Mitternachtswende. Melanie Ruschmeyer

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Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer

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Hülle ablenken. Dabei tauchte sie in ihr Unterbewusstsein ein. Sie brauchte Gewissheit über den Zustand ihres zweiten Ichs.

      Sarah war ihrem Platz nicht gewichen. In mitten von Schwärze war ihr Abbild stets ein und das selbe. Sie weinte. Und dennoch bemerkte Carla wie sie kurz aufsah. Nie zuvor hatten ihre traurigen Augen sie angesehen. Nie schien Sarah ihr Abtasten zu bemerken, bis auf dieses Mal. Dicke Tränensäcke quollen hervor und wurden durch den geisterhaften Schemen mit dunkle Schatten gekennzeichnet. Sarahs Hand fasste in ihre Richtung. Fast wie ein Hilferuf, der allerdings ins Leere verlief. Sie war schwach. Wenn Carla so ihre mageren Rippen betrachtete, vielleicht sogar zu schwach!

      ››Hey, sprich mit mir! Was ist los?‹‹, schrie Josy sie an und riss sie aus er Trance, in die Carla unwissentlich gefallen war. Sie öffnete ihre Augen und war unbeschreiblich froh über den Eingriff, denn sie hatte bereits Angst bekommen, sich von diesem Abbild nicht mehr lösen zu können.

      Josy hatte ihre beiden Schultern fest umfasst und schüttelte sie noch immer durch. Verängstigt fixierte sie Carla und sagte: ››Red´ mit mir! Tu was, mach was... irgendwas!‹‹

      Behutsam nahm sie die Hände ihrer Freundin und zog sie von ihren Schultern. ››Es geht schon wieder.‹‹

      ››Langsam glaube ich, wir sollten einen Arzt konsultieren. Das wird immer häufiger.‹‹

      Josy wusste bei weitem nicht, wie häufig diese Anfälle waren. Wobei Carla sich bei dem Anblick von eben nun vollkommen sicher war, warum. Alle Anzeichen deuteten unwiderruflich darauf hin und es war mehr als schwer sich dies einzugestehen. Ihr Körper zerfiel. Er schien ihre Seele nur dann tragen zu können, wenn Sarah ihn führte und nicht sie. Die rechtmäßige Besitzerin der Hülle. Allmählich spürte sie den Zerfall in jeder Zelle, jedem Schritt und jedem Atemzug. Alles ging schwerer. Was war so anders an ihr? Warum war das Leben so grausam und gab ihr keine Chance? Musste sie wirklich zurück in ihr Gefängnis, oder gab es etwa kein Zurück mehr und der endgültige Tod war unumgänglich? Das durfte einfach nicht sein! Hatte sie doch jetzt erst wirklich ihr Leben zu schätzen gelernt. Zugegeben, Carla betrog ihre neue Freundin und das missfiel ihr auch, aber wie würde Josy die Wahrheit auffassen? Auch dieser Frage hatte sie sich die letzten Tage des öfteren gestellt. Denn sollte ihre Vermutung wirklich Bestand haben, wäre es da nicht richtig reinen Tisch zu machen?

      Sorge machte ihre Schultern schwer und sie wollte nur noch ihre Einkäufe einsammeln und auf ihr Zimmer gehen. Alleine glaubte sie eher mit diesem Gefühl umgehen zu können, als wenn jemand sie so am Boden zerstört sah.

      Sie wiederholte ihre Worte, um ihnen Festigkeit zu verleihen: ››Mir geht es gut, aber ich sollte mich vielleicht besser ausruhen. Ich nehme am besten gleich ein Bad.‹‹

      ››Eine gute Idee! Ich komme mit und helfe dir es vorzubereiten. Nicht das du noch einmal umkippst.‹‹

      Doch dies wollte Carla eigentlich nicht. Sie wollte sich ihren Fragen hingeben und versuchen ihr Gemüt alleine zu beschwichtigen. In diesem Moment empfand sie Josy als Last. Auch wenn sie es nur gut meinte, war diese Geste zu viel des Guten.

      Ein markerschütterndes Jaulen ließ sie versteifen. Grob und ruckartig drehte sich ihr Kopf in die Himmelsrichtung, aus der das Geräusch kam.

      Vom Wald her sah man nur noch die Staubwolke, die sich hinter den Vampirwölfen gebildet hatte. Die Bäume und Tannen, die sich im Hintergrund verbargen, waren nur Fassetten; kaum zu deuten. Die säbelzahntiegerartigen Wesen stampfte auf sie zu. Ihre Pranken gruben sich in das Unterholz und schleuderten es in hohen Wogen zurück.

      Carlas Mundwinkel drückten sich weit nach unten. Diese Tiere waren ihr nicht geheuer und auch nicht wohlgesonnen. Allerdings gerade jetzt die beste Ablenkung der Welt!

      ››Das ist lieb von dir, Josy‹‹, begann Carla und wollte ihr freundlich zu verstehen geben, dass sie alleine sein möchte. ››Aber ich würde doch gerne alleine sein. Kümmere du dich um deine Kleinen.‹‹

      Etliche Meter vom Carport entfernt kam die Meute aus massigen Körpern abrupt zum Stillstand. Der Laufwind drückte den Staub vor ihnen her wie einen Wüstensturm und der Duft von Tannennadeln und Holz erreichte Carla über die Luft. Die sieben Wölfe hatten die Welpen des Alphapaares schützend eingekesselt. In den letzten Wochen hatten sie einen enormen Wachstumsschub durchlebt und waren bereits halb so groß, wie ihre ausgewachsenen Artgenossen. Ihr Fell war dichter geworden und hatte das buschige Welpenfell abgelegt. Ihre Zähne hatten an Länge und Größe gewonnen.

      Stolz schaute Josy zu ihnen auf und lächelte. Auch wenn es nicht ihre Babys waren, kümmerte sie sich rührend um die Kleinen, das war selbst Carla nicht entgangen. Dann legte ihre Freundin jedoch ein besorgtes Gesicht auf und schaute wieder zu ihr hinunter. ››Bist du wirklich sicher? Ich mache mir sorgen!‹‹

      ››Es ist alles gut, glaub mir. Wahrscheinlich bringt mich nur der Seelenbiss etwas durcheinander‹‹, log Carla sie an und bereute es sofort.

      Carla ging gerade durch den Flur, stellte ihre Taschen ab und wollte den Mantel an die Garderobe hängen, als sie Stimmen aus dem Wohnzimmer vernahm. In diesem Augenblick war sie froh darüber, Josy überredet zu haben. Die Stimme kannte sie gut. Sie gehörte jemanden, vor dem Carla viel Respekt und Angst verspürte.

      Es war lediglich ein leises Gemurmel, welches sie auch trotz ihres guten Gehörs nicht so einfach verstehen konnte. Neugier war ein übermäßiges Laster, das sie mit Sarah teilte. Vermutlich, wenn Celest nicht so urplötzlich verschwunden wäre, hätte sie das Gespräch nicht einmal interessiert. So allerdings baute sich eine magische Anziehungskraft auf, die Carla zur Wohnzimmertür hinzog. Hastig zog sie ihre Sonnenbrille aus dem Gesicht, da sie diese zu Hause nicht mehr von Nöten war und ließ sie in die Manteltasche gleiten. Wie auf der Pirsch schlich sie sich an. Lugte dabei in jede Ecke und Nische, um sich zu vergewissern, dass niemand sie bemerkte.

      ››Also erst kurz vor Weihnachten?‹‹, hörte sie Celest resigniert fragen.

      Die Tür stand einen Spalt offen. Die Hausherrin blickte aus dem Fenster und stand mit dem Rücken zu Carla.

      ››Nein, dass muss reichen. Aber denke bitte daran, dass du viel Gepäck mitbringst‹‹, sagte sie in den Hörer und lachte kurz darauf. ››Ja, du hast recht. Wer könnte die Zeit besser einschätzen, als du.‹‹

      Zustimmend nickte sie und Carla fluchte innerlich, dass ihr der andere Gesprächspart verwehrt blieb.

      ››Meine Schwester freut sich sehr darauf, dich wiederzusehen. Wie du weißt, konnte sie mich ja leider nicht begleiten. Einer von uns beiden musste ja‹‹, verstohlen schaute sie hin und her, ››das Problem im Auge behalten.‹‹

      Tief schluckte Carla und verzog die Lippen, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Wovon redet die Frau? Stellte sie etwa in deren Augen ein Problem dar? War sie deshalb nicht eingeweiht worden, wohin Celest verschwunden war?

      Auf einmal wurde ihr mulmig und übel. Schwindel bohrte sich aufs Neue einen Weg und wollte sie auf den Boden ziehen, doch sie hielt sich lediglich die Hand vor den Mund. Blitzschnell und lautlos nahm sie die Treppen in ihr Badezimmer. Vergessen waren die Einkaufstaschen und ihre neu errungenen Schätze. Selbst die restlichen Worte interessierten sie nicht mehr, denn sie glaubte etwas erfahren zu haben, was die Angst wie pure Lava hoch brodeln ließ.

      Das Bad war schlicht, aber chic. Dennoch hatte Carla nie einen Nutzen in diesem Raum gesehen. Eine Badewanne und eine kleine Dusche, die sie nie benutzt hatte, weil sie das Wasser sowieso nicht erwärmen konnte, gehörten unweigerlich dazu. Ein Spiegel mit Becken davor, was sie ebenfalls

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