Mitternachtswende. Melanie Ruschmeyer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer страница 15

Автор:
Серия:
Издательство:
Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer

Скачать книгу

schon lange überschritten. Etliche Falten gruben sich in ihr Gesicht. Ihr schulterlanges Haar war grau und teilweise mit weißen Strähnen durchzogen. Die Unbekannte trug eine dunkle Rüschenbluse und einen dicken Wollrock, die so gar nicht zu den Gästehausschuhen passten.

      Carlas Reaktion auf ihr Äußeres schien sie nicht zu beirren. Wahrscheinlich war sie es bereits gewohnt.

      ››Wer bist du?‹‹ Carla hatte die Frage gestellt, ohne nachzudenken. Dabei wurde sie von so vielen anderen geplagt, doch nur diese fand den Weg nach draußen. Angst war in weite Ferne gerückt. Sehr oft trügt der Schein, dessen war sie sich bewusst. Nicht umsonst war sie ein Vampir, der sich ebenfalls hinter einer modelsgleichen Fassade versteckte. Doch konnte diese Frau wirklich jemanden etwas antun? Sie sah so friedlich aus; so ruhig und gelassen.

      Die alte Frau lächelte und antwortete: ››Ich heiße Sally und du bist die Sarah, oder Herzchen?‹‹ Der Unterton, der durch das Wort oder hallte, missfiel Carla gewaltig. Es traf sie wie ein Stich mitten ins Herz.

      ››Wo sind die anderen?‹‹, fragte sie ohne ihr eine Antwort auf die Frage zu geben.

      Wie als wollte Sally ablenken und etwas Zeit schinden, faltete sie ihre Hände mit Bedacht und Dauer. ››Ich habe sie auf ihre Zimmer geschickt. Lediglich Josy erledigt etwas für mich.‹‹

      Böswillig erwiderte Carla ihren Blick. Die Aura dieser Person war so undurchdringlich, dass sie sie nicht einzuschätzen wusste. Die Gefühle versuchten sie zu entzweien; ihr Angst vorzugaukeln, obwohl sie diese vor einer alten, zerbrechlichen Frau nicht haben sollte. Aber warum gebührte Sally uneingeschränkter Gehorsam? ››Wieso sollte die Hausherrin dir gehorchen?‹‹

      Sally lachte. ››Gehorchen? Mir? Nein, nein, Herzchen. Ich habe sie gebeten, weil ich mit dir alleine sein wollte.‹‹

      ››Also ist es wahr, man will mich loswerden‹‹, knurrte Carla und war prompt wieder auf der Hut.

      Sally schüttelte nur den Kopf. ››Wie kommst du denn darauf? Ganz im Gegenteil, man möchte dir helfen. Man sagte mir, dass es dir in letzter Zeit nicht gut geht und vielleicht kann ich deine Beschwerden lindern.‹‹

      Ein drohendes Knurren verließ Carlas Kehle und sie drückte sich an die Rückenlehne des Sofas. Distanz schaffen war momentan ihr oberstes Ziel. Die Gedanken zu ordnen, ihr zweites, allerdings wollten die sich nicht bezwingen lassen. Fetzen aus Worten und Sätzen zischten durch ihren Verstand. Gute Absichten, böse Absichten. Eine Verwirrung von Gefühlen, die nach ihr lechzten und vor denen Carla viel mehr Angst hatte, als vor allem anderen. Denn wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wusste sie, dass sie diese nicht zu bewältigen wusste. Ihre zweite Seite konnte dies. Sarah war nicht nur besser darin, sie war einmal ein Mensch gewesen. Ein menschliches Wesen, welches noch viel mehr mit diesen Empfindungen gesteuert wurde, als ein Vampir. Carla jedoch kannte nur die tierische Seite; die Seite des Raubtiers! Und es war eben dieser Instinkt, der sie wachsam werden ließ. Konnte der Feind stärker sein, als sie selbst?

      ››Ich habe bereits alles was ich brauche, daher brauchst du keine Angst haben, dass ich dir noch einmal zu nahe komme.‹‹

      ››Was soll das heißen? Noch einmal?!‹‹ Was hatten sie mir ihr gemacht? War nun etwa schon alles zu spät? Zu spät, bevor es richtig begonnen hatte? Bekam Carla nicht einmal mehr die Möglichkeit sich zu verteidigen?

      Sally legte den Kopf schief und grinste breit. ››Ich musste dir etwas Blut abzapfen, um einen kleinen Test zu machen. Ich warte jetzt nur noch auf das Ergebnis.‹‹

      Ihre schlimmsten Befürchtungen wurden wahr; man hatte es auf sie abgesehen. Sicherlich sollte dieser vermeidliche Test nur bestätigen, dass sie nicht mehr Sarah war. Dass ihre heißgeliebte Sarah im Sterben lag und dass Carla sich ihren Körper gewaltsam gegriffen hatte! Doch letzteres war nicht der Fall. Sarah hatte ihr den Platz geschenkt, weil sie ihn nicht mehr länger für sich beanspruchen wollte. Carla war unschuldig! Sie konnte nichts für den Zerfall des Körpers! Sie wollte ihn stoppen!

      Plötzlich drangen schnellen Schritte durch den Flur. Ungestüm überschlugen sich die Beine fast. Man hörte ein Stolpern und Poltern.

      ››Die Farbe hat sich verändert!‹‹, schrie Josy und eilte in das Wohnzimmer.

      Sally verharrte wie Stein in ihrer Position und ließ sich nichts anmerken. Fast gelangweilt saß sie in dem Sessel und streckte ihre rechte Hand aus. Es kam einem regelrechten Befehl gleich, den sie damit aussprach. Keine Miene verzog Sallys Gesicht. Ihr Blick war noch immer zielsicher auf Carla gerichtet und schien sich an ihr festzukleben. Erst als ihr ein kleiner, schmaler Glasbehälters in die Handfläche gelegt wurde, schnappte sie wie eine gierige, fleischfressende Pflanze zu.

      Die Gesten der alten Frau interessiert Carla jedoch in diesem Moment recht wenig. Wutschnaubend fixierte sie Josy, die sich von hinten an den Sessel lehnte und der Frau über die Schulter guckte. ››Du bist auch mit dieser alten Schachtel im Bunde?‹‹ Carla war nicht nur zornig, sie stand kurz vor einem imaginären Vulkanausbruch. Hatte sie doch geglaubt, Josy würde hinter ihr stehen. Eine wahre Freundin würde sie in diesem Augenblick verteidigen und ihr helfen.

      Doch gerade nach dieser Aussage, stemmte ihre vermeidliche Freundin die Hände in die Hüften und schaute grimmig drein.

      ››Alles was ich will, ist, dass die alte Sarah zurück kommt und ich will Gewissheit, dass Elests Vermutung stimmt.‹‹

      Carla rang nach Luft. Sie wusste es; Josy wusste es! Die ganze Zeit!? Hatte sie ihr nur etwas vorgemacht; sie an der Nase herumgeführt? Und dann auch noch Elest?! Dieses hinterhältige Weibsstück, dass sie auf Schritt und Tritt verfolgt hatte, war der Auslöser gewesen?

      Das Gefäß wurde von Sally gedankenverloren geschwenkt und kritisch beäugt. Das Schwappen klang makaber und anklagend. Die gelbe Flüssigkeit wirkte wie pures Gift. Es war kaum zu glauben, dass diese Farbe einmal rot gewesen sein sollte.

      ››Weiß du, Sarah‹‹, begann die alte Frau zu sagen und wagte nicht den Blick von dem Inhalt abzuwenden, ››Oder wie ist dein jetziger Name?‹‹

      Carla schnappte hörbar nach Luft. Wie so oft in den letzten Wochen drehte sich ihre Welt. Allmählich hatte man sie in die Enge gedrängt; eingekesselt und zum Verhör gezwungen. Carlas Krallen schabten über das Sofa und ihre Hand versuchte eine Faust zu ballen, doch es gelang ihr nur kurz. Der Druck, der sich dadurch aufbaute, war so schmerzhaft, dass sich ihre Hände wieder lösten.

      Sie wollte fort, doch ihre Beine waren taub. Fast wie, als hätten sie Wurzeln geschlagen und wollten dem Verhör Folge leiste. Sie war gefangen; eine Gefangene ihres eigenen Körpers.

      Sally machte eine energische Handbewegung. Jegliches Wort sollte zum Erliegen kommen und auch ein Gedanke Carlas, den sie vergeblich versuchte auszusprechen, war nun im Keim erstickt. ››Du nimmst momentan viel mehr Blut zu dir, als sonst, nehme ich an?! Es ist nicht normal für einen Vampir so viel Flüssigkeit in seinen Bahnen zu haben. Wir brauchen Blut, um unsere Leere zu füllen, keine Frage, aber in dir steckt derweil extrem viel. Dein Körper kann es nicht ertragen, wenn er auch nur einen Tropfen weniger in sich hat. Er braucht es.‹‹

      Kurz hielt Stille Einzug, dann räusperte sie sich und sprach weiter: ››Anfangs war diese Flüssigkeit rot, jetzt nicht mehr. Anfangs warst du jemand anderes, jetzt nicht mehr. Niemand will dir etwas tun, glaub mir, Herzchen. Ihr beide werdet überleben, doch ihr braucht die richtige Kräuterfrau. … Fühlst du nicht die Veränderung in dir?‹‹

      Plötzlich, als Carla in sich hineinhörte,

Скачать книгу