Virus. Kristian Isringhaus

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Virus - Kristian Isringhaus

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ihn aufgefordert hatte.

      Doch dann fiel ihm ein, dass, wenn er sich dafür entschlösse, nach Blitzen zu googlen, er es ja aus freien Stücken und nach reiflicher Überlegung täte, und nicht auf ihre Aufforderung hin.

      Was für andere Gründe gab es, die dagegen sprachen?

      Als Holger das Internetcafé schließlich betrat, tat er es aus dem gleichen Grund, aus dem er beschlossen hatte, Bier zu trinken. Oder vielmehr wegen des erneuten Ausbleibens eines Gegengrunds: Warum nicht? Es war doch sowieso alles egal.

      Er setzte sich vor einen der immerhin vier Rechner und bat ohne große Hoffnung auf Erfolg um ein Pils. Der Betreiber bedauerte, er besitze leider keine Alkoholausschanklizenz, und Holger änderte die Bestellung auf Kaffee. Dann öffnete er den Browser. Er gab den Suchbegriff ‚Blitz’ in Google ein und fand gleich auf der ersten Seite einen Link zu einem Wikipedia-Eintrag. Er klickte darauf und las:

      „Ein Blitz ist in der Natur eine Funkenentladung bzw. ein kurzzeitiger Lichtbogen zwischen Wolken oder zwischen Wolken und der Erde, in aller Regel während eines Gewitters in Folge einer elektrostatischen Aufladung der wolkenbildenden Wassertröpfchen bzw. der Regentropfen.”

      Holger war bereits jetzt von dem Artikel gelangweilt. Er verstand sowieso kein Wort. Er überflog die Zeilen auf der Suche nach Zahlen:

      „... muss der Potenzialunterschied (die Spannung) einige 10 Millionen Volt betragen ... Feldstärken von über 200.000 V/m ... Röntgenstrahlung mit einer Energie von 250.000 Elektronenvolt ... maximal 12mm im Durchmesser ...”

      Und dann fand er es:

      „Die Vorentladungen benötigen zusammengenommen etwa 0,01 Sekunden, die Hauptentladung dauert nur 0,0004 s.”

      Holger hatte von allem, was er bisher überflogen hatte, nicht ein Wort verstanden. Aber der letzte Halbsatz ließ keinen Zweifel zu. Ein natürlicher Blitz dauerte nur Bruchteile einer Sekunde. Lars’ Worte gingen ihm durch den Kopf und wiederholten sich wie in einer Endlosschleife: Als die Wand hinten Feuer fängt, da hängt der Professor noch immer in dem Blitz und zittert wie bescheuert.

      Dies war kein normaler Blitz gewesen, jemand musste ihn manipuliert haben. Konnte man Blitze manipulieren? Holger wusste es nicht. Sicher wusste er nur eins: Mit überirdischen Kräften hatte das Ganze nichts zu tun.

       10.

      Jo Somniak wurde etwas ungeduldig. Zwar war es ein tolles Gefühl, den Schatz in seinem Schuh zu wissen, doch er hatte wichtige Dinge zu erledigen. Das Warten war enervierend und nur das beschäftigte ihn im Moment. In den bleichen Gesichtern seiner mit ihm wartenden Kollegen konnte er ablesen, dass ihre Gedanken sich wohl eher um den schrecklichen Tod des Professors drehten als darum, so schnell wie möglich hier rauszukommen. Mit ziemlicher Sicherheit empfand Somniak von allen Anwesenden am wenigsten Mitgefühl für den Professor. Doch schließlich schien es, als seien das Schicksal des Verstorbenen und das seine unmittelbar miteinander verknüpft.

      Jeder Anwesende musste sich vor dem Verlassen des Gebäudes einer eingehenden Leibesvisitation unterziehen. Wegen ihrer zumeist professionellen Fotoausrüstung wurde bei den Journalisten die ohnehin immense Gründlichkeit noch einmal erhöht.

      Ein jeder von ihnen wurde von je zwei Polizeibeamten in provisorische Kammern gebracht, nicht viel größer als die Umkleide-Kabinen in einem Bekleidungsgeschäft. Dafür, dass es zwei Beamte sein mussten, vermutete Somniak ebenso viele Gründe: Erstens wäre ein Beamter alleine leichter zu überwältigen gewesen. Zweitens verfügte man auf diese Weise später bei eventuellen Anschuldigungen bezüglich unsittlichen Verhaltens über einen weiteren Zeugen. Somniak hatte weder die Absicht, das eine zu tun, noch das andere.

      Er wusste, wozu die Leibesvisitationen durchgeführt wurden. Es durften unter keinen Umständen Fotos des Unglücks an die Presse gelangen. Deshalb durchsuchten die Beamten jede einzelne Tasche, fühlten Futter nach versteckten Taschen ab und bestanden auf einer völligen Entkleidung der jeweiligen Person. Jeder Quadratzentimeter Kleidung wurde genauestens abgefühlt, der Inhalt der Kameraspeicher wurde augenblicklich überprüft und wenn unerwünschtes Bildmaterial gefunden wurde, wurden die Speichermedien komplett zerstört. Gelöschte Dateien waren schließlich immer wiederherstellbar. Aber Somniak hatte ja den kleinen Schlitz in seiner Schuhsohle. Hier war die Karte sicher.

      Er nutzte die Zeit, um die nächsten Schritte zu planen. Als erstes würde er telefonisch einen Termin mit dem Chefredakteur der BILD-Zeitung vereinbaren, um sicher zu gehen, diesen auch anzutreffen. Vielleicht traf das Wort ‚vereinbaren’ nicht ganz den Kern. Vielmehr würde er mit der Ankündigung einer Sensation fordern, vom Chefredakteur persönlich empfangen zu werden. Anschließend würde er die 180 Kilometer nach Hamburg fahren, was um diese Uhrzeit nicht länger als zwei Stunden dauern sollte. Dort würde er die Geschehnisse schildern.

      Das Problem war, dass dies alles sehr schnell gehen musste, denn vor Redaktionsschluss mussten die Artikel fertig geschrieben und gelayoutet sein. Würde der Artikel erst für die Ausgabe am Folgetag fertig, bestünde die Gefahr, dass jemand anderes ihm zuvorkam oder die Informationen auf andere Art und Weise an die Presse gelangten. Vielleicht hatte noch jemand zufällig einen guten Schuss gelandet und konnte die Daten irgendwie aus dem Kongresszentrum schmuggeln.

      Somniak war sich ziemlich sicher, dass dies nicht der Fall sein würde, aber er musste auf Nummer sicher gehen. Wissenschaftsjournalisten verabscheuten die Regenbogen-Presse. Sie wähnten sich etliche Stufen über dem Boulevard-Journalismus stehend und sprachen diesem jegliche Seriosität ab. Wahrscheinlich lagen sie damit noch nicht einmal ganz falsch, doch Seriosität war nicht das, wonach Somniak in diesem Moment strebte.

      Endlich war er an der Reihe. Eine Viertelstunde später verließ er das Gebäude, seinen Schatz noch immer sicher in seinem Schuh versteckt.

       11.

      Holger saß auf einem Barhocker an der Theke im ‚Dorfkrug’ und nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Pils. Wie er es erhofft hatte, hatte bislang an diesem Abend noch kein anderer Gast den Weg hierher gefunden.

      Der Raum war nicht besonders groß, nicht größer als zwanzig Quadratmeter, vermittelte im Gegenzug aber eine Art rustikale Gemütlichkeit.

      Die für die Enge des Raums viel zu wuchtig wirkende Theke war komplett aus dunklem Holz gearbeitet und die starke Abnutzung ließ den Schluss zu, dass der letzte Anstrich mit Klarlack schon einige Jahre zurücklag. Die eigentliche Thekenfläche bestand durch das zigtausendfache Abstellen von Getränken fast nur noch aus rohem Holz, und lediglich die hölzernen Säulen und die von ihnen gestützten Regale unter der Decke, die zur Aufbewahrung von Gläsern und Schnapsflaschen dienten, ließen noch erahnen, mit welch erhabenem, dunkelbraunem Glanz dieses mächtige Möbel den Raum einmal dominiert haben musste.

      Dem Tresen gegenüber befanden sich Fenster, die zum Marktplatz hinausblickten. Um nicht allzu viel Tageslicht hereinzulassen, hatte Hagen sie größtenteils mit bunt gebatikten Tüchern verhängt. Besonders, wenn die Sonne tief stand, tauchten sie den Schankraum in ein Spiel bunter Farben, und auch bei Nacht verliehen sie der ansonsten eher düsteren Atmosphäre zumindest ein wenig Freundlichkeit. Holger hatte einmal gelesen, dass Farben glücklich machten, doch er konnte sich nicht erinnern, diese Erfahrung selbst jemals gemacht zu haben. Weder das Blütenmeer auf den Wiesen vor dem Dorf noch die bunten Tücher in Hagens Fenster hatten das in den letzten zwei Jahren geschafft.

      Unter den Fenstern verlief eine durchgehende, an der Wand befestigte Bank, vor der nebeneinander drei Tische standen. Bank, Tische und

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