Alte Männer - böser Traum. Linda Große

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Alte Männer - böser Traum - Linda Große

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liebe Bilder. Als ich noch nicht verheiratet war, bin ich oft in die Nationalgalerie gegangen.“

      „Okay, Sie haben den Job!“

      So hatte es damals angefangen. Wie schnell die Jahre vergangen sind, dachte Marlies. Und es sind jetzt auch schon fast zehn Jahre, seit sie ihrem Sohn die Galerie überlassen hat. Sie kehrte mit dem Kaffee nach vorne in die Galerie zurück. Cordula Nehberg saß bereits auf dem Besuchersofa neben Nehbergs ausladendem Schreibtisch. Marlies füllte die beiden Tassen und setzte sich in einen der Sessel.

      „Sie waren so lange nicht hier. Bleiben sie bis zu Nikkis Vernissage?“, fragte sie Cordula Nehberg.

      „Glauben sie es lohnt sich?“, erwiderte sie und erinnerte Marlies dadurch daran, dass ihre langen Reisen mittlerweile dem Zweck dienten, den Niedergang meines Lebenswerkes nicht ansehen zu müssen, wie sie es formulierte.

      „Unbedingt. Sie haben seine Arbeiten noch nicht gesehen? Nicht mal Fotos?“

      „Ehrlich gesagt, ich hatte Angst, den letzten Rest von Hoffnung endgültig zu verlieren!“

      Sie lachte unbekümmert und schlug die Beine übereinander.

      „Und was jetzt hier hängt, reißt mich auch nicht gerade vom Hocker. Aber mich interessiert im Moment ganz was anderes, Frau Wittke. Was macht Volkers Liebesleben? Immer noch keine ernsthafte Kandidatin in Sicht? Er wird übermorgen Zweiundvierzig. Und ich wollte vor meinem Tod noch mit meinen Enkelkindern spielen! In der Hinsicht bin ich sehr altmodisch!“

      Marlies reagierte erschrocken über soviel Offenheit:

      „Sie sind noch lange nicht so alt, um an den Tod zu denken, Frau Nehberg!“

      „Na ja, nächstes Jahr werde ich Fünfundsechzig und gehe damit stark auf die Siebzig zu. Unter solchen Umständen sollte man doch wohl an Enkelkinder denken dürfen!“

      „Sie wissen doch, dass man Ihnen ihr Alter überhaupt nicht ansieht!“, beschwichtigte Marlies sie erleichtert, ihre aufkeimende Vermutung, Cordula könne an einer unheilbaren, tödlichen Krankheit leiden, sofort wieder aufgebend.

      „Ist er noch mit dieser kleinen Balletttänzerin zusammen?“

      Marlies Wittke schüttelte den Kopf. „Das war nur eine kurze Episode. Seit der Geschichte mit der persischen Künstlerin damals hat er nichts wirklich Ernsthaftes mehr gehabt.“

      „Ja, Fafa. Sie wäre eine gute Galeristin geworden. Mittelmäßige Künstler geben oft gute Galeristen ab. Schade, dass es mit den beiden nicht funktioniert hat.“

      „Sie sehen sich noch immer ab und an. Komischerweise kommt sie aber kaum noch zu den Vernissagen.“

      „Kein Wunder. Volker hat seither mit jeder Malerin geschlafen, die er ausgestellt hat!“

      „Nur mit der letzten nicht, die war schon belegt.“

      Sie mussten beide lachen über die Doppeldeutigkeit der Formulierung. Und Marlies dachte, Cordula entgeht wirklich nichts. Wie hat sie das trotz Abwesenheit mitbekommen? Diese schnell wechselnden Affären ihres Sohnes?

      „Und sie meinen, ich soll mir diesen jungen Maler mal ansehen?“, wechselte Cordula Nehberg jetzt das Thema erneut. „Wo hat er denn sein Atelier?“

      Sie schrieb sich Adresse und Telefonnummer in ihr winziges, ledernes Adressbuch.

      „Volker kommt erst morgen zurück. Theoretisch könnte ich das heute noch erledigen. Ich will nicht, dass er davon erfährt, Frau Wittke. Jedenfalls nicht vor der Ausstellung.“

      „Rufen sie doch gleich mal an bei Nikki. Oder soll ich das für sie tun?“

      Marlies wartete geduldig auf eine Antwort. Ihre Gesprächspartnerin tat sich überraschend schwer mit der endgültigen Entscheidung. Schließlich stimmte sie mit einem zögerlichen Kopfnicken zu. Ihre übliche lockere Souveränität war für einen Moment vollkommen verschwunden.

      Marlies griff zum Telefon und wählte die Nummer. Sie musste eine ziemliche Weile warten bis sich der Maler meldete. Wie erwartet reagierte er ziemlich brummig, da sie ihn beim Arbeiten gestört hatte. Sie trug ihm Cordulas Anliegen vor und vereinbarte einen Termin für den frühen Abend.

      „Er malt zur Zeit Tag und Nacht“, erklärte sie. „Er sagt, sie können sich im Atelier umsehen, aber viel Zeit zum Reden hat er nicht.“

      „Die Ausstellungseröffnung ist in fünf Wochen, da muss er sich ranhalten. Er arbeitet doch mit Öl auf Leinwand, oder? Ich hoffe nicht, er gehört zu der Sorte von Malern, die ihre Bilder mit dem Haarfön trocken pusten!“

      Überrascht von soviel Sarkasmus wechselte Marlies jetzt ihrerseits das Thema. Sie fragte nach Wien, der Stadt, in der Cordula nun schon seit anderthalb Jahren lebte. Wie üblich in einem Hotel. Zweimal im Jahr, Frühjahr und Spätsommer kam sie, um die Garderobe auszutauschen. Seit Volker die Galerie führte, zog sie Jahr für Jahr in eine andere europäische Großstadt, wohnte ausschließlich in Hotels. Ihre Garderobe und einige private Erinnerungsstücke bewahrte sie im ehemaligen Dienstmädchenzimmer ihrer großen Altbauwohnung nahe dem Charlottenburger Schloss auf. Auch die Wohnung hatte sie ihrem Sohn überlassen.

      „In Wien sind die Nächte schon sehr kalt. Man spürt bereits den herannahenden Winter. Da kann man abends schon einen Pelzmantel gebrauchen.“

      „Warum ziehen sie nicht nach Rom weiter?“

      „Die Österreicher sind so herrlich charmant. In meinem Alter weiß man das zu schätzen!“

      Mit einer manierierten Geste strich sie über ihre Haare. Plötzlich kicherte sie wie ein Teenager und Marlies Bewunderung für diese Frau fand erneut volle Bestätigung. Cordula wirkte nicht älter als ihr Sohn, sie artikulierte und bewegte sich ganz selbstverständlich so wie eine junge Frau.

      „Warum haben sie nie wieder geheiratet, sie müssen doch eine Menge Verehrer haben?“

      Es war ihr ziemlich peinlich, mit so einer privaten Frage herausgeplatzt zu sein. Das eintönig plätschernde Geräusch des Regens auf der Fensterscheibe, der Duft des Kaffees und nicht zuletzt Cordulas amüsiertes Gekicher schafften eine entspannte Atmosphäre. Wie zwei Freundinnen beim gemeinsamen Tratsch. Doch Cordula Nehberg reagierte keinesfalls distanziert. Sie ging bereitwillig auf Marlies Frage ein.

      „Eben weil es schön ist, Verehrer zu haben. Aber einen Mann zu finden, der einen auch noch nach der Heirat verehrt, das ist das Kunststück. Und wie sie sich erinnern, war mein Mann ein glatter Fehlgriff. Und dabei hielt ich ihn vor unserer Hochzeit für meinen Märchenprinzen! Man sollte aus Fehlern klüger werden. Verehrer zu haben bedeutet, sich die Männer auf komfortable Weise vom Leibe zu halten!“

      Dies war eine Form der Philosophie, die Marlies nicht ganz nachvollziehen konnte. Dafür war sie ihrem Mann zu dankbar, dass er ihr verziehen hatte, ein so krankes Kind geboren zu haben, während er sich auf einen ‘Stammhalter‘ freute. Doch ihre Bewunderung für Cordula Nehberg beinhaltete nicht den leisesten Hauch von Neid. Das machte die beiden so unterschiedlichen Frauen zu so guten Gesprächspartnerinnen. Dass Cordula dies als eine Form der Freundschaft bewertete, wusste Marlies nicht und es hätte sie zutiefst überrascht.

      Конец

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