Virus. Kristian Isringhaus

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Virus - Kristian Isringhaus

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sich noch eine letzte Chance geben, sich zu beruhigen. Doch das hektische Gerenne um ihn herum, die vielen Menschen, die Lautstärke und die stickige, verbrannt riechende Luft ließen das nicht zu.

      „Lassen Sie sie gehen”, sagte er dem Sanitäter. Dann wandte er sich zurück an Ashcroft. Seine Sprachmelodie war nach wie vor ruhig und leiernd, doch ein leichtes Zittern in seiner Stimme ließ seine Verärgerung erkennen. „Dr. Ashcroft, es war mir eine Qual. Ich werde Sie in meine Gebete einschließen und flehen, dass es sich um eine schwere Belastungsreaktion handelt. Mögen schlaffressende Alben und Mahren für den Rest Ihres Lebens Ihre Träume heimsuchen und Gleichgültigkeit zu Ihrer letzten Zuflucht machen. Meine besten Verwünschungen.”

      Damit drehte er sich um und ging. Hinter sich hörte er Ashcroft die englische Bezeichnung für eine Öffnung in der rückseitigen Körpermitte murmeln.

      Hysterische Besserwisserin! dachte er und suchte nach Lars.

      Langsam wurde es etwas übersichtlicher in dem Saal. Polizeibeamte hatten damit begonnen, die Saalbestuhlung im rückwärtigen Teil des Raums zu stapeln. Zudem hatten mehr und mehr Menschen ihre Schockerstversorgung erhalten und wurden entweder in Krankenhäuser abtransportiert oder durften gehen. Die Zahl der im Weg stehenden Krankentransportliegen hatte stark abgenommen. Die Beamten des BKA schritten mit der Zeugenbefragung voran und ließen die Menschen ebenfalls gehen.

      Nach wie vor allerdings gab es eine immense Menschenansammlung am Ausgang, denn jeder, der den Saal verlassen wollte, wurde von Polizeibeamten genauestens kontrolliert. Die Angst, jemand könnte Bildmaterial von dem schrecklichen Ereignis in Umlauf bringen, war enorm.

      Holger fand Lars.

      „Wie ist es gelaufen?” fragte dieser.

      „Die Schrift, so nehme ich an, hattest du geplant, eines Tages nebenbei bei einem Bier zu erwähnen?” fragte Holger missmutig zurück. Seine Laune war jetzt noch schlechter als vor einer Stunde, als das Telefon geklingelt hatte.

      „Was für eine Schrift?”

      „Dieser Gegenentwurf zur sympathischen Gesellschafterin erwähnte eine Feuerschrift.”

      Sie standen mehr oder weniger in der Mitte des Saals und wurden in regelmäßigen Intervallen entweder angerempelt, oder mussten Platz machen.

      „Ach das. Ja”, sagte Lars. „Nach dem Blitzeinschlag hat es gebrannt. Einige Zeugen behaupten, das Feuer hätte die Form eines Schriftzugs gehabt.”

      „A87?”

      „A87. Ist natürlich völliger Quatsch. Feuer breitet sich zufällig aus. Es muss ein entsetzliches Bild gewesen sein. Stell es dir vor: Als die Wand hinten Feuer fängt, da hängt der Professor noch immer in dem Blitz und zittert wie bescheuert.”

      Holger horchte auf. „Der Blitz dauerte noch an, als das Feuer sich bis hinten durchgefressen hatte?”

      „So sagen es die Zeugen. Muss schrecklich gewesen sein. Ich glaube, da hätte ich auch Musik gehört und Schriften gesehen.”

      Doch Holger achtete nicht mehr darauf, was Lars sagte. Ashcrofts Worte klangen in seinen Ohren nach. Finden Sie heraus, wie lange ein Blitz dauert oder gehen Sie einfach Verstecken spielen. Aufgrund des zweiten Satzteils hatte er angenommen, auch der erste sei schlicht eine metaphorische Aufforderung, sie in Ruhe zu lassen. Aber hatte sie es vielleicht ernst gemeint? Hatte die Länge des Blitzes für sie etwas Auffälliges gehabt? Er schüttelte den Gedanken ab. Es interessierte ihn schlichtweg nicht.

      „Braucht ihr mich noch?” fragte er Lars.

      „Natürlich brauchen wir dich noch. Du fährst mit ins Krankenhaus und kümmerst dich dort um...”

      Holger meinte, sich das Recht, andere unterbrechen zu dürfen, ersühnt zu haben. „Wie dem auch sei. Wenn ihr geplant habt, mein gewinnendes Naturell noch weiter zu verwenden, hättet ihr mir nicht diese Erinnye vorsetzen sollen. Ich bin jetzt indisponiert.”

      Damit wandte er sich um.

      „Hey, warte”, hörte er Lars rufen.

      „In Rostock gibt es genug andere Pfarrer”, rief Holger über seine Schulter. „Und Psychologen. Ich bin krank.”

      Eine spontane Lust auf Bier überkam ihn. Ging das überhaupt? Er fragte sich, ob es überhaupt noch vorkam, dass er Lust auf etwas hatte. Oder hatte er sich nicht vielmehr unterbewusst die Frage gestellt, was dagegen sprach, nun Bier zu trinken? Unabhängig davon, ob es wirkliche Lust auf Gerstensaft war oder der schlichte Mangel an Gründen, die dagegen sprachen – Holger registrierte, dass es in letzter Zeit häufiger vorkam. Und es war ihm egal.

      Hatte er noch Bier im Kühlschrank? Wahrscheinlich nicht. Er beschloss, zu Hagen zu gehen.

       7.

      Die Demonstration der Globalisierungsgegner verlief ebenso unspektakulär wie unbeachtet. Die Demonstranten trugen Banner und Schilder und skandierten ihre Forderungen, doch keine einzige Kamera zeigte Erbarmen und wandte sich ihnen zu. Das war auch wenig verwunderlich, denn auf der anderen Seite des Zauns herrschte das pure Chaos.

      Passe hatte in der letzten Stunde überhaupt nicht mehr an der Demonstration seiner Mitstreiter teilgenommen. Er hatte nur ungläubig auf den Parkplatz auf der anderen Seite des Zauns gestarrt und sich gefragt, was dort vorging. Unzählige Polizeiwagen, Mannschaftsbusse, Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeuge waren nach und nach hier aufgefahren. Der vormals nahezu leere Parkplatz war jetzt überfüllt und es herrschte ein heilloses Durcheinander.

      Eigentlich konnte es nur eine mögliche Erklärung für all das geben, nur eine Gruppe konnte während eines G8-Gipfels solch einen Aufruhr verursachen.

      Der Schwarze Block.

      Passe wusste nicht, wie die Mitglieder des Schwarzen Blocks in den eingezäunten Bereich gelangt waren oder was sie dort gemacht hatten, aber er war sich todsicher, dass nur sie für das verantwortlich sein konnten, was er hier sah. Diese Jungs waren einfach unschlagbar.

      Es war perfekt geplant. Weil Journalisten im eingezäunten Bereich nicht zugelassen waren, hatte der Schwarze Block für seine Aktion eine Veranstaltung gewählt, die in unmittelbarer Nähe zum Zaun stattfand. Unzählige Fernsehteams aus aller Welt waren zugegen. Das war die Form von Aufmerksamkeit, die Passe meinte.

      Aber was genau hatte der Schwarze Block gemacht? Man sah keine Ausschreitungen. Waren alle Randalierer verhaftet worden? Hatten sie vielleicht das Gebäude besetzt? Hatten sie möglicherweise sogar einen der Regierungschefs in ihre Gewalt gebracht? Mit diesen Gedanken hatte Passe die letzte Stunde zugebracht und gewartet, dass etwas passierte. Und viel war passiert. Es hatte hektisches Gerenne auf dem Parkplatz gegeben, unzählige Menschen hatten das Gebäude betreten und verlassen. Aber nichts war geschehen, das irgendwie darauf hindeutete, was in dem Gebäude vor sich ging. Passe musste es einfach wissen. Er suchte nach Mark.

      Mark Wolf hatte er am Vorabend beim Grillen am Zeltplatz kennengelernt. Dieser hatte sich zwar nicht als Mitglied des Schwarzen Blocks zu erkennen gegeben, aber seinen Worten nach zu schließen, dachte er in etwa wie Passe. Passe hatte den vagen Verdacht, dass Mark vielleicht ein Mitglied der gefürchteten Vereinigung war und unauffällig nach Mitstreitern Ausschau halten sollte, die ebenfalls bereit waren, bis zum Äußersten zu gehen.

      Er wandte sich um, um nach dem vermeintlichen Radikalen zu suchen, doch Dora

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