Herzbrecher. K.P. Hand

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Herzbrecher - K.P. Hand

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entlang, nur alle paar Meter wurde er von einer Straßenlaterne beleuchtet. Unter seinen federleichten Schritten patschte es nass, weil der Gehsteig vom Regen mit einem stetig fließenden Wasserfilm überzogen war.

      Er spazierte eine Weile rauchend durch die Nacht, bis er in einer Wohngegend ankam. Ein Einfamilienhaus reihte sich an das andere, gepflegte Vorgärten mit akribisch kurz gehaltenen Hecken und Gräsern, angelegte Blumenbeete, saubere Kieswege. Idyllisches Familienleben. So, wie er es sich stets erträumt hatte. Für sich als Kind, für sich als Erwachsenen.

      Aber nie ist etwas daraus geworden. Dafür stand seine Vergangenheit zu sehr in der Gegenwart, er konnte sie nicht loslassen, obwohl er es über ein Jahrzehnt versucht hatte.

      Ohne Erfolg.

      Als er Matti auserwählt hatte, sollte es nur ein kurzer Unterbrecher seines Ruhestandes gewesen sein. Eine letzte Erlösung für einen Jungen, von dessen Schicksal er durch einen Zufall erfahren hatte. Er hatte es nicht aus dem Kopf bekommen. Tage, Wochen, Monate hatte er nachts kein Auge zugetan. Solange Matti das durchmachen musste, was er durchgemacht hatte, konnte und wollte er keine Ruhe finden.

      Aber nun, nachdem er spürte, wie befreiend seine Tat gewesen war, sogleich er sich auch für das schämte, was er selbst dem Jungen angetan hatte, musste er es wieder tun.

      Während er die Straße entlang spazierte, drang aus einem Haus das Summen einer jungen Mutter, die ein quengelndes Baby in den Schlaf wiegte.

      Er blieb kurz stehen, schloss die Augen und lauschte.

      Er mochte den Klang von Frauenstimmen eigentlich nicht, sie machten ihm Angst und gleichzeitig wurde er wütend.

      Er hasste Frauen, jedoch nicht unbedingt alle. Wenn sie, wie diese junge Mutter, summten, breitete sich in ihm eine fast kindliche Ruhe aus. Vielleicht, weil sie sanft waren, geradezu liebevoll, ganz anders als er Frauen kennengelernt hatte.

      Seine Mutter war nie liebevoll gewesen, nicht einmal dann, wenn sie ... zu ihm kam.

      Oft hatte er überlegt, alle nachlässigen Mütter einfach mit dem Tode zu bestrafen. Doch was würde das bringen? Sie hätten dadurch ihre Lektion nicht gelernt.

      Nein, er musste die Kinder erlösen, um den Müttern das Herz zu brechen, sofern sie denn eins besaßen. Sie mussten spüren, was sie getan haben. Ein Leben lang sollten sie in Schuld baden.

      Diese Frauen hatten die Gnade des Todes nicht verdient.

      Das Weinen eines Mädchens ließ die junge Mutter verstummen.

      »Ich komme gleich, Schatz«, hörte er sie rufen. »Leg dich schon mal hin, dann komme ich und lese dir noch eine Geschichte vor.«

      Geschichten vorlesen, seufzte er innerlich, als er wieder seinen Weg aufnahm. Ja, auch er hatte Matti noch eine Geschichte vorgelesen.

      »Keine Angst, Matti«, hatte er ihm zugeflüstert, während der Junge weinend und verängstigt vor ihm gekauert hatte. »Komm her, ich will dir nichts Böses«, hatte er versichert und den Jungen dann sanft in den Arm genommen, wie es ein Vater getan hätte. »Ich lese dir etwas vor, Matti, das beruhigt dich sicher.«

      Es hatte ihn beruhigt, er hatte Vertrauen gefasst.

      Keine Minute später war er erlöst. Ohne Angst, ohne eine Ahnung. Er war ganz friedlich in seinen Armen gestorben.

      Noch am Ende der Straße konnte er aus dem Haus das Kreischen des Mädchens vernehmen, das zickig auf die Anwesenheit der Mutter bestand.

      Es erinnerte ihn daran, dass er überlegt hatte, ob er einmal ein Mädchen erlösen sollte. Doch diese Vorstellung widerte ihn an.

      Mädchen, Frauen, völlig egal, das weibliche Geschlecht hatte nicht solche Erlösung verdient.

      Dementsprechend brauchte er nicht mehr länger zu überlegen. Er wusste, welcher Junge der nächste sein musste, nun, da Nicci außerhalb seiner Reichweite war.

      Er trat seine Kippe aus, die er bis zum Filter geraucht hatte, und bog am Ende der Straße nach rechts in die Dumont-Straße.

      Mit seiner nächsten Erlösung tat er zweimal Gutes. Zum einen befreite er eine gequälte Seele, zum anderen bewies er damit Niccis Unschuld.

      Er fühlte sich doppelt gut, als er sich auf den Weg zu seinem nächsten Opfer machte.

      ***

      Verdammter Mist!

      Beinahe wäre alles wieder im Lot gewesen. Beinahe hätte Norman es geschafft. Beinahe hätte er ein Stück seines Lebens wieder in die richtige Fuge gefügt ... Hätte sein verfluchtes Telefon nicht geklingelt!

      Warum hatte er es nicht auf stumm gestellt? Er wusste doch genau, dass er ihn anrufen würde.

      Doch Norman konnte nur auf sich selbst wütend sein, er hatte alles verbockt, wegen ihm war alles so kompliziert.

      Und warum?

      Weil er es nicht ertrug, allein zu sein.

      Früher, vor Alessandro, war eine Beziehung undenkbar gewesen, egal welcher Art. Ob fester Freund, Lebenspartner oder auch nur eine längere Affäre.

      Doch nach Alessandro war es anders, weil Norman es nicht ertrug, in einem leeren Bett zu schlafen. Er hatte einen Lückenbüßer, und dieser verdrängte Alessandro – den Mann, den Norman eigentlich neben sich liegen haben wollte.

      Für Unbeteiligte wäre es sicher einfach gewesen: Schick den einen in die Wüste und kämpf um den, dem dein Herz gehört. Doch bevor Norman sich nicht sicher war, das er Alessandro wieder zurückgewinnen konnte, wollte er den anderen nicht kränken. Sex, Nähe und die Arbeit, waren im Moment Normans wichtigste Anker. Auf Kosten von den Gefühlen der beiden anderen Männer, das wusste Norman, und es tat ihm auch leid, für beide.

      Er war ein Arschloch, ein Egoist, das ließ sich nicht ändern.

      Alessandro wusste das, hatte es immer gewusst und es akzeptiert, sie waren miteinander ausgekommen. Doch dann hatte Norman alles kaputt gemacht.

      Das Schlimmste daran war, dass er wirklich nicht wusste, wie er das wieder gut machen konnte.

      Norman ging die Treppe hinauf bis zum obersten Stock und schloss seine Wohnung auf. Das Licht brannte bereits, als er eintrat. Er streifte Schuhe und Mantel ab, legte den Schlüssel in die Schale neben der Tür und ging in die Küche, als wäre nichts gewesen.

      Das konnte er gut. Im Heucheln war er ein Meister.

      »Hey«, sagte Norman, als er in die Küche trat.

      »Als ich vorhin fragte, ob wir gehen, meinte ich eigentlich: zusammen«, sagte Jan im vorwurfsvollen Ton.

      »Tut mir leid, ich musste noch tanken und war kurz am Geldautomat. Kontoauszüge prüfen«, erklärte Norman und legte besagte Auszüge zusammen mit der Quittung von der Tankstelle, wo er seinen Wagen vollgetankt und sich einen Schokoriegel gekauft hatte, auf den Tresen, sodass Jan alles sehen konnte.

      Jan, der auf einem Hocker am Tresen saß, verschränkte die Arme vor der Brust. »Das hat ziemlich lange gedauert.«

      Darauf

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