Das Hospital. Benno von Bormann

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Das Hospital - Benno von Bormann

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gelogen und lediglich ein weiteres Ablenkungsmanöver. Außerdem ein gezielter Hinweis, dass er, der große Meister der Neurochirurgie, hier im OP bei einem schwierigen Fall, überdies einem Privatpatienten, seine Pflicht tat, während der Chef der Anästhesie es nicht nötig hatte, persönlich zu erscheinen, sicher aber nicht vergessen würde, eine knackige Rechnung zu stellen.

      Bekker war angeödet, wie immer bei solchen Spielchen, sagte aber nichts. Es war für ihn eine eiserne Regel, die er zeitlebens durchhalten wollte, niemals mit einem Operateur am OP-Tisch zu streiten, schon gar nicht, wenn die Situation so angespannt war wie hier. Deshalb sagte er lediglich,

      „Mein Chef ist eigentlich immer da.“ Brücher antwortete nicht und starrte angestrengt auf das offengelegte Gehirn. Ein kreisrundes, etwa handtellergroßes Stück des Schädelknochens über dem Aneurysma war heraus gesägt worden, wodurch ein sehr guter Überblick auf das Operationsfeld entstand. An mehreren Stellen zeigten sich die Spuren der Blutstillung als schmale, schwarze Streifen, wo Gewebe durch die Hitze des Thermokauters verkocht war. Zwischen den Gehirnwindungen blutete es diffus, allerdings nicht in großer Menge. Bekker hielt genügend Abstand, um die Operateure nicht weiter zu irritieren und gleichzeitig genügend Überblick auf das OP-Feld zu behalten. Er spürte Erleichterung, denn die Blutung, so wie sie sich jetzt darstellte, war offenbar dabei zu sistieren. Brücher war ebenfalls Erleichterung anzumerken, denn er scherzte schon wieder mit dem OP-Personal, das er vor wenigen Minuten noch angeschrien hatte. Bekker kehrte zum Fußende des Patienten zurück, um mit dem ungeduldigen Zerres eine kurze Übergabe zu machen. Eigentlich war nicht viel zu berichten. Der Patient war die ganze Zeit mit Kreislauf- und Lungenfunktion stabil gewesen. Zerres hatte, als die Blutung einsetzte, rechtzeitig reagiert.

      „Hauen Sie ab, auf ins Konzert“, sagte Bekker freundlich und schubste Zerres Richtung OP-Tür. Es tat ihm leid, dass sich alles so verzögert hatte.

      „Tschüs, und gute Verrichtung“, sagte Zerres laut und war im selben Moment verschwunden. Bekker trat erneut hinter die Operateure. Das Operationsfeld war nun vollkommen trocken. Die Blutung stand. Brücher war von seinem Hocker aufgestanden und streifte die sterilen Latexhandschuhe ab. Ein Assistent seiner Klinik hatte inzwischen den Saal betreten, um mit dem Oberarzt die Operation zu Ende zu führen.

      „Na ja, ist ja alles regelrecht verlaufen“, sagte Brücher gönnerhaft an Bekker gewendet. Dennoch schwang ein klein wenig Erleichterung in seiner Stimme mit.

      „Gott sei Dank“, sagte Bekker mit deutlicher Emphase, sodass der andere die Stirn runzelte.

      „Kennen sie den Patienten, Herr Bekker?“

      „Ja, Herr Professor.“ Bekker war fast euphorisch. „Es ist mein bester Freund, noch aus alten Tagen. Wir sind bereits zusammen in die Schule gegangen. Eine Mordssportskanone, und jetzt so etwas. Jedenfalls vielen Dank!“ Am liebsten wäre er dem alten Kotzbrocken um den Hals gefallen, so froh war er. Der jungen Frau, die in seinem Zimmer wartete und die bestimmt auf glühenden Kohlen saß, würde er sofort die gute Nachricht übermitteln.

      „Aha, Ihr Freund“, wieder dieses Gönnerhafte, „dann hab’ ich ja noch mal Glück gehabt. Mit dem Bekker-Clan will ich mich nicht anlegen. Also dann“, und an seine Mitarbeiter gewandt, „bitte noch mal das OP-Feld auf das Sorgfältigste prüfen, bevor Sie die Deckung machen. Ist der Knochendeckel da, Martha?“ Die Frage galt der instrumentierenden OP-Schwester, die nur ergeben nickte.

      Natürlich war das ausgesägte Knochenteil wohlverwahrt. Vor einigen Jahren hätte man es erst in ein paar Wochen in einer zweiten Sitzung eingesetzt. Man fürchtete das Anschwellen des Gehirns als Folge des operativen Traumas, und dass es unter der starren Schädeldecke zu Quetschungen und Einklemmungen kommen könnte. Inzwischen wusste man aber, dass diese Schwellung durch die flüssigkeitsgefüllten Räume im Gehirn, die Ventrikel, kompensiert wurde, weshalb man den Schädel direkt verschloss und den Patienten so einen zweiten Eingriff ersparte.

      „Also, vielen Dank zusammen“, Brücher hatte seine Eintragungen in das OP-Buch im Vorraum gemacht und war noch einmal kurz hereingekommen.

      „Herr Bekker, wenn Sie die Leute so gut kennen, sprechen Sie vielleicht mit der Ehefrau. In ein paar Tagen ist ihr Mann wieder wie neu. Keine Kopfschmerzen mehr.“

      Bekker ging in den Vorraum zum Telefon und wählte die Nummer seines Dienstzimmers.

      „Ja?“ Eine zaghafte Stimme.

      „Ich bin’s, Peter“, sagte Bekker, „mit Jürgen ist alles okay. Es hat lediglich ein bißchen geblutet, das kann vorkommen. Ich denke, dass wir in etwa dreißig Minuten mit ihm aus dem OP fahren. Er bleibt allerdings über Nacht beatmet. Man hat dann alles besser unter Kontrolle. Du kannst ihn nachher kurz sehen, ich ruf Dich noch mal an. Wir gehen dann zusammen auf die Intensivstation. Bleib solange am besten noch in meinem Zimmer. Also, stay cool, baby. Ich muss weitermachen, Bussi, bis gleich.“ Er hängte ein.

       8. Kapitel Städtisches Klinikum

      „Guten Morgen, meine Damen und Herren.“ Bekker war ausnahmsweise einige Minuten zu spät. Es war drei Minuten nach sieben Uhr früh, und seine Mitarbeiter saßen vollzählig um den großen Besprechungstisch oder auf den kleinen Sofas, die an den Wänden des schlichten großen Raumes aufgestellt waren. Neben der Tür stand ein Kaffeeautomat, ein kleines Dankeschön Bekkers an seine Mitarbeiter. Einige hatten Tassen mit frischem Kaffee vor sich stehen. Bis vor ein paar Wochen stand auf seinem Platz immer eine fertig zubereitete Tasse Milchkaffee mit viel Zucker. Zur Zeit plagte ihn jedoch eine hartnäckige Gastritis, weshalb er den Kaffeekonsum vollkommen eingestellt hatte. Bekker blickte in die Runde.

      „Na, wo ist der Held von Bahnsteig zwölf?“ fragte er aufgekratzt und sah dabei seinen türkischen Oberarzt Ahmet Ünal an. In seinem Blick war jedoch kein Spott. Natürlich kannten alle die Geschichte längst, wenn auch nicht im Detail, und Ünal war es offenbar peinlich, wegen einer Sache, die er selbst für eine Lappalie hielt, so herausgestellt zu werden. Jedenfalls wurde er rot, wodurch sich sein ohnehin tiefbrauner Teint weiter verdunkelte.

      „Das war nun wirklich nichts Besonderes, Chef. Ich habe lediglich erste Hilfe geleistet, weil gerade kein anderer da war.“ Er schwieg und wollte es offensichtlich damit bewenden lassen, aber die Mitarbeiter drängten ihn zu erzählen, was genau passiert war. Ünal druckste herum, schließlich tat er ihnen den Gefallen.

      „Na ja, wie gesagt, für einen Anästhesisten war das alles nichts Dramatisches. Wie ich gestern Nachmittag vom Anästhesie-Kongress aus Nürnberg zurückkomme und gerade das Abteil verlasse ist da ein Menschenauflauf. Ich konnte erkennen, dass sie alle um jemanden herumstanden, der am Boden lag. Alle schienen zu gaffen aber keine Hilfe zu leisten. Hab’ mich dann durch die Leute durch geschubst. Auf dem Boden lag diese Frau, hochschwanger, das sah ein Blinder mit Krückstock, und ich hab’ mich sofort zu ihr hingekniet. Sie lag in einer Wasserlache, und zuerst dachte ich, sie hätte, na ja, gepinkelt“, er wurde rot, weil ihm kein anderes Wort einfiel, „kommt ja vor in so einer Situation. Aber dann war klar, dass die Fruchtblase geplatzt war und sie heftige Wehen hatte. Sie war blass und schweißüberströmt, und es ging ihr in diesem Moment wirklich nicht besonders gut. Allerdings war der Puls kräftig. Ich hab’ dann, so gut das ging bei dem Lärm, mit dem Ohr auf ihrem Bauch nach kindlichen Herztönen gesucht und da war auch etwas, nur so schnell und gar nicht synchronisiert, deshalb dachte ich, das könnten Zwillinge sein. Die Wehen hatten zu dem Zeitpunkt etwas nachgelassen, aber sie hat aus der Scheide geblutet. Ich hab’ gebetet, dass sie ihre Kinder nicht hier auf dem Bahnsteig bekommt, und habe vor allem versucht, sie zu beruhigen.“ Gemurmel.

      „Ist ja ganz neu, dass Du junge Frauen beruhigst. Ich dachte, Du bist mehr für die Aufregung zuständig“, kam eine spöttische Stimme aus dem Hintergrund. Sabine Maurer,

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