Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

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Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

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hat.“ Helga erklärte dem Busfahrer, dass sie, wenn er an einer Kreuzung, oder an einem Kreisverkehr warten müsse, immer nach der Kreuzung, mit ihrem Auto warten würde. Er könne auf dem Münsterplatz parken, dort wären Parkplätze für Omnibusse. Helga sagte: „Rosanna und Louis, es würde mich freuen, wenn ihr mit mir fahren würdet, dann muss ich nicht alleine fahren und wir könnten uns noch ein wenig unterhalten.“ Sie fragte unsere Lehrerin, ob sie es erlauben würde, dass sie ihr bis Straßburg zwei Kinder entführe. Esther Kofer hatte natürlich nichts dagegen. Von Polstheim bis Straßburg waren es nur 20 km, weil wir dem Bus den Weg zeigten, benötigten wir etwa 30 Minuten. Ingrid wollte mir ihr Auto ein wenig erklären, ich sagte: „Unsere Lehrerin hat das gleiche Auto.“ Ingrid fragte: „Wie kann sich in Deutschland eine Lehrerin ein Auto leisten.“ Ich sagte: „Ich glaube sie ist reich, denn sie hat uns die Busfahrt nach Straßburg bezahlt. Sie hat Verwandte in Amerika und das Wichtigste, sie ist die tollste und netteste Lehrerin der Welt. Rosanna und ich gehen nach den Ferien ins Gymnasium. Leider können wir unsere Lehrerin nicht mitnehmen. Helga, ich möchte mich mit dir eigentlich nicht über unsere Lehrerin unterhalten. Es interessiert mich, wie es dir in Frankreich geht. Du hast einen sehr netten Mann, eine süße Tochter und lebst in einer netten Familie. Geht es dir gut?“ Rosanna fragte: „Tante Helga, sie sind so nett und sympathisch, warum haben sie uns im Kindergarten so fürchterlich verhauen, manchmal sogar, ohne dass wir etwas dafür konnten und einmal, das weiß ich genau, haben sie Louis gehauen und behauptet, er hätte einen roten Kreidestrich an die Wand gemalt?“ Helga antwortete: „Liebe Rosanna, ihr wart sehr nette Kinder, ich hatte euch richtig lieb, ich weiß bis heute nicht, warum ich Kinder manchmal gerne geschlagen und fast gequält habe. Als ich verheiratet und schwanger war, hatte ich Angst vor mir und dachte, ich könnte vielleicht später Kind schlagen. Ich habe einen Psychiater, das ist ein Arzt für seelische Krankheiten, in Lyon gefragt, weit weg von hier, damit es keiner erfährt. Glücklicherweise meinte er, ich müsse mir keine Sorgen machen, er glaubt, ich wäre sicher nicht ernsthaft gefährdet. Rosanna, du weißt wahrscheinlich inzwischen, wie schön es ist, wenn man mit jemand schmusen kann und jemand lieb hat. Mein Psychiater glaubt, dass ich mich, obwohl ich einen sehr netten Mann habe, immer ein wenig zu Kindern hingezogen fühle. Man nennt solche Menschen, die es sowohl bei Frauen, wie bei Männern gibt, pädophil. Das sind Erwachsene, die gerne mit Kindern sexuelle Handlungen begehen. Mein Psychiater sagte, ich müsste euch unbedingt erzählen, dass ihr an der Situation unschuldig wart. Ihr konntet nichts dafür. Natürlich hat Schwester Irmgard meine Situation erst ermöglicht, denn durch sie hat uns Kindergärtnerinnen zu Bestrafungen hingeführt. Es fing damit an, dass sich Kinder zur Bestrafung ausziehen mussten. Bei mir war dies wie ein Schalter der angeknipst wurde. Als ich das erste Mal einem Mädchen sagte, es soll sich ausziehen und ich die kleine Regina über den Sessel legte und ihr den nackten Po versohlte, bekam ich ein so unglaubliches Gefühl, das mich fast süchtig machte. Ich genoss es, Kinder zu verhauen. Den Kreidestrich an der Wand habe ich gemacht und mit meinen roten Kreidehänden Louis Hände mit dem Kreidestaub gerötet, um ihn zu verhauen. Als du Louis dein Kätzchen gezeigt hast, war es für mich reizvoll, euer Leiden zu sehen, es gefiel mir, dass ihr euch nackt betrachten musstet und euch geniert habt. Nochmals, ganz wichtig, es lag nicht an euch, sondern an meiner Abnormität. Heute würde ich solche Situationen vermeiden. Ich bin keine Kindergärtnerin, sondern Bäuerin und das bin ich sehr gerne. Ich spüre, wenn ich viele, nette Kinder, wie heute sehe, dass ich mich immer noch gegen eigenartige Gefühle wehren muss, aber ich weißes und werde nie wieder Kinder quälen. Liebe Rosanna, ich kann dir trotzdem deine Frage nicht beantworten, denn ich weiß nicht, was ich damals hatte. Es würde mich sehr freuen, wenn ihr mir verzeihen könntet und euch an mich so erinnert, wie ich jetzt bin. Jetzt habe ich euch Beiden alles erzählt, was ich über mich weiß. Ich wollte euch in meinem Auto mitnehmen, damit ich euch um Verzeihung bitten kann. Sag, Louis isch d’ Linde dei Freundin? Oder warum hasch du so guckt, als sie meim Ma en Kuss gebe hat. I han fascht denkt du wärsch eifersüchtig.“ Rosa sagte: „Tante Helga ich verzeihe ihnen, on wenn dr Louis eifersüchtig uf d’ Linde wäre, no dät ihm des recht geschähe, weil er viele pussiert.“ Helga sagte: „Rosanna sag du zu mir on sag mir nomal, dass du mir verzeihsch.“ Rosanna sagte: „Ich verzeihe dir auf jeden Fall und du bist, wie ich schon sagte, so eine herzliche Frau, dass ich dich sicher mit meinen Eltern in Polstheim besuche.“ Ich sagte ebenfalls: „Helga, ich habe dir schon lange verziehen und nachdem du uns jetzt alles erzählt hast, ist es auch nicht mehr so schlimm, denn ich habe mich wirklich manchmal schuldig gefühlt. Es ist schön, mit dir zu reden und du warst schon immer sehr hübsch, aber du bist noch schöner geworden, deshalb möchte ich dich, bevor wir aussteigen, nochmal umarmen.“ Ingrid küsste Rosanna und mich, sie roch unverändert, wie damals. Wir stiegen auf dem Münsterplatz in Straßburg aus. Damals gab es noch kein Parkplatzproblem. Esther fragte: „Helga, bitte zeig uns Straßburg und erzähle uns über diese schöne Stadt.“ Helga sagte: „Es gibt in Straßburg viel zu sehen und zu erzählen, deshalb sag mir, wann wir zum Essen wollen, denn bei deinen vielen Schülern müssen wir reservieren, dann zeige ich euch gerne unsere Stadt.“ Wir hatten vier Stunden Zeit bis zum Abendessen. Während wir das Münster besichtigten suchte Helga ein Restaurant für uns, das ein Nebenzimmer hatte, in dem wir Essen konnten. Helga fragte: „Wenn euch die schöne Stadt interessiert, müsst ihr gut zu Fuß sein. Das Elsass hat immer wieder seine Grenze gewechselt. Es war mal Deutsch und mal Französisch. Es ist jedoch völlig klar, nachdem Hitler Frankreich überfallen hat, wird Elsass nie mehr deutsch.“ Esther und Helga erzählten uns gemeinsam die Straßburger Geschichte. Helga sagte: „Ihr Kinder aus meinem Dorf könnt natürlich alle du zu mir sagen, für die, die es noch nicht wissen, ich heiße Helga.“ -Als ich später Asterix und Obelix ansah, erinnerte ich mich daran, dass Straßburg eine gallische Siedlung war.- Unser Busfahrer war begeistert von beiden Frauen, er sagte: „Heute habe ich viel gelernt und kann, wenn ich mit Vereinen oder Reisegruppen Straßburg besuche, viel erzählen. Leider hatte ich nie eine Lehrerin, die mir lebensnahe Geschichten erzählte. Kann ich mit Reisegruppen die hübsche Besenwirtschaft in Polstheim besuchen? Ich würde natürlich vorher anrufen.“ Helga sagte: „Wenn sie vorher anrufen, können wir gerne 40 Leute bewirten, auch wenn kein schönes Wetter ist.“ Helga nahm einige bedruckte Zettel aus ihrer Handtasche, gab sie dem Fahrer und sagte: „Sie können ihrem Chef auch welche geben.“ Wir gingen am Rhein entlang und sahen die wunderschönen Fachwerkhäuser von Petite France und den Pont Couverts an, dann das berühmte Maison des Tanneurs, die Grand’ Rue, den Place Gutenberg und den Place Kleber. Für uns war Straßburg die schönste Stadt. Unsere Städte kannten wir nur mit Trümmern und Ruinen, Bombennächte hatten sie zerstört. Ich sagte: „Helga, du wohnst in einem sehr schönen Land und hast in der Nähe von Polstheim eine so wunderschöne Stadt. Du bist beneidenswert.“ Helga sagte: „Franzosen haben mich nie angefeindet, obwohl viele wissen, dass ich Deutsche bin, sind alle sehr nett zu mir.“ Als Esther sich mit einigen Frauen unterhielt und französisch sprach, war Helga überrascht und sagte: „Du faszinierst mich, du sprichst perfekt französisch, woher kannst du es?“ Esther sagte: „Ich sprach schon als Kind französisch.“

      Unsere Lehrerin sagte: „Meine liebste Schulklasse, bitte hört mir zu, ich habe einen Traum und wünsche mir, dass es in einigen Jahrzehnten, wenn eure Generation erwachsen ist und politisch Verantwortung trägt, in Europa keine Kriege und keine Feinde mehr gibt. Ich träume von einem friedlichen Europa und einem demokratischen europäischen Parlament. Dieses Parlament sollte in Straßburg sein. Dann würde diese schöne Stadt, die französisch und deutsch war, zu einer friedenstiftenden europäischen Stadt. Unsere Lehrerin hatte laut und eindringlich gesprochen. Helga sah sie an und sagte: „Mein Gott, Esther, ich bewundere dich. Wenn ich das meiner Familie erzähle, kommen auch mein Schwager und meine Schwägerin zu eurem Abschlussfest auf den Forchenmühl. Du bist eine faszinierende Lehrerin, hoffentlich wissen es deine Schüler.“ Rosanna, unsere Klassensprecherin sagte: „Helga, wir wissen es und erinnern uns das ganze Leben an unsere Lehrerin und an dich und diese schöne Stadt. -Niemand hätte in den 50er Jahren gedacht, dass es 1979 in Straßburg das Europaparlament und den europäischen Gerichtshof geben würde.- Unsere Lehrerin, die an der Grenze Geld gewechselt hatte, gab aus der Spende der Eltern, jedem ihrer Schulkinder einige französische Francs, damit wir uns ein Andenken an diesen Ausflug kaufen. Sie bat uns: „Kauft euch möglichst etwas, das euch zu Hause an Strasbourg erinnert.“ Als ich mir ein Püppchen mit der elsässischen Tracht kaufte, wurde

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