Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

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Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

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denkt nicht mehr an sein Zahn, der denkt gerade an dich.“ „Aber Rosanna“, sagte ihre Mutter, „was denkst du denn, ich glaube, dass sich jedes Kind vor einem Zahnarzt fürchtet, wenn es hört, dass man ihm einen bleibenden Zahn ziehen muss, der Louis ist ängstlich, der denkt an seinen Zahn.“ Sie drückte mich noch mal an sich und sagte: „Ich werde dabei sein, bitte glaube mir, es gibt gute Spritzen, es wird dir wirklich nicht weh tun.“ Ich bedankte mich bei Frau Friedrich und sagte: „Das Essen war ausgezeichnet¸ ich werde noch lange an die wunderbaren Fleischküchle denken.“ Rosa brachte mich zur Türe und sagte lachend: „Du denksch überhaupt nit an Fleischküchle, du denksch an mei Mutter.“ Ich sah Rosa an und sagte: „Du bisch deiner Mutter sehr ähnlich, du riechsch fascht wie sie, du hast auch so schöne schmale Hände. Wenn du dreißig wirsch, bisch du sicher auch die schönste Frau vom Dorf, oder vom Land, oder vielleicht von der ganze Welt.“ Rosa sah mich mit ihren blauen Augen fassungslos an. Als sie etwas sagen wollte, rannte ich nach Hause und erzählte meiner Mutter, was geschah und sagte: „Du darfst mit niemand darüber sprechen, unsere Klasse versprach, die Geschichte niemand zu erzählen, aber dich nehme ich von meinem Versprechen aus.“ Meine Mutter küsste mich und sagte: „Als ich sah, wie Alina heimkam, habe ich auf dich gewartet.“ Ich erklärte meiner Mutter, dass Alina von Gerda mit dem Auto nach Hause gebracht wurde und wir erst später vom Ochsenwirt mit dem Lastwagen zum Schulhof gebracht wurden. Am Dienstag übten wir in der Schule unser Theaterstück: „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephrahim Lessing. Da wir schon oft geprobt hatten, kannten alle ihre Rollen auswendig. Unsere Lehrerin hatte in das Stück mehr Figuren eingebaut, damit alle Kinder mitspielen konnten. Glücklicherweise musste ich keine Rollen lernen, denn ich durfte nach dem Theaterstück, meinen Sketch, eine Pantomime aufführen, die von einem Schneider handelt, den eine Fliege ärgerte. Bei unserem Theaterstück war unsere gewissenhafte Rosa die Souffleuse. Unsere Lehrerin sagte: „Das Stück von Lessing, ist gerade in unserer Kriegs- und Nachkriegsgeneration ein wichtiges Theater. Ihr seid für dieses Theaterstück möglicherweise noch zu jung.“ Ich glaube sie dachte an unsere Eltern. Da viel Text zu lernen war, hatte sie Personen mehrfach besetzt. Anfangs wurde Nathan von Klaus gespielt, in der Mitte von Ewald und später von Eckhard. Deshalb war fast jedes Kind eingebunden und musste keine langen Texte lernen. Da wir entsprechend geschminkt und gekleidet waren, erkannte man entsprechende Personen. Rosanna trug Verantwortung als Souffleuse. Meinen Schneider Sketch kannte nur unser Quartett und Frau Kofer. Ich hatte ihn vor der Klasse noch nie vorgeführt. Frau Kofer meinte, es würde ein Lacher und sollte nach unserem Theaterstück die Eltern aufheitern.

      Frau Kofer bat uns, morgen zu unserem Ausflug nach Frankreich ordentliche Kleidung anzuziehen. Sie sagte: „Sollte es Zwistigkeiten in der Klasse geben, so lasst diese bitte während unseres Ausflugs ruhen. Bitte seid pünktlich um halb neun im Schulhof und vergesst eure Vesper nicht.“ Ich freute mich so auf den Ausflug, dass ich kaum schlafen konnte. Morgens stand ich früh auf, als ich den Vorhang öffnete und zum Himmel schaute, bedankte ich mich beim lieben Gott, denn es sah so aus, als würde es ein schöner Tag. Meine Mutter weckte meine Geschwister und war überrascht, dass ich schon auf war. Meine Mutter hatte mir ein Hemd und neue Kniestrümpfe gekauft. Sie sagte, Franzosen sollen nicht denken, dass deutsche Kinder nicht gut angezogen wären. Mein neues beiges Hemd passte sehr gut zu meiner Hose. Ich zog meine hellbraunen Kniestrümpfe und die noch fast neuen Halbschuhe an, die mir meine Lehrerin vor Wochen schenkte, ich hatte sie frisch geputzt. Ich schaute in den Spiegel und war mit mir zufrieden. Ich überlegte und dachte, Rosanna hat recht, als sie sagte, dass ich, ohne Sommersprossen nett aussehen würde. Meine Schwester sagte zu mir: „Du bist eitler, als Mädchen, du schaust in jeden Spiegel.“ Meine Mutter gab mir den Brotbeutel und wollte Vesper einpacken. Ich sagte: „Mutter, Linde bringt mir Vesper mit, deshalb brauche ich nur die Feldflasche mit Wasser.“ Meine Schwester fragte: „Es ist fast peinlich, dass Lindtraud immer ihr Vesper mit dir teilt, ist es für dich schon selbstverständlich?“ Ich antwortete: „Dörte, weißt du, ich mag Linde und ich helfe ihr in den Ferien wieder beim Hüten der Kühe, wir hüten auch die Kühe vom Seiler. Man muss mit so vielen Kühen den ganzen Tag rennen und die vielen blöden Kühe kann Linde nicht alleine hüten.“ Danach packte ich meine Schleuder und die mit Wasser gefüllte Feldflasche in Brotbeutel und rannte zum Schulhof. Ich war früh dran und rannte zur Wohnung unserer Lehrerin, dort zog ich meine lange Hose an, die in ihrem Schrank hing. Als ich mich umgezogen hatte, waren zwei Kinder aus meiner Klasse da. Es war die dicke und große Alma, die den Spitznahmen „der Bollen“ hatte und nach den Ferien ins Gymnasium gehen würde. Der zweite war Eckhard Niep, der vom Chauffeur zur Schule gebracht wurde, auch er würde nach diesem Schuljahr ins Gymnasium gehen. Als nächstes kamen Rosanna und Reinhild. Rosanna hatte einen blauen Trägerrock aus Samt an und dazu eine dunkelrote Bluse. Sie hatte einen kleine Rucksack dabei und sagte: „Schau ich habe extra meine Schleuder mitgenommen, falls wir Gelegenheit haben, können wir wieder ein Wettschießen machen.“ Ich sagte zu Rosanna und Reinhild: „Ihr seid hübsch angezogen, die Franzosen werden staunen, was es für hübsche Mädels in Deutschland gibt.“ Rosanna gab das Kompliment zurück: „Du bist schon ein komischer Junge, weil du immer siehst, wie Menschen aussehen und was sie anhaben und dann redest darüber. War das, was du gestern zu mir sagtest, dein Ernst? Meine Mutter hat schon zu meinem Vater gesagt, er würde es nicht mal bemerken, wenn sie jeden Tag ein neues Kleid anhätte. Ich glaube, du würdest sogar sehen, wenn meine Mutter neue Ohrringe hätte. Aber du siehst heute auch nicht aus, als wärst du der Sohn einer armen Witwe und wenn du keine Sommersprossen hättest, würden sich französische Mädchen nach dir umdrehen. Wegen deiner Sommersprossen sieht dir jede Französin an, dass du immer überlegst, wem du einen Streich spielen könntest. Stell dir vor, du gefällst sogar meiner Mutter, sie hat mir heute Morgen gesagt, dass man dir ansehen würde, dass du ein Lausbub wärst, aber gerade deshalb würde sie dich gerne mögen, du wärst sehr höflich und wohlerzogen. Schau, sie hat mir für dich zwei Fleischküchle mitgegeben. Ich denke, dass ich es doch mal meinem Papa erzähle. Wenn meine Eltern wüssten, was du alles mit mir anstellst, würde meine Mutter nicht denken, dass du anständig wärst.“ Linde war gerade gekommen und hatte den letzten Sätz gehört. Wir lachten darüber. Ich sagte: „Rosa, wenn deine Eltern wüssten, was du schon mit Reinhild, Linde und mir angestellt hast, würden sie ihre Tochter kaum wiedererkennen.“ Reinhild lachte anhaltend und sagte: „Wenn alle Larenbucher wüssten, was wir vier erlebt und getan haben, könnten wir nicht mehr in unserem Dorf leben.“ Ich überlegte und sagte: „Du hast recht, dann müssten wir mit unserer Lehrerin nach Amerika gehen und es würde alles von vorne anfangen. Am Ende hätten wir die ganze Welt gesehen, und vielleicht ein Land gefunden, in dem alle Menschen so leben können, wie sie wollen, dort würde wir mit unserer Lehrerin bleiben.“ Linde lachte und sagte: „Ja glaubsch du denn, dass es ein Land geben würde, das es erlaubt, dass du mit unserer Lehrerin und uns drei Mädchen so leben könntest und denkst du denn, dass wir vielleicht später au gern no andere Männer hätten, oder meinst du vielleicht, du dätsch uns für immer reiche? Du musch dir au überlege, wie des mit dir isch, wenn du alt bisch, dann kannsch du doch nicht mehr mit uns drei Frauen und deiner Lehrerin schmusen. Denn dann geht es dir wie einem alten Gaul, dann steht dein Ding überhaupt nimmer. Wie heißt mer des, was alte Männer sin?“ Rosanna sagte: „Impotent.“ Ich war erstaunt, denn ich hatte keinen Vater, der mit mir so was besprach und fragte: „Rosa, wann wird man impotent?“ Linde meinte: „Wenn du weiterhin dei Munition so verschleudersch no kann des schnell gange, denn schau, wenn en Jäger keine Munition mehr hat, no kann er au kein Reh schieße, no isch des wie bei deiner Schleuder, wenn du keine Steine mehr hasch, dann kansch du au nimmer schieße“. Ich überlegte und sagte: „Dann muss ich Munition zu sparen.“ Reinhild sagte: „Des kannsch du doch nicht, denn wenn du d’ Lindtraud oder d’ Rosanna siesch, no schaltet dei Hirn aus.“ Wir waren so in unser Gespräch vertieft und bemerkten erst jetzt, dass alle unsere Schulkameraden da waren. Frau Kofer sagte: „Damit es kein Gedränge in den Bus gibt, werden wir uns genauso hinsetzen, wie in der Schule. Wenn jemand gerne den Platz tauschen möchte, kann er mit seinem Schulkameraden oder seiner Schulkameradin reden.“ Die Idee von Frau Kofer fand ich klasse, denn ursprünglich hätte ich ja Linde einen Platz freihalten müssen und wäre in Verlegenheit gekommen, wenn mich Katharina gefragt hätte. Jetzt hatten wir kein Problem, denn Frau Kofer hatte Linde mitgebracht. Ich sagte zu Linde: „Es freut mich, dass ich neben dir sitze. Du darfst ans Fenster sitzen, wenn ich rausschauen will, kann ich dich in meine Arme nehmen,

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