Alte Männer - böser Traum. Linda Große

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Alte Männer - böser Traum - Linda Große

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Lilo ihre Ausführungen, die Simon mit zustimmendem Nicken begleitet hatte.

      An dieser Stelle der Erzählung wollte Antoine dann sehen, wie Simon Klavier spielt. Der machte seine Pantomime ganz toll, plötzlich saß Antoine neben ihm auf dem Sofa und sie ‘spielten‘ vierhändig. Da konnte auch Lilo, hin und her gerissen zwischen Unmut und Stolz über ihren unmöglichen, aber außergewöhnlichen Ehemann nicht anders, sie schunkelte auf ihrem Sessel hin und her, dass die Federn quietschten. Das war die Stelle an der Clea ihren Lachkrampf bekam, der nächste war Antoine. Zuerst imitierte er Cleas Lachen nur, doch dann kicherte er plötzlich wie ein pubertierender Teenager bis er nach Luft schnappen musste. Lilo war zwar etwas irritiert über soviel Lustigkeit, entschloss sich aber schließlich, großzügig darüber hinwegzusehen.

      Als sie sich beruhigt hatten, brachte Simon seine Geschichte zu Ende. Nach seiner Freilassung ging er also zum Kommandanten. Der saß mit den Piloten beim Essen in der Offiziersmesse. Die Ordonanzen wollten Simon nicht vorlassen. Doch die Piloten erkannten ihn, erklärten dem Kommandanten die Situation und der Arrest wurde gelöscht. Ansonsten wäre er aktenkundig geworden. Keine Beförderung in nächster Zeit hätte das für Simon bedeutet.

      Dass ihr Vater als junger Mann derart ehrgeizig war, hatte Clea doch ziemlich überrascht. Oder war es lediglich ein starker Überlebenswille, der ihn damals derart zielstrebig handeln ließ? Ihre Grübelei wurde durch Lilos Rückkehr abgewürgt. Kaspar schlurfte mit hängendem Kopf gemächlich hinter ihr her. Irgendwie vorwurfsvoll, dachte Clea amüsiert. Der Spaziergang war ihm wohl entschieden zu lang gewesen! Der Hund trottete zu seinem leeren Futternapf, blieb reglos davor stehen und wartete.

      „Kaspar hat großen Durst, nicht wahr? Mami gibt dir was zu trinken“, säuselte Lilo mitfühlend. Sie nahm den Napf vom Boden hoch, ging zur Spüle und füllte ihn bis zum Rand mit Wasser. Kaspar zeigte keinerlei Regung bis zu dem Moment, als Lilo seine Wasserration vor ihm abstellte. Prompt aus seiner Erstarrung erwachend lieferte er eine filmreife Show, als wolle er vom Disney-Team entdeckt werden. Clea konnte sich jedes Mal wieder köstlich darüber amüsieren. Der Hund schaufelte mit seiner Zunge das Wasser derart schnell ins Maul, das die Tropfen nur so herumspritzten. Binnen kurzem schwamm der Fußboden um ihn herum. Die Ohren schlackerten im gleichen schnellen Takt wie seine Zunge und ihm Nu war die feuchte Portion im und um den Hund verteilt. Augenblicklich nahm er wieder seine regungslose Anfangsposition ein. Lilo bückte sich nach dem Napf, füllte ihn erneut und Kaspars Show lief ein zweites und ein drittes Mal ab.

      „Du meine Güte“, staunte Clea, „der arme Hund ist ja total dehydriert gewesen.“

      „Ist ziemlich schwül und er ist im Park seiner Freundin hinterher gejagt.“

      „Hast du Lust auf einen Kaffee? Simon holt sein Mittagsschläfchen nach.“

      „Ausnahmsweise, zur Feier des Tages. Eigentlich ist es schon etwas spät dafür“, erwiderte Lilo. „Dieser Antoine ist wirklich ein reizender junger Mann!“

      Kapitel 16

      „Ein Mann muss seine Pflicht erfüllen!“, setzte Heinrich seine Ansprache fort. Plastrothmanns aufkeimender Ärger zeigte sich in einer ungeduldigen Handbewegung, mit der er über seinen frisch geschorenen Schädel fuhr. Heinrich entging das nicht. Er unterbrach seine Standpauke, mit der er Plastrothmann nun schon den ganzen Abend zusetzte, ohne ihm eine Gelegenheit einzuräumen, seinen Standpunkt zu äußern. Missbilligend fixierte er den kahlrasierten Kopf und erklärte unverblümt:

      „Und mit diesem kindischen Trotz muss auch endlich Schluss sein. Du bist jetzt vierzig Jahre alt! Also leg dir endlich einen Haarschnitt zu, wie es sich für einen verantwortungsbewussten Mann geziemt. Du hattest wahrhaftig genug Zeit, dir die Hörner abzustoßen“, nahm er sein Thema wieder auf. „Die Vorsehung hat dich auserkoren und du solltest dich endlich deiner Verantwortung stellen. Die Partei braucht dringend einen Mann mit Führungsqualitäten. Wir sind der Erfüllung unserer Vision so nahe wie nie. Die Geschichte hat den Beweis erbracht! Wir haben zwei Weltkriege verloren, aber wir sind nicht die Verlierer. Es war ein Pyrrhussieg für unsere Gegner! Der Kommunismus existiert nicht mehr und der Kapitalismus folgt ihm unaufhaltsam in den Abgrund. Wir schienen damals besiegt, doch unsere Feinde besiegen sich selber während wir stärker sind denn je zuvor! Stärker! Entschlossener! Mit dem Willen, endgültig zu siegen! Wir brauchen ein starkes geeintes Europa. Gegen die amerikanischen Juden, gegen das jüdische Weltkapital. Die Geschichte braucht Männer mit Mut und Entschlossenheit. Nimm endlich deinen vorgesehenen Platz ein! Du bist ein Teil von uns!“

      „Das Taxi wartet“, unterbrach Henriette Heinrichs Ausführungen mit unbewegtem Gesichtsausdruck. Sie blieb stocksteif in der offenen Tür stehen.

      „Ja, ja, er kommt gleich“, sagte Heinrich mit einer verärgerten Handbewegung in ihre Richtung. Plastrothmann erhob sich aus seinem Sessel, gab seinem alten Mentor wortlos die Hand und wollte den Raum verlassen. Mit scharfer Stimme hielt Heinrich ihn zurück, befahl Henriette den Raum zu verlassen und die Tür zu schließen.

      „Konrad ist einverstanden. Er wird am Sonntag um 17 Uhr mit Gertrud zum Tee kommen. Ich bestehe nicht nur auf deinem Erscheinen sondern setze deine uneingeschränkte Kooperation voraus! Krieger hat dich sonst in der Hand. Wir müssen handeln!“

      Plastrothmann versteckte seine Wut hinter einer knappen Verbeugung, die Heinrich als Zustimmung wertete. Es war einer der Taxifahrer, der ihn und sein Ziel kannte. So ließ er sich wortlos auf den Rücksitz sinken und versuchte den angestauten Unmut durch äußerliche Ruhe in den Griff zu bekommen. Er konnte sich nicht erinnern, schon jemals solchem Gefühlsansturm ausgesetzt gewesen zu sein. Tatsächlich fühlte er sich wie die buchstäbliche Maus in der Falle, wie das von der Schlange hypnotisierte Kaninchen. Seine schöne heile Welt, sein ruhiges Leben schien sich in Nichts aufzulösen. Heinrich forderte den Preis für seine Zuneigung, sein Protektorat.

      Plastrothmann war stocksauer, egal wer ihm durch die Geschichte mit Ronald ein Bein stellen wollte, Heinrich nutzte K.’s Ambitionen schamlos aus, um ihn unter Druck zu setzen. Endlich in die Partei eintreten, Gertrud heiraten und die Träume des alten Mannes, in ihm fortzuleben, weiter zu wirken über den Tod hinaus, erfüllen. Heinrich, die graue Eminenz, der Fadenzieher, der Macher, wollte durch ihn die geistige Unsterblichkeit erlangen.

      „Halten Sie an“, forderte er den Taxifahrer auf, „ich gehe den Rest zu Fuß!“

      Die kühle Nachtluft wirkte für einen Moment erfrischend. Gertrud, dachte er mit einem Anflug von Zynismus. Eine gute Wahl. Nein, die richtige Wahl. Sechsunddreißig Jahre alt. Der Vater, in zweiter Ehe verheiratet. General der NVA. Er und Heinrich kennen sich von der Wehrmacht. Heinrich stammt aus dem Westen, hat nach dem Krieg Geschäfte in der amerikanischen Zone gemacht. Gertruds Vater stammt aus einer alten Offiziersfamilie in Brandenburg, setzte seine Karriere in der NVA nahtlos fort. Der Fall der Mauer hat die beiden alten Kameraden wieder zusammengebracht, zusammengeschweißt. Zwei alte Männer, die nicht aufhören, vom Endsieg zu träumen. Und ich bin ihr auserwähltes Werkzeug. Heinrich sitzt wie eine Spinne im Netz. Dirigiert alles. Und ich soll sein Nachfolger werden. Dabei ist K. der geeignetere Mann! Meinen Segen hat er! Und Gertrud würde auch viel besser zu ihm passen. Diese kühle, drahtige Blondine. Herrisch und dumm. Nur fällt ihre Dummheit kaum ins Gewicht. Sie hat ein geradezu phänomenales Gedächtnis. Es bereitet ihr daher keinerlei Mühe, nachtragend zu sein. Mir als Ehefrau offeriert zu werden, verschafft ihr sicher eine enorme Genugtuung!

      Fast wäre er an der Eingangstür zum ‘Chez Barbra‘ vorbeigelaufen. Er schüttelte den Kopf, als könne er dadurch die lästigen Gedanken vertreiben. Seit Jahren war er Stammgast in diesem Lokal. Freitags und samstags war er immer anwesend, wartete für gewöhnlich ein reservierter Tisch auf ihn. Er genoss diese Abende, soff jedes Mal

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