Virus. Kristian Isringhaus

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Virus - Kristian Isringhaus

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Mark. Hast du Mark gesehen? Der große Kahlrasierte vom Zeltplatz. Ich muss wissen, was der Schwarze Block gemacht hat.”

      „Der Schwarze Block?” Dora schmunzelte. „Es gibt keinen Schwarzen Block, Passe.”

      „Natürlich gibt es den. Und er ist hier. Was glaubst du denn, wer hier für so ‘n Chaos sorgen kann?”

      „Ich weiß nicht, was da los ist. Ich weiß nur, dass es nicht der Schwarze Block sein kann, weil es so etwas nicht gibt.”

      „Natürlich, du weißt ja immer alles.” Da war wieder ihre Besserwisserei – der einzige Charakterzug, den Passe nicht an ihr mochte. Hatte Genua sich vielleicht selbst verwüstet? Genuesen sollte man mal erzählen, es gebe keinen Schwarzen Block.

      „Wenn du immer alles so genau weißt, weißt du auch wo Mark ist?”

      Dora schüttelte den Kopf. Passe riss seinen Ärmel aus ihrem Griff und machte sich auf die Suche. Bereits nach wenigen Schritten hatte er Mark gefunden.

      „Mark, Mann, was geht hier ab?”

      „Keine Ahnung.”

      „Der Schwarze Block?”

      Mark guckte Passe überrascht an. „Meinst du?”

      „Wer sonst könnte so einen Aufruhr verursachen?”

      Mark überlegte kurz. „Ich schätze du hast Recht”, sagte er schließlich und blickte sich unter den Banner tragenden, Parolen skandierenden Globalisierungsgegnern, in deren Mitte er stand, um. „Und wenn der Schwarze Block wirklich da drin ist”, fügte er nachdenklich hinzu, „dann schätze ich, die Jungs können vielleicht ein wenig Unterstützung gebrauchen.”

      „Was meinst du mit Unterstützung?” fragte Passe, doch Mark antwortete nicht. Stattdessen zog er ein Halstuch aus einer Jackentasche und band es sich vor das Gesicht. Dann bückte er sich nach einem Stein, hob ihn auf und schleuderte ihn über den Zaun auf ein Polizeifahrzeug. Die Windschutzscheibe barst mit einem lauten Knall. Augenblicklich drehten sich einige der unzähligen Kameras in ihre Richtung.

      Passe verstand sofort. Sie konnten ihren großen TV-Auftritt immer noch bekommen. Weltweite Aufmerksamkeit. Er zog sein eigenes Halstuch, das er stets trug, hoch, um sein Gesicht zu verbergen, und schleuderte ebenfalls einen Stein. Er traf die Seitenscheibe eines Mannschaftsbusses der Polizei. Sofort taten es ihnen andere gleich. Adrenalin löschte Angst und schürte Aggression. Munition wurde ge- und Zorn entladen. Es gab kein Halten mehr. Ein Hagel aus Wurfgeschossen ging auf der anderen Seite des Zauns nieder.

      –––––

      Dort brach sofort die Hölle los. Das Chaos von vorher war nichts im Vergleich zu dem jetzigen. Menschen hasteten so weit wie möglich vom Zaun weg, hielten sich schützend die Hände über die Köpfe, rannten ineinander, stolperten, brüllten Befehle, stießen Schmerzensschreie aus.

      Dabei verband sich das Grau des Himmels mit den unzähligen flackernden Blaulichtern zu einer surrealen Stimmung. Die großen Tropfen des unbarmherzigen Regens reflektierten das Blaulicht und wirkten ihrerseits wie Geschosse.

      Ein Feuerwehrmann rutschte in einer Pfütze aus und fiel mit der Schläfe gegen einen Polizeiwagen, wo er benommen liegen blieb. Ein BKA-Beamter wurde von einem Stein am Kopf getroffen und halb bewusstlos von zwei Kollegen zum Eingang des Kongresszentrums gestützt. Ein Sanitäter hatte hinter einem KTW Schutz gesucht, als ein Stein durch beide Seitenscheiben schlug. Von einer Sekunde auf die andere war er von Scherben und Schnittwunden übersät. Ein weiterer Sanitäter erlitt trotz seiner Ausbildung zum Umgang mit Extremsituationen einen Schock und wurde zu völliger Bewegungsunfähigkeit gelähmt. Er stand wie festgewurzelt in der Mitte des Parkplatzes, in der Mitte des Chaos’. Dem Steinhagel schutzlos ausgeliefert, glich es einem Wunder, dass er nicht getroffen wurde, bevor ein kräftiger Feuerwehrmann ihn sich mit grobem Griff über die Schulter warf und in das Gebäude schleppte.

      Es wurde gerannt, geschrien, geblutet und geheult.

      Doch auch auf der anderen Seite des Zauns entstand schnell eine schwer überschaubare Situation. Denn die Friedvollen, Gewalt Verabscheuenden unter den Globalisierungsgegnern waren bei Weitem in der Überzahl. Sie sahen ihre friedliche Demonstration durch eine kleine Gruppe von nicht mehr als siebzig Verrückten gefährdet und bemühten sich, dem Steinhagel Einhalt zu gebieten. Zwar gelang es ihnen, die Steinewerfer ein wenig zurück zu drängen, doch warfen diese fortan unbeeindruckt einfach über die Köpfe ihrer ursprünglichen Gesinnungsgenossen hinweg.

      Die Kameraleute konnten sich kaum entscheiden, in welche Richtung sie filmen sollten. Ihre Reporterkollegen brüllten aufgeregte Aufforderungen. Film dies! Film das! Auf der einen Seite die größtenteils vermummten Gewalttäter, die von einer Sekunde auf die nächste eine friedliche Demonstration in einen Kriegsschauplatz verwandelt hatten, auf der anderen Seite Schrecken, Schmerzen und Verwüstung. Was war interessanter? Warum hatte der Sender nur einen Kameramann mitgeschickt?

      Und in all dieser Qual der Wahl, was zu filmen die größere Sensation versprach, mussten sie ständig wachsam bleiben, um jederzeit Steinen ausweichen zu können. Immerhin standen sie exakt zwischen den Fronten.

      Flucht hingegen war keine Option. Wenn man als Reporter oder Kameramann nicht den Mumm hatte, hier zu bleiben, dann hatte man definitiv den Beruf verfehlt. Doch das schien auf keinen der hier Anwesenden zuzutreffen.

      –––––

      Passe wollte gerade zu einem weiteren Wurf ansetzen, als jemand seinen Arm festhielt.

      „Spinnst du jetzt komplett?” brüllte Dora ihn an.

      „Endlich wird man uns ernst nehmen!” brüllte er zurück. Besessenheit schwang in seiner Stimme mit.

      „Du hast sie nicht alle! Du bist krank! Krank!” Tränen der Enttäuschung schossen ihr in die Augen. Sie wandte sich ab und rannte davon.

      Passe blickte sich um. Wenn gerade kein Zaun im Weg war, führte die kleine Straße, an der sie standen, direkt zum Kongresszentrum; doch an einen Verkehrsweg erinnerte hier plötzlich kaum mehr etwas. Mark hatte in der Zwischenzeit begonnen, mit einem Brecheisen das Kopfsteinpflaster aufzuhebeln. Wie besessen rissen die Gewalttäter die Pflastersteine aus der Fahrbahn, um ihnen als Wurfgeschosse eine neue Aufgabe zukommen zu lassen.

      Passe bewunderte Marks Vorbereitung. Während er selbst zufällig immer ein Halstuch trug, hatte Mark extra eines zu Vermummungszwecken mitgebracht. Sogar an ein Brecheisen hatte er gedacht. Was mochte noch in Marks Rucksack verborgen sein?

      Plötzlich war das aufgeregte Geschrei nicht mehr nur vom Parkplatz vor dem Kongresszentrum zu hören – plötzlich kam es auch von hinter ihnen. Passe drehte sich um. Polizisten in voller Kampfmontur waren eingetroffen und begannen, mit ihren Knüppeln die Globalisierungsgegner zu Boden zu prügeln und zu fesseln.

      Nicht einmal eine Minute war vergangen, seit Mark den ersten Stein geworfen hatte.

      Sofort flogen die Steine nicht mehr auf den Parkplatz, sondern auf die Polizisten. Diese hoben schützend ihre Schilde und versuchten, weiter vorzudringen.

      Es wurden immer mehr und sie kesselten die Globalisierungsgegner ein. Alle, nicht nur die Steinewerfer. Wegen ihres Versuchs, die Gewalttäter von ihrem zerstörerischen Tun abzubringen, befanden sich die friedvollen Globalisierungsgegner immer noch im Pulk der Randalierer und waren nun nicht mehr von ihnen zu unterscheiden. Erbarmungslos knüppelten die Polizisten

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