Virus. Kristian Isringhaus

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Virus - Kristian Isringhaus

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Mörder des Professors. Wäre es nicht Ihre Aufgabe, ihn zu schnappen?” Debbie konnte sich nicht festlegen. War der Kommissar dumm oder faul? Konnte er tatsächlich das Offensichtliche nicht erkennen oder hatte er einfach keine Lust, Ermittlungen anzustellen?

      „Ich kann absolut nachvollziehen, was Sie gerade empfinden, Dr. Ashcroft”, sagte Wegmann in beruhigendem Tonfall. „Aber sehen Sie, es handelt sich hier um ein tragisches Unglück. Der Professor wurde durch eine Naturgewalt getötet. Wenn Sie unbedingt einen Mörder haben wollen, dann kann ich Ihnen wohl nur Gott nennen.”

      Debbie ignorierte die Blasphemie. Sie war zwar gläubig, hatte jetzt aber Wichtigeres im Kopf, als eine Diskussion über die Verwerflichkeit abfälliger Bemerkungen den Herrn betreffend anzustrengen.

      Zudem verlor sie langsam die Geduld. Sie merkte, wie ihre Stimme lauter wurde und auch das Timbre eine gewisse Erregtheit nicht mehr verheimlichen konnte, als sie erneut ansetzte. „Wie oft haben Sie schon davon gehört, dass ein Mensch in einem geschlossenen Gebäude von einem Blitz erschlagen wurde?”

      Mehr und mehr zufällig und immer geschäftig vorbeihastende Polizisten schienen einen interessanten Disput zu wittern und blieben nun in ihrer Nähe stehen. Sie gaben vor, in ihre Handys zu tippen, ihre Schnürsenkel zu binden oder sich Notizen zu machen, doch Debbie wusste, dass sie alle nur ihrer Diskussion mit Wegmann lauschten.

      „Noch nie”, gab dieser zu. „Aber selbst, wenn es auf der ganzen Welt bisher noch nicht einmal passiert sein sollte – hier und heute ist es passiert. Es gibt dafür 150 Zeugen. Es war ein Blitz.”

      „Und die Schrift? Und der Ton?” hakte Debbie nach. „Es ist doch ganz offensichtlich, dass jemand hier irgendwie rumgetrickst hat.”

      „Die Ausbreitung von Feuer ist absolut zufällig”, erklärte Wegmann.

      Nicht noch so ein Pyroexperte! dachte Debbie.

      „Wenn Sie irgendwelche Zeichen gesehen haben”, fuhr er fort, „dann ist das ausschließlich auf Ihren Schock zurückzuführen. Und der Ton ist wahrscheinlich ein sogenanntes psychologisches Massenphänomen. Das sagt jedenfalls der örtliche Pastor und der ist diesbezüglich geschult.”

      Dieser Pfarrer wurde immer schlimmer. Selbst jetzt, wo er gar nicht anwesend war, funkte er dazwischen und raubte Debbie den letzten Nerv. Sie musste an sein arrogantes Leiern denken und ein kurzer Würgreiz überkam sie. „Sie müssen doch zugeben, dass die Umstände sehr dubios sind, oder?” sagte sie schließlich.

      „Tragisch würde es wohl eher treffen. Unfälle sind tragisch. Ihr Verlust tut mir sehr, sehr leid, Dr. Ashcroft. Aber bitte vertrauen Sie der Ansicht eines erfahrenen Polizisten. Ich habe über fünfundzwanzig Dienstjahre auf dem Buckel und das hier war ein tragisches Unglück.”

      Debbie konnte ihre Emotionen nicht länger zurückhalten. Wie so viele Amerikaner trug sie ihr Herz auf der Zunge. Manche nannten es Unbeherrschtheit, andere nannten es sympathische Offenheit. Debbie war es egal und in diesem Moment erst recht. „Ist das bei Ihnen Inkompetenz oder Faulheit? Oder ein bisschen von beidem?” fauchte sie Wegmann an. „Sehen Sie wirklich nicht, was hier passiert oder wollen Sie es einfach nicht sehen?” Wegmann blickte sich mit sichtlichem Unbehagen um. Seine Augen zuckten noch wilder als zuvor zwischen den in der Nähe stehenden Kollegen umher, die nicht mehr verbergen konnten, dass sie lauschten und großen Spaß an der Diskussion gefunden hatten.

      „Das reicht”, entgegnete Wegmann ranzig. „Ich muss Sie jetzt bitten, zu gehen. Zivilisten sind hier nicht…”

      Weiter kam er nicht. Plötzlich drang hektisches Gebrüll von den Eingängen herüber, Menschen rannten in Panik umher. Debbie hörte Wortfetzen wie ‚Randale’ und ‚Steinewerfer’.

      Binnen weniger Sekunden brandete eine Flut von Menschen in den Saal zurück und das eben erst abebbende Chaos brach von Neuem los. Einige der herein sprudelnden Menschen waren blutverschmiert, andere sogar benommen und mussten gestützt werden.

      Was war das für ein Tag? Der Tod des Professors, die Art und Weise seines Todes, der zynische Pfarrer, der verbockte Bulle – und jetzt auch noch Randale? War denn die ganze Welt verrückt geworden? Für einen kurzen Augenblick war Debbie wie in Trance, nahm kaum noch wahr, was um sie herum passierte.

      So bemerkte sie zunächst auch nicht, dass Wegmann sie stehen ließ, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, und in Richtung des Eingangs rannte. Eher unterbewusst registrierte sie, wie er einem anderen Polizisten die Papiere in die Hand drückte, die der Notarzt ihm gegeben hatte.

      Das holte sie in die Realität zurück. Es konnte sich nur um den Leichenschauschein handeln. Da würde sie gerne mal einen Blick drauf werfen. Mit ein bisschen Glück würde auf dem Dokument stehen, in welcher Rechtsmedizin der Leichnam des Professors obduziert werden würde. Vielleicht konnte sie dort etwas herausfinden. Die Frage war jetzt: Wie konnte sie an das Papier gelangen?

      Eigentlich sollte es nicht allzu schwer werden. Wenn sie richtig gehört hatte und draußen tatsächlich Radikale randalierten, dann würde der Polizist Wichtigeres zu tun haben, als auf ein Stück Papier aufzupassen. Er würde es irgendwo ablegen, so wie Wegmann es schnell loswerden wollte. Sie musste ihm also nur folgen.

      Doch damit lag sie leider falsch. Der Polizist blieb auf seinem Posten und schien sich nicht unbedingt dafür zu interessieren, was draußen passierte. Und dann erinnerte sie sich: Für den Kampf gegen Randalierer waren speziell ausgebildete und vor allem natürlich speziell ausgerüstete Sondereinheiten zuständig und nicht die örtliche Polizei. Dumm von ihr.

      Sie brauchte schnell einen Plan B. Nett lächeln, dem Polizisten schöne Augen machen? Quatsch, sowas klappte nie. Zumal sie sich sicher war, dass sie nach den Ereignissen der letzten Dreiviertelstunde nicht über die dafür notwendigen schönen Augen verfügte. Sie dachte nach. Sie war Wissenschaftlerin. Wissenschaftler fanden immer einen Weg. Zumindest die guten. Die schlechten gingen zum Fernsehen.

      Das war es! Natürlich, es war so einfach! Sie musste einfach der Redensart folgen, die seriöse Wissenschaftler am meisten verabscheuten: Eine starke Behauptung ist besser als ein schwacher Beweis.

      Populärwissenschaftler zogen die Begeisterung der Massen auf sich, indem sie populistische Behauptungen aufstellten und mit wackeligen Belegen stützten. Wirklich zu beweisen waren diese Behauptungen natürlich nicht, aber das interessierte die Massen nicht. Der breiten Öffentlichkeit gefielen die Implikationen der sensationsschwangeren Behauptung und sie wurden taub für die Einwände seriöser Wissenschaftler.

      Diese scharlatangleichen Volksverhetzer präsentierten ihre Behauptungen häufig im Fernsehen, aber nie auf Kongressen vor Kollegen oder in Fachzeitschriften. Und immer war es ihr selbstbewusstes und überzeugendes Auftreten, das sie glaubhaft machte. Populärwissenschaftler – Debbie konnte schon das Wort nicht leiden. Für sie war es ein Widerspruch in sich.

      Aber hier würde ihr dieses Vorgehen weiterhelfen. Sie musste nur selbstbewusst und überzeugend auftreten. Wenn sie dem Polizisten eine Behauptung geben konnte, die dieser selbst verifizieren konnte, dann würde das Debbie in seinen Augen Glaubwürdigkeit verleihen. Und sie konnte ihm gleich zwei geben. Sie wusste, dass er den Leichenschauschein hatte und sie wusste, dass er ihn von Wegmann erhalten hatte. Woher hätte sie das wissen sollen? Der Polizist musste ihr einfach glauben.

      Sie sprach ihn an. „Guten Tag.”

      „Tag”, entgegnete der Polizist.

      „Ich bin die Assistentin des leichenschauenden Arztes. Er braucht den Leichenschauschein nochmal kurz, weil

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