund, die zierliche Figur.

      Er liebte sie. Und er glaubte ihr. Es passte alles zusammen. Sie hatte einen Schal getragen, weil sie Halsschmerzen gehabt hatte. Sie hatte ihr Gesicht damit verborgen, um ihre Familie nicht zu beunruhigen. Und sie konnte kein Karate, sondern hatte einfach spontan die Bewegung durchgeführt, von der sie sich die größte Wirkung erhoffte.

      Alles klang logisch, alles passte zusammen. Und eigentlich hätte er froh sein müssen, dass sie ihm dieses Friedensangebot unterbreitete, besonders wenn man in Betracht zog, wie wütend sie noch vor wenigen Stunden auf seine ersten Steinwürfe reagiert hatte.

      Und doch hatte Passe das Gefühl, Dora verberge etwas vor ihm. Er konnte es nicht erklären – nur so ein Gefühl. Er legte den Kopf zurück auf seine Schulter und versank erneut in seinen Gedanken.

       15.

      Es klopfte an der Tür und nach kurzem Warten auf eine Aufforderung betrat der Brandursachenermittler der Feuerwehr Wegmanns Büro. Wegmann begrüßte ihn in dem sicheren Glauben, dem Abschluss des Falls damit ein gutes Stück näher zu kommen, herzlich. Der Mann war klein und dick und trug einen Schnäuzer mit gezwirbelten Enden in seinem fröhlichen, runden Gesicht. Er stellte sich unter dem Namen Löscher vor und machte dazu den gleichen Witz mit Feuerwehr-Bezug, den er wahrscheinlich jedes Mal machte, wenn er sich vorstellte.

      Eine echte Frohnatur, schoss es Wegmann durch den Kopf, doch im Prinzip war ihm das egal. Lediglich die Ergebnisse, die Löscher zu präsentieren hatte, waren von Interesse.

      Wegmann goss dem Mann ein Glas Wasser ein und wurde alsdann ernst. Immerhin war die Stunde fortgeschritten und er wollte nach Hause zu seiner Familie.

      „Was haben Sie herausgefunden?” beendete er den small talk und ging zum Dienstlichen über.

      „Leider nichts”, antwortete Löscher. „Ich weiß, ich hätte Ihnen das auch telefonisch mitteilen können, aber ich dachte, ich schaue mal persönlich rein. Ist irgendwie netter.” Er lachte.

      Wegmann hingegen stand der Sinn überhaupt nicht nach Lachen. Nichts? Was hatten diese Stümper denn den ganzen Tag gemacht?

      „Was meinen Sie mit ‚nichts’?” fragte er ernst.

      „Es stimmt nicht ganz. Lediglich mit dem eigentlichen Brand sind wir nicht weiter”, antwortete Löscher schnell und mit in Wegmanns Augen unangemessener Fröhlichkeit. „Wir konnten bisher keinen Brandbeschleuniger nachweisen und wissen deshalb nicht, warum sich das Feuer so schnell ausgebreitet hat. Wir bleiben aber am Ball. Die Ursache ist natürlich der Blitz, das ist klar wie Kloßbrühe. Aber mit eben dem haben wir so unsere Probleme.”

      Probleme waren nicht gut, das Wort ‚Problem’ hatte Wegmann eigentlich in diesem Gespräch überhaupt nicht hören wollen.

      „Was für Probleme gibt es denn mit dem Blitz?” fragte er scharf. Er hoffte, durch einen energischen Tonfall die Fröhlichkeit in Löschers Stimme in Sachlichkeit umwandeln zu können.

      „Nun ja, wie soll ich das sagen? … Es gab einfach keinen.” Löscher lachte laut auf.

      Wegmann schnitt mit zorniger Stimme in das Lachen. Dieser mondgesichtige Blödmann kostete ihn den letzten Nerv. „Was soll das heißen, es gab keinen?”

      Löschers Lachen brach ab. Offenbar zeigte Wegmanns Tonfall Wirkung, denn die Stimme des Brandursachenermittlers nahm ein sachlicheres Timbre an, als er antwortete. „Jeder Blitz, der irgendwo in Deutschland einschlägt, wird nach Zeitpunkt und Stärke mit einer örtlichen Genauigkeit von einhundert Metern erfasst. Und zum Todeszeitpunkt des Professors wurde am Kongresszentrum kein Blitz erfasst.”

      Wegmann traute seinen Ohren nicht. Unzählige Zeugen hatten von dem Blitz berichtet, unter ihnen Beamte des BKA und Agenten des BND. Es hatte einen Blitz gegeben. Und nun wollte ihm dieser inkompetente Möchtegernclown das Leben schwer machen.

      „Vielleicht waren Ihre tollen Blitzerfassungsgeräte defekt oder falsch kalibriert?” schlug er vor.

      „Das ist leider ausgeschlossen”, antwortete Löscher. „Blitze werden durch Störungen von Radiowellen auf nicht genutzten Frequenzen erfasst. Aber die Radiowellen wurden registriert. Nur eben nicht gestört. Zudem wurde nur achtzig Sekunden nach dem Tod des Professors ein Blitz in einer Entfernung von hundertsiebzig Metern erfasst. Ist auf dem Golfplatz eingeschlagen. Wenn die Geräte kaputt gewesen wären, hätte…”

      Wegmann ließ ihn nicht weiterreden.

      „Was sagen Sie da?” fiel er ihm ins Wort. „Sie haben einen Blitz erfasst, der fast zur gleichen Zeit fast am gleichen

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