Mitternachtswende. Melanie Ruschmeyer

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Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer

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hinunter.

      Es dauerte nicht lange, da packte sie ein Schwindelgefühl. Wie eine Welle aus brachialer Gewalt verwischte es jegliche Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen. Vor den Augen begann sich alles zu drehen. Das Umfeld verschwamm zu bunten Tupfern und sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich am Treppengeländer abzufangen. Das Glas in ihrer Hand fiel zu Boden und brach klirrend in zwei Teile. Die letzten roten Blutstropfen bahnten sich ihren Weg auf den Fußboden.

      Unsanft landete sie mit dem Hintern auf der Treppenstufe und wiegte sich hin und her.

      ››I... Ich glaube... das Blut war ranzig‹‹, stotterte sie. Die Welt drehte sich. Carla fühlte sich wie in einer Achterbahn. Vor. Zurück. Hoch. Runter. Sie bekam nichts mehr zu fassen. Alles entglitt ihr. Das Gefühl in den Fingern war fort; förmlich taub.

      Josy beugte sich zu ihr hinunter, fasste nach ihrer Schulter. ››Alles in Ordnung? Geht es dir gut, Sarah? … Du wirkst noch blasser, als gewöhnlich.‹‹

      Sie konnte ihr nicht antworten, denn nun versagte auch ihre Stimme. Offen verharrte der Mund und entließ nur die Atemluft. Carla fühlte sich hilflos, denn sie schien nicht Herr über sich selbst zu sein. Jegliche Kontrolle rann ihr wie Wasser durch die Finger, das durfte nicht sein! Angst schlich sich in ihr Herz, dass Sarah diese Chance ausnutzen und sie verdrängen würde; vollkommen und unwiderruflich. Wild begann es zu schlagen und Adrenalin auszuschütten, der ihren Körper nur noch mehr durcheinander brachte.

      Ungestüm schlugen die Arme umher und forderte Josy auf ein paar Schritte zurück zu gehen.

      ››Ich brauch keine Hilfe!‹‹, brummte Carla und zog sich an dem Geländer hoch. Wie eine alte Frau, die nicht wahrhaben wollte, dass sie ihre Gehhilfe benötigte, krallte sie sich daran fest und schnaufte. Zitternd und verkrampft stand sie da. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie zu ihren wackeligen Beinen hinunter. Das war nicht sie. Ein stattlicher Vampir; standhaft, geschmeidig und stark. Konnte etwa dieser Körper ihre Seele, wenn sie vollends ans Tageslicht trat, nicht mehr tragen? War er nicht für sie gemacht?

      Plötzlich war alles verschwunden. Das Zittern verebbte und das Gefühl ihrer Extremitäten kam zurück. Fast wie, als wenn irgendjemand einen Schalter betätigt hätte und ihr das Leben wiedergab. Die Drohung aber blieb bestehen.

      Die Auseinandersetzung mit Marc war nebensächlich geworden. Nach diesem Geschehen wollte Carla nur noch auf ihr Zimmer.

      Ohne ein Wort ließ sie Josy und Li im Wohnzimmer stehen und rannte die Treppe hinauf. Als sie vor Marcs Zimmertür vorbei hechtete, war ihr selbst der Lärm gleich. Sie musste fort. In ihre vier Wände. Allein. In Sicherheit.

      Vor ihrem Spiegel und den Schminkutensilien versuchte sie ihr aufgebrachtes Gemüt zu beruhigen. Ich Herz raste und ließ die Brust hektisch auf und ab zucken. Sie wollte schluchzen, doch es ging nicht. Verängstigt hielt sie ihre zitternde Hand vor den Mund und starrte auf ihr Abbild. Dicke Schminke bedeckte ihr Gesicht und versuchte die Bässe zu verwischen. Der dunkle Lidschatten ließ sie krank und alt wirken. Das war nicht sie, eindeutig.

      Angst, ein Gefühl, welches sie in diesem Körper erst seit beginn ihrer Machtübernahme richtig zu spüren bekommen hatte. Oft hatte sie über Sarah und diese Empfindungen gelacht, doch nun verstand sie, was es bedeutete.

      Auch die Tränen, die sie des öfteren in Sarahs Gedanken gesehen hatte, waren ihr fremd gewesen. Nun allerdings wünschte auch Carla sich dieses Ablassventil. Die Trauer wollte ihren Körper zerfressen; in regelrecht auseinandernehmen.

      Und sie saß nur da und konnte nichts tun. Sie musste es ertragen. Langsam, ganz langsam, bemerkte sie, wie ihr Körper zerfiel. Er veränderte sich; war nicht mehr der Selbe.

      Ihre Hand rutschte vom Mund herunter und wurde vom Spiegelbild magisch angezogen. Carla zog die roten Lippen auf dem Abbild nach. Alles war zu viel. Die Maske aus Schminke wurde nicht nur brüchig, sie wirkte grotesk.

      Gedankenverloren, als wenn jemand anders sie steuerte, suchte sie nach den Abschminkprodukten.

      Als die Wattepads über ihr Gesicht wanderten und Schicht um Schicht daraus verbannten, wurde Carla klar, dass wohl auch sie verschwinden würde. Vielleicht hatte sie Glück und fand ihren alten Platz im Unterbewusstsein wieder, aber wahrscheinlicher war, dass dieser Körper sich dem Ende zuneigte. Sie hatte sich an eine Stelle gesetzt, die ihr nicht gebührte und der eigentliche Eigentümer hatte ihr den Rücken zugewandt.

      Auf einmal klopfte es an der Tür. Nur kurz und sehr leise, doch Carla schreckte hoch, als wäre der Teufel hinter ihr her. Den Wattepad an die Brust gedrückt, sah sie verängstigt zur Richtung des Geräusches.

      ››Darf ich eintreten?‹‹ Es war Josy, die eine sehr besorgte Stimme an den Tag legte. Einige Minuten dachte Carla über diese Frage nach und war sehr dankbar über die Zeit, die ihr gelassen wurde. Schließlich sackte sie auf ihrem Stuhl zusammen und sagte: ››Ja.‹‹

      Fast geräuschlos glitt die Tür auf und sie schlüpfte hindurch wie ein Schatten. Ihr Rücken lehnte an der Tür und sie biss sich verlegen auf die Unterlippe. Sie wagte nicht einmal den Blick vom Laminatboden abzuwenden.

      Niemand traute sich etwas zu sagen. Stille, die Carla förmlich verfluchte. Hatte sie doch gehofft, etwas von ihren Gefühlen abgelenkt zu werden und wurde nun teilweise enttäuscht.

      ››Geht es dir wieder besser?‹‹, brach Josy das Schweigen, schaute aber nicht auf.

      Carla nickte nur, was ihre Gegenüber wohl durch die Schallwellen prompt ortete. ››Das ist gut. Du siehst etwas angeschlagen aus.‹‹

      Wieder nickte Carla. Sie fand irgendwie keine Worte. Ihr Mund war so trocken, wie eine Wüste und schrie nach Flüssigkeit, doch von dieser hatte sie vorerst genug. Sie wollte erst wieder etwas trinken, wenn sie sichergehen konnte, dass es nicht ranzig war.

      ››Wir hatten keinen guten Start nach deiner Abwesenheit‹‹, sagte Josy und linste zu ihr hinüber, ››Das bedauere ich sehr. Du hast mir gefehlt und ich konnte damals nicht so recht glauben, was du getan und gesagt hast. Trotzdem denke ich, dass du deine Gründe gehabt haben musst.‹‹

      Ein Stirnrunzeln erfasste Carla und Josy begann zu lachen. ››Ja, du hörst richtig. Ich entschuldige mich. Kommt nicht sonderlich oft vor, aber ab und an... Mir fehlt die Freundin in dir. Ich wollte, dass du das weißt.‹‹

      Das waren die richtigen Worte gewesen, denn Carla fühlte sich danach mehr als schlecht. Sie wusste nur zu gut, dass sie nicht sie selbst meinte. Josy kannte Carla so gesehen nicht. Carla wollte hier niemand, alle wollten nur ihre geliebte Sarah. Traurig presste sie die Lippen aufeinander und betrachtete den Wattepad. Belagert mit dunklem Schwarz und braunem Make-up sah er befleckt und unrein aus. Wie ein Parasit, der die Reinheit zerfressen hatte. Genau wie sie...

      Josy sprach weiter. Carla nahm ihre Sätze zwar wahr, fühlte sich aber vor einem imaginären Abgrund. ››Ich kenne den Schmerz nur zu gut, der einen jeden Tag heimsucht, wenn man seinen Partner vermisst. Die Zeit bei den Maguire war die Hölle gewesen. Nicht nur, dass sie mich halb verhungern haben lassen, nein, meine Seele litt fürchterliche Qualen.‹‹ Josy sackte an der Tür herunter und setzte sich in den Schneidersitz. Die Distanz zwischen ihnen hielt sie wohl absichtlich ein. Sie schien Carla nicht bedrängen zu wollen. ››Was ich damit sagen will‹‹, verlegen kratzte sie sich am Kopf, ››Ich bin für dich da. Wenn du ihn siehst und glaubst durchzudrehen, bin ich da. Falls du der Meinung bist, nicht mehr einen Schritt vor den anderen machen zu können, bin ich auch da und...‹‹

      ››Ist

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