Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr страница 94

Автор:
Серия:
Издательство:
Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

Скачать книгу

meinen Mitschülern, warum ich dieses Püppchen gekauft hatte. Einige Mädchen und drei Jungs kauften sich ebenfalls ein solches Püppchen, danach hatte der Laden keine mehr. Ich war überrascht, denn ich konnte mit den Elsässern deutsch reden, sie verstanden mich, auch wenn sie einen andern Dialekt sprachen. Obwohl wir Schüler leicht als deutsche Kinder zu erkennen waren, weil jeder hörte, dass wir Deutsch sprachen, waren alle Franzosen freundlich zu uns. Wir hatten eine wunderschöne Stadt gesehen und uns müde gelaufen. Helga führte uns zum Essen in ein rustikales elsässisches Restaurant, das im Nebenzimmer Tische für uns reserviert hatte. Es hieß, wie ich in mein Tagebuch schrieb, „Le Casserole“. Die Tische waren eingedeckt und mit Blumen geschmückt. Unsere Lehrerin stand auf und sagte: „Bitte benehmt euch ordentlich, seid höflich zu den Kellnerinnen. Da die Speisekarte französisch ist, übersetze ich sie und lese sie euch vor. Ich weiß normalerweise was ihr gern esst, deshalb können wir uns jetzt beraten. Helga ist euch sicher ebenfalls gerne behilflich. Helga hatte sich zwischen mich und Rosanna gesetzt, gegenüber saß Linde. Ich setzte das elsässische Püppchen vor mich hin und betrachtete es. Helga sagte: „Es hat die gleiche Tracht, wie ich.“ Ich antwortete: „Helga, deshalb habe ich es gekauft, mein Püppchen wird mich immer an dich und den schönen Ausflug nach Frankreich erinnern.“ Ich nahm aus meinem Brotbeutel ein Päckchen, das ich Helga schenkte. Ich hatte ihr von meinem Wühlmausgeld eine Puppe mit Schwarzwälder Tracht und dem roten Bollenhut gekauft. Helga war gerührt, ihre Augen wurden feucht. Sie lächelte und sagte: „Ich habe in meinem Schlafzimmer auch ein Püppchen aus Deutschland mit einer Lederhose und einem braunen Hemd, das mich an dich erinnert, jetzt hat dieses Püppchen eine Frau. Louis ich danke dir, du bist ein Schatz.“ Sie sagte: „Linde, jetzt muss ich deinen Louis so küssen, wie du meinen Mann, aber du musst nicht eifersüchtig werden.“ Linde lachte und sagte: „Ha gel, des hasch du au gmerkt, dass dr’ Louis komisch guckt hat, als i deim Ma en Kuss gebe han. Des hat mi gfreit, weil er immer nit verschteh kann, warum mer eifersüchtig wird, dr’ Louis sagt er gehört nur sich on sonscht niemand.“ Helga lächelte und sage: „Des han i ihm a mol gsagt, on jetzt sagt ers.“ Helga küsste mich und lächelte immer noch. Linde sagte: „Jetzt weiß ich endlich was in dem Päckle isch, aus dem dr’ Louis heut scho den ganzen Tag a Geheimnis gmacht hat.“ Als Helga mich küsste, sagte ich flüsternd: „Ich habe eine eigenartige Bitte an dich.“ Helga lächelte und flüsterte zurück: „Wenn ich kann, erfülle ich sie dir.“ Ich antwortete: „Bitte, nimm das kleine Püppchen mit deiner elsässischen Tracht, lege es zwischen deine Beine und setze es nach dem Essen wieder unauffällig an den Platz, damit es so riecht, wie du.“ Helga lächelte, sah mich an und meinte: „Vielleicht weiß ich jetzt, dass wir beide eine Macke haben.“ Sie nahm mein Püppchen, betrachtete es und nahm es vom Tisch. Nach dem Hauptgericht saß mein Püppchen wieder vor meinem Teller und sah meinen Nachtisch an. Als die Speisekarte vorgelesen wurde, sagte Helga zu mir: „Louis, auch wenn du es nicht glaubst, Weinbergschnecken schmecken besonders gut, du solltest unbedingt elsässische Schnecken probieren.“ Ich wehrte mich dagegen, denn ich wollte keine Schnecken essen. Helga sagte leise zu mir: „Bitte iss sie, mir zuliebe, alle Kinder deiner Klasse werden staunen, wenn du sie isst. Solltest du sie nicht mögen, esse ich sie.“ Dieses Argument war für mich ausschlaggebend, deshalb bestellte ich sie als Vorspeise und war sehr gespannt. Frau Kofer gab uns einen Tipp, sie sagte: Es gibt im Elsass wunderbares Sauerkraut, es ist eine elsässische Spezialität, aber ich weiß dass viele Kinder Sauerkraut nicht gerne essen, deshalb schlage ich vor, dass wir für alle „Pot du feu“ als Hauptgericht essen. Es ist ein ausgezeichnetes Elsässisches Eintopfgericht, das sicher alle gerne essen. Sie schlug verschiedene Vorspeisen vor. Hier konnten wir uns auf keine einheitliche einigen. Viele wollten Salat. Ingrid machte eine Strichliste. Als ich ich Escargots a l’Alsacienne bestellte (ich ließ mir von Ingrid sagen, wie es ausgesprochen wird) lachte Frau Kofer, sah mich an und sagte: „Ich kann es kaum glauben, die ersten französischen Worte, Louis bestellt Elsässische Schnecken.“ Esther und Ingrid bestellten ebenfalls welche. Katharina traute sich und bestellte als Vorspeise auch sechs Schnecken mit geröstetem Weißbrot. Auf Empfehlung von Ingrid bestellten alle zum Nachtisch crème brûlée. Als meine sechs Schnecken in dem Häuschen auf einem Schneckenteller kamen, zeigte mir Helga, wie man sie mit einer sog. Schneckenzange festhielt und auf das geröstete Weißbrot kippte, oder auf das Löffelchen, das man als Besteck bekam. Rosa und Linde waren fasziniert. Weil alle mich ansahen, hätte ich die Schnecken in jedem Falle gegessen, auch wenn sie mir nicht geschmeckt hätten, ich war sehr erstaunt, sie schmeckten sehr gut. Ich sagte: „Helga, ich hätte nie gedacht, dass Schnecken so ausgezeichnet schmecken“. Rosanna fragte ob sie eine probieren dürfe. Ich wollte ihr eine geben, aber Ingrid war schneller. Rosanna verdrehte die Augen und sagte: „Köstlich!“ Sie bekam von Ingrid noch zwei auf geröstetem Weißbrot. Obwohl ich Linde überreden wollte, ebenfalls eine zu kosten, wollte sie absolut nicht und sagte: „Wenn ich die Dinger sehe, denke ich immer, wie sie schleimig durch unsere Salatblätter kriechen, dann kann ich so eine Schnecke nie essen.“ Das Hauptgericht war ebenfalls sehr gut. Von der crème brûllée waren alle begeistert. Ich sagte zu Ingrid: „Ich habe in meinem Leben noch nie so gut gegessen und ich danke dir, dass du mir Schnecken empfohlen hast.“ Als Frau Kofer die Rechnung verlangte, wollten der Fahrer und Helga ihr Essen bezahlen. Frau Kofer sagte, sie wären selbstverständlich eingeladen. Der Besitzer des Restaurants brachte die Rechnung und sprach zunächst mit Frau Kofer deutsch, als er bemerkte, dass unsere Lehrerin französisch sprach, unterhielt er sich mit ihr französisch. Der Wirt sagte zu uns in seinem elsässischen Dialekt: „Ich hoffe, dass unser Essen allen geschmeckt hat, ich habe mich sehr gefreut, dass eine Schulklasse aus Deutschland bei uns gegessen hat. Ich möchte euch gerne fotografieren und dieses Foto in meiner Gaststädte aufhängen, denn ihr seid die erste Schulklasse aus Deutschland, die mein Restaurant besucht und ihr seid eine außerordentlich nette Klasse.“ Ich wollte ihm auch etwas Nettes sagen und sagte: „Es tut mir sehr leid, dass ich kein Französisch kann, aber ich habe in ihrem Restaurant sehr gut gegessen.“ Meine Klasse klatschte Beifall und der Wirt sagte: „Ich schenke euch für die Rückfahrt ein Croissant.“ Wir bedankten uns artig und verabschiedeten uns. Als wir zum Bus kamen musste ich mich von Helga verabschieden. Sie sagte zu mir: „Es isch mir jetzt scheißegal, was Andre denket, aber bevor du gehsch, muss i die in Arm nehme.“ Es war mir zwar etwas peinlich wegen meinen Mitschülern, gleichzeitig genoss ich die Umarmung von Helga und atmete tief. Sie fragte ganz leise: „Magsch mi immer no so gern rieche?“ Ich sagte ebenso leise: „Immer und ewig“. Als ich zu meinem Platz im Bus ging boxte mich Erhard und sagte: „Louis, wenn du a Weib kennsch, musch du mit dere immer knutsche, oder wie isch des bei dir?“ Als ich mich neben Linde setzte, war sie sauer und sagte, du kannsch au glei wieder aussteige on mit der Helga fahre.“ Rosanna hatte es gehört und sagte: „Lindtraud, du bist ja lustig, du wirst doch auf Helga nicht eifersüchtig sein, die hat sich gefreut, dass sie uns wieder traf. Du hast doch gesehen, wie sie mich in ihre Arme genommen hat. Mensch Linde, lass dir doch den schöne Tag nicht verderben, nur weil Helga sich nett von Louis und mir verabschiedet hat.“ Lindtraud überlegte und meinte: „Rosa du hasch recht, es war heute wirklich ein schöner Tag und dr Louis war heute den ganzen Tag lieb zu mir, eigentlich bin ich glücklich, auch wegen Helgas Mann.“ Auf der Heimfahrt erzählte unsere Lehrerin über das Elsass und über Frankreich, sie hatte sich schräg auf den Sitz gesetzt hielt das Mikrofon in der Hand und schaute in den Bus mit ihren vielen glücklichen Schulkindern, die sie liebten und bewunderten. Rosa, unsere Klassensprecherin ging nach vorne und bat unsere Lehrerin um das Mikrofon und sagte: „Wir hatten heute wahrscheinlich den schönsten Tag unseres Lebens, wir werden uns an diesen Tag sicher noch in fünfzig Jahren erinnern. Wir haben die tollste Lehrerin, sie ließ uns diesen schönen Tag erleben. Ich breche kein Versprechen, denn wir sind unter uns. Ich freue mich besonders, dass unser letzter Ausflug gut ausgegangen ist und dass Alina ebenfalls den heutigen Tag mit uns erleben konnte. Für die Zeit, die wir mit unserer Lehrerin in der Schule und heute in Polstheim und Strasbourg erleben durften, möchte ich mich im Namen meiner Klasse bei unserer Lehrerin bedanken, denn sie hat uns die Fahrt ermöglicht und bezahlt. Ich möchte mich noch extra bei unserem netten Busfahrer bedanken. Es tut uns vier Schülern, die wir demnächst unsere Klasse verlassen sehr, sehr leid. Dann konnte sie nicht mehr sprechen, weil ihre Augen feucht wurden und ihre Stimme versagte. Alle klatschten Beifall und fast alle weinten mit ihr. Sogar der Busfahrer war gerührt. Er nahm das Mikrofon und sagte: „Es ist das erste Mal, dass sich eine so junge Schülerin bei mir, für

Скачать книгу