Die Kiste Gottes. Stefan Gämperle

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Die Kiste Gottes - Stefan Gämperle

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      „Aber dann lassen sie dich nur mitspielen, weil ich es ihnen befohlen habe und dann sind alle unzufrieden.“

      „Das ist mir egal! Ich will nicht alleine spielen!“ Simone begann wieder zu schluchzen. Das war ihre Masche. Wenn sie etwas erreichen wollte, begann sie immer zu weinen. Da es beim Vater wirkte, versuchte sie es auch bei ihrer Mutter.

      „Simone, es nützt nichts, wenn du wieder zu weinen beginnst. Wenn du mit den anderen spielen möchtest, dann musst du das alleine mit ihnen ausmachen. Ich werde sie nicht zwingen, dich mitspielen zu lassen. Du und Julia, ihr lasst Marco auch nicht immer mitspielen.“

      „Du sollst ihnen sagen, dass sie mich mitspielen lassen müssen!“, sagte Simone. Sie zwang sich wieder zu weinen.

      „Simone, hör auf zu weinen. Du weisst genau, wo du dich ausweinen kannst. Dies ist kein Grund zum Weinen.“

      „Mami, bitte!“, brachte sie unter Tränen hervor.

      „Ich habe nein gesagt!“

      Simone riss sich los und rannte weinend in ihr Zimmer. Die Tür flog mit einem lauten Knall ins Schloss und das Heulen drang nur noch gedämpft zu Jessica hinüber. Bald würde das Weinen in ein Schluchzen übergehen, um danach ganz zu verstummen.

      Jessica schaute auf den Wecker. Acht Uhr. Normalerweise konnte sie an einem Samstag nicht solange schlafen, wenn die Kinder bei ihr waren. Sie fühlte sich noch immer müde. Es kam ihr vor, als habe sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Mehrere Male war sie erwacht und konnte immer nur mit Mühe wieder einschlafen.

      Sie streckte sich und die Decke glitt von ihr herunter. Die Kühle im Zimmer liess sie erschaudern. Sie widerstand der Versuchung sich noch einmal in die warme Decke zu kuscheln. Schnell stieg sie aus dem Bett, zog Trainingshosen und ein Pullover über. Auf dem Weg zur Küche horchte sie an Simones Tür. Simone sang leise vor sich hin. Aus Marcos Zimmer hörte sie etwas, was sich anhörte wie ein Ritter- und Prinzessinenspiel.

      Als sie in der Küche die Kaffeemaschine eingeschaltet hatte, schlurfte sie ins Wohnzimmer und nahm den schnurlosen Apparat aus der Ladestation. Sie wählte die Nummer ihres Vaters. Während es klingelte, ging sie zurück in die Küche und liess die Kaffeemaschine spülen, leerte das Spülwasser aus und drückte auf den Knopf für den extrastarken Frühstückskaffee. Die Maschine begann lautstark die Bohnen zu mahlen. Am andern Ende der Telefonleitung meldete sich erneut der Anrufbeantworter. Ungläubig hörte Jessica die Bandansage. Sie schaute auf die Küchenuhr. Es war nun viertel nach Acht. Unmöglich, dass ihr Vater so lange schlief. Selbst mit einem Jetlag. Für gewöhnlich stand er immer um Sieben auf. Er hielt es für Verschwendung, wenn man länger schief.

      Was war nur los?

      Jessica fühlte wie das Unbehagen wieder in ihr aufstieg. Sie nahm die Kaffeetasse von der Maschine und trank langsam. Sie musste sich dazu zwingen, ruhig zu bleiben. Was könnte passiert sein, fragte sie sich. Sie ging alle Möglichkeiten durch, die ihr einfielen. Doch mehr als gestern Abend fielen ihr nicht ein. Obwohl sie davon ausging, dass ihr Vater sie angerufen hätte, wenn er das Flugzeug verpasst hätte, entschloss sie sich bei der Fluggesellschaft anzurufen.

      Sie ging mit dem Kaffee ins Büro und startete den Computer. Während dieser hochfuhr und sie sich danach mit dem Internet verband, wählte sie nochmals die Nummer ihres Vaters - wieder meldete sich nur der Anrufbeantworter. Auf der Webseite der Fluggesellschaft fand sie eine Kontaktnummer. Die Frau am anderen Ende der Leitung wollte ihr allerdings keine Informationen über die Passagiere geben, die auf dem Flug an Bord gewesen waren. Sie erklärte lediglich, dass der Flug von Los Angeles nach Zürich gestern planmässig verlaufen sei. Die Dame von der Fluggesellschaft schaute noch nach, ob auch der Flug von Hawaii nach Los Angeles laut Plan abgelaufen sei. Aber auch dieser Flug war ordnungsgemäss verkehrt. Jessica bedankte sich und legte auf.

      Sie suchte die Nummer des Hotels in Hawaii, die ihr Vater ihr vor der Abreise gegeben hatte. Der Zettel hing noch immer am Kühlschrank neben den Zeichnungen ihrer Kinder. Beim wählen der langen Nummer vertippte sie sich zwei Mal, beim dritten Versuch klappte es. Die Rezeption meldete sich und der Mann erklärte ihr, dass Mister Oberhofer am Donnerstagmorgen ausgecheckt habe. Die Frage, ob er ein Taxi zum Flughafen genommen habe, konnte er Jessica nicht beantworten, da er zu dieser Zeit keinen Dienst gehabt habe.

      Es schien, als sei bei der Rückreise alles planmässig verlaufen. Anders hatte sie es eigentlich nicht erwartet. Sie setzte sich an den Küchentisch, der wie der Rest der Küche in hellem Holz gearbeitet war. Die Küche bot viel Platz zum Arbeiten und Essen. Jessica sass gerne in dem hellen Raum und las die Zeitung, doch im Moment war ihr nicht nachlesen. Sie ging nochmals durch was geschehen sein könnte.

      Die Kinder rissen sie aus ihren Gedanken. Sie gestattete ihnen fernzusehen, damit sie weiter nachdenken konnte.

      Was konnte sie jetzt noch unternehmen? Sie kam zur Einsicht, dass sie im Moment nichts weitermachen konnte, ausser abzuwarten. Die Zeit reichte nicht aus, um mit den Kindern nach Sumiswald zu fahren und nachzuschauen, ob ihr Vater zu Hause angekommen war. Also entschloss sie erst einmal duschen zu gehen und am Nachmittag zum Hause ihres Vaters zu fahren, wenn ihr Ex-Ehemann die Kinder abgeholt hatte.

      Nach der Dusche fühlte sich Jessica fit. Sie stand nackt im Badezimmer und genoss die Kühle, die ihr nach der warmen Dusche wie ein sanftes Streicheln über die Haut kroch. Mit einem Tuch wischte sie den Dampf vom grossen Spiegel über dem Waschbecken, der von drei Spots beleuchtet wurde. Sie betrachtete ihr Gesicht. Die ersten Falten zeichneten sich um die Augen ab, aber das störte sie nicht. Sie fand, dass sie trotz ihrer Sechsunddreissig Jahre noch immer attraktiv aussah. Ihr schwarzes Haar glänzte noch immer ohne graue Strähnen darin und ihre blauen Augen strahlten Lebensfreude aus - trotz der kleinen Falten. Die Haut spannte sich noch immer straff über ihr schmales Gesicht mit den hohen Wangenknochen.

      Sie hatte gerade den Föhn eingeschaltet, als es an der Haustür klingelte. Die Kinder rannten kreischend zur Tür. Alle wollten die Tür öffnen und taten dies auch lautstark kund. Jessica warf sich ihren Morgenmantel um ihren schlanken Körper, kämmte sich die Haare in den Nacken und band sie mit einem Gummiband zusammen.

      „Opa! Opa! “ hörte sie die Kinder im Flur rufen.

      Jessica war verwirrt und erleichtert zugleich. Warum besuchte sie ihr Vater so früh am Morgen und ohne sie vorher anzurufen? Aber glücklicherweise schien bei ihm alles in Ordnung zu sein. Sie beeilte sich und hastete in den langen Flur.

      „Es ist Opa“, rief ihr Marco entgegen und machte sich wieder auf den Weg zum Fernseher. Die beiden Mädchen folgten ihm und bestätigten ihr nochmals, dass es Opa sei.

      „Hallo Papi, was machst denn du hier? Und wie siehst du denn aus?“, fragte Jessica, die ihren Vater verwundert musterte.

      Er sah schmutzig aus. Die kurzen, grauen Haare standen in allen Richtungen vom Kopf ab, Bartstoppeln sprossen und unter den braunen, listigen Augen hatten sich Ringe gebildet. Über der schwarzen Jeans spannte sich ein graues Sweatshirt über den immer grösser werdenden Bauch. Ein dunkler Mantel hing ihm offen über die Schultern und die Füsse streckten in den roten Nike–Turnschuhen. Das entsprach nicht seinem üblichen Erscheinungsbild. So hatte sie ihren Vater noch niemals ausserhalb seiner eigenen vier Wände gesehen. Er legte stets grossen Wert auf ein gepflegtes Auftreten. Etwas, das sie von ihm übernommen hatte.

      „Hallo mein Schatz, entschuldige bitte mein Aussehen, und dass ich unangemeldet hier auftauche, aber ich wusste sonst nicht wohin.“ Sie umarmten sich in der Tür.

      „Das macht doch nichts, komm rein. Du siehst aus, als ob du einen Kaffee vertragen könntest.“

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