Mitternachtswende. Melanie Ruschmeyer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer

Скачать книгу

Sie interessierte sich nicht für die langweiligen Belange der Werwölfe, aber ein wenig für die des Halbwesens.

      Sie war im Zwiespalt mit diesem Mann. Damals, als sie noch nicht die Oberhand über diesen Körper errungen hatte, stellte er eine wichtige Rolle dar. Obgleich sie ihn für den Wolf in ihm verabscheute, so lebensnotwendig war er für sie gewesen. Dass sich ihre Wege nun nicht mehr kreuzten, empfand sie nicht als sonderlich schlimm. Aber da sie ihn sehr gut kannte, stellte sich Carla in diesen Augenblicken oft die Frage, was er dort tat.

      Sie hielt den Umschlag in die Sonne und erhaschte ein paar Worte, die durch das Licht hindurch schimmerten. Wirr und teilweise überlappend drückte sich das Geschriebene durch das Papier.

      Die Regung ließ nicht lange auf sich warten. Unter ihrer Brust rührte sich etwas. Ein Gefühl, wie die Berührung eines Geistes; seltsam kalt, unbekannt und beängstigend. Sarah war in diesen Momenten nah; zu nah! Sie schien in ihren Gedanken wie in einem Buch zu lesen. All die Worte, die Carla aufschnappte, bekam auch sie zu fassen.

      Nein! Carla durfte ihn nicht öffnen, auch wenn sie noch so neugierig war. Eine Unachtsamkeit ihrerseits und sie würde abermals eingesperrt sein. Gefangen in einem Körper, den sie nicht kontrollieren konnte und es nur hin und wieder durfte. Sie wollte nicht zurück ins Nichts... Wie ein Sträfling, der zu lange die Decke seiner Zelle begutachtet hatte, war es ihr zu viel geworden.

      In diesem Augenblick tat Carla ihre forsche Art auch schon wieder leid. War sie wirklich so unausstehlich, wie Josy behauptet hatte? Genaugenommen, wollte sie gemocht werden. Dennoch brauchte sie diese Maske, damit ihr keiner zu nahe kam. Wie sollte sie diese zwei Bedürfnisse nur überein bekommen? Geliebt werden und trotzdem alle auf Abstand halten? Ging das überhaupt?

      Schweren Herzens seufzte sie und betrachtete den Umschlag wehmütig.

      So leise, dass es niemand hören konnte, flüsterte sie: ››Verzeih mir, aber ich kann das nicht.‹‹ Dann riss sie das Papier in zwei. Die Geste war leblos und ihr Kopf fühlte sich so leer dabei an, dass sie den Fehler bereits in ihren Fingerspitzen als negatives Kribbeln fühlen konnte. Wieso war das Leben so schwer für sie? Auf der einen Seite so schön, frei und schwebend leicht, auf der anderen Seite, so besorgniserregend, schwer und zornig.

      Darauf musste sie erst einmal einen Schluck von ihrem Getränk nehmen. Gierig schüttete sie das Blut in einem Schwung herunter.

      So viel zu einem schönen, gemütlichen Tag auf der Liege, denn dieser war nicht nur von ihren Gedanken getrübt, sondern auch von ihrem Durst und den Drang die Vorratskammer aufzusuchen...

      ››Hey, wir haben nichts mehr zu trinken!‹‹ Grayson ging die Treppe zum Wohnzimmer herunter und blickte sich suchend um. ››Haben wir echt gar nichts mehr im Haus?‹‹

      Carla saß auf der Schaukel der Veranda und hatte nicht die Absicht sich zu dem farbigen Vampir umzudrehen. Sie war sich ihrer Schuld, mal wieder die letzte Blutkonserve genommen und nicht beim Lieferanten angerufen zu haben, bewusst. Ihre Sturheit hinderte die Blondine daran. Nach ihren Streitigkeiten mit Josy schaltete sie erst recht auf durchzug.

      In den letzten drei Monaten konnte sie an nichts anderes mehr denken, als an den Verzehr von Blut. Auch wenn sie es allmählich sehr seltsam fand, nahm sie es hin.

      Mit einem tiefen Atemzug saugte sie die salzhaltige Luft in sich hinein.

      Von hier konnte sie dem Schauspiel gut folgen, denn die Tür stand offen. Dadurch hörte sie Li die Kellertreppe herauf eilen.

      ››Das ist doch jetzt wohl nicht dein ernst?!‹‹, schrie er leicht wütend. ››Ich hab sie erst vor vier Tagen komplett auffüllen lassen! Ich dreh durch!‹‹

      Seine Augen bohrten sich in Carlas Rücken und sie verzog schmollend die Lippen. Ihre Schallwellen empfingen seine negativen Schwingungen und warfen sie auf sie zurück wie kleine Stromschläge.

      Wutentbrannt stampfte Li auf die Veranda und hielt ihr das Telefon hin. ››Wenn du schon säufst wie ein Loch, kannst du dich wenigstens dazu herablassen, selbst Nachschub zu ordern! Ich hab es satt immer erst anzurufen, wenn es schon zu spät ist. Du hast es doch mitbekommen, oder? Es brauch seine Zeit bis er uns beliefern kann. Wir sind schließlich nicht seine einzigen Kunden.‹‹

      Carla presste die Lippen aufeinander und zog das Kinn nach unten. Schmollend fixierte sie ihn und wagte nichts zu sagen.

      ››Lass gut sein, Li, ich mach das schon.‹‹ Celest kam den Flur entlang, gefolgt von ihrer Schwester. Es war nur ein kurzer Blick der beiden Frauen, den sie wechselten und man wusste, dass sie eine Konversation auf einer ganz anderen Ebene eingingen. Sie tauschten bloße Gedanken aus, die niemand sonst verstehen konnte.

      Grayson kratzte sich am Kopf und fühlte sich zusehends fehl am Platz.

      Li glaubte nicht, was er da hörte. Im Gegensatz zum farbigen Vampir macht er seiner Wut Luft. ››Wieso willst du das übernehmen?‹‹

      ››Sarah ist sehr zerrissen von ihren Gefühlen. Bitte sei nicht so unfreundlich zu ihr.‹‹

      Elest nickte zustimmend bei der Aussage ihrer Schwester und machte eine traurige Miene. Li jedoch war fassungslos, er schnaubte und setzte immer wieder neu an, etwas zu sagen. Doch dann wurde der Ausdruck in Celests Gesicht starr und fordernd, sie duldete keine Widerworte. Demonstrativ hielt sie ihm ihre Hand hin und wartete auf das Telefon.

      Der ehemalige Samurai wechselte fragend den Blick zwischen ihr, Carla und Gray. ››Es ist eine Sache, Schmerzen zu erleiden, doch dies dann arrogant und zickig an seinen Freunden auszulassen, eine ganz andere. Mir will nicht in den Sinn, warum ihr das unterstützt!?‹‹, sagte er und wandte sich dann Grayson zu, ››Komm, Gray, ich hab mich in Marcs Spielserver gehackt, lass ihn uns einmal so richtig abzocken.‹‹

      Das war wie Musik in Graysons Ohren und er grinste breit. ››Das klingt ganz nach meinem Geschmack!‹‹

      Das Telefon wanderte von Li zu Celest. Er drückte es ihr mit einer solchen Wucht in die Hand, dass ihr Arm die Kraft abfedern musste.

      Während die beiden Männer das Wohnzimmer verließen und er Gray freundschaftlich auf die Schulter schlug, warf die Hausherrin noch, ohne sich zu ihm umzudrehen, ein: ››Wir wollen morgen Weihnachtseinkäufe erledigen. Bitte sag Josephine Bescheid.‹‹

      Li linste über die Schulter und nickte nur, dann verschwand er mit Gray im Keller. Laut knallte die Tür in das Schloss.

      Indessen rief Celest beim Lieferanten an und ihre Schwester trat an das Fenster hinter der Verandaschaukel. Carlas Schallwellen ertasteten ihre Anwesenheit, doch sie schämte sich zu sehr, als dass sie sich bei ihr oder ihrer Schwester bedanken konnte. Warum traute sie sich nur nicht selbst bei dem Lieferanten anzurufen? Hatte sie Angst abgewiesen zu werden, oder war es wirklich nur ihre Sturheit, wie sie oftmals glaubte? Oder war es gar ihr Stolz, der ihr im Weg stand? Oder wollte sie etwa nicht wahrhaben, dass sie ein Loch war, wie es Li so nett umschrieben hatte?

      Stimmte etwas mit ihr nicht? Tranken die anderen wirklich weniger, als sie? Carla konnte sich das nicht vorstellen...

      Ein verschlucktes Wort

      Es war ein herrlicher Tag. Auch wenn der Wind kalt über das Land blies und die Menschen sich unter ihrer dicken Kleidung verstecken mussten, war der Anblick wunderschön.

      San

Скачать книгу