Mitternachtswende. Melanie Ruschmeyer

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Mitternachtswende - Melanie Ruschmeyer

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wenn die Wellen klein und fein waren, war ihr doch klar, dass es nicht ihr Herzschlag war, der den Teich ihres Unterbewusstseins aufwühlte. War es Sarah?

      ››Ihr braucht keinen Arzt, keinen Seelenaustreiber, oder gar einen Psychologen. Ihr braucht jemanden, der sich rund um die Uhr um euch kümmert. Jemand, der jegliche Körperveränderung, die ihr durchmacht, kennt.‹‹

       Tropf!

      Noch einmal tropfte das imaginäre Wasser in den Teich und Carla zuckte energisch zusammen. Nackenhaare sträubten sich und kündeten eine Gefahr an, die sie weder in Worten, noch in Gedanken zu fassen bekam.

      Und dann war da noch dieser Duft; dieser unwiderstehliche Geruch, der sich über sie legte, wie ein Tuch. Es nahm sie gefangen und wollte sie nie wieder gehen lassen. Die Frau hatte Macht über sie. Sallys Kräuter, die ihre Kleidung oder ihr Körper verströmten, waren unausweichlich. Carla konnte den Drang nach ihr regelrecht fühlen. Sie musste widerstehen, sonst wäre sie vermutlich wie ein kleines, dummes Kind in die Arme der alten Frau gerannt. Was barg diese Anziehungskraft? Sie war stärker, als ein Magnet, anders, als die Alexanders.

      Sorge die Kontrolle zu verlieren, blitzte in ihr auf. Sorge, die sie angreifbar machte und die in brachialer Wut ausartete. Carla fletschte ihre Zähne und sandte so eine Drohung aus, die niemand zu beachten schien. ››Schwing´ keine Reden, was soll das heißen?‹‹

      Sally hob eine Braue und schüttelte den Kopf. Sie konnte wohl nicht recht glauben, dass sie die Wahrheit noch immer nicht erkannt hatte.

      ››Ihr braucht eine Hebamme, mein Kind, denn du bist schwanger! … Sarah ist schwanger ... mit dir! Und du benutzt gerade einen Körper, der nicht dein Eigentum ist!‹‹

      Der Unterkiefer von Carla sackte nach unten und ihr Herz setzte aus. Stille erfüllte ihre Hülle und die vier Wände, die sie umgab. Keuchend suchte sie nach Worten. Setzte immer wieder zu einem Satz an, doch ihr versagte die Stimme. Konnte das wirklich sein? War sie so naiv gewesen, diese Sache nicht zu bemerken? War das, was sie sich immer gewünscht hatte nun doch eingetreten?

       Tropf!

      Etwas in ihr regte sich und erfüllte Carla mit tödlicher Angst. Wie ein Blitz huschte er durch jede Zelle, ließ die Arterien erhitzen und das Blut darin kochen. Ihre Lippen bebten, als die Klarheit sie mit sich riss.

      Sarah richtete sich in ihr auf. Der zusammengekauerte, geisterhafte Schemen erstrahlte in neuem Glanz. Die letzten Tränen rannen an ihren Wangen herunter.

       Ich bin schwanger?

      Als Sally versuchte all die Ungewissheit zu vertreiben, versenkte Carla die Hände in den blonden Haaren. Sie glaubte vor einem Abgrund zu stehen und jemand ganz anderes, der die Fäden in Händen hielt, hatte bereits beschlossen, dass sie springen musste! Sie würde sterben, oder zurück in ihr Gefängnis müssen. Es gab keinen anderen Weg! Wenn die Hebamme weitersprechen und ihr zweites Ich weiter wachrütteln würde, war dies ihr sicherer Untergang! An das Baby in ihr verschwendete sie keinen Gedanken. Ihr Selbsterhaltungstrieb hatte sie vollkommen im Griff.

      Die Krallen schnitten in die Kopfhaut, doch den Schmerz nahm sie nicht zur Kenntnis. Selbst die kitzelnde Armeisenarmee, die wieder einmal ihren Kampf gegen die Wunden aufnahm, waren nebensächlich.

      ››Vor langer Zeit, einst, als die Vampire geboren wurden, konnten sie noch Kinder gebären. Sie waren ihren Erzeugern, den Menschen, ähnlicher als man denkt. Jahrhundert für Jahrhundert ging diese Eigenschaft verloren und wird nur noch wenigen Vampiren zuteil. Oftmals sind die weiblichen Vampire seelisch gespalten. Man hört sogar von Wahnsinn, dem sie verfallen sein sollen. Doch all dies ist Unsinn und nur dummes Geschwätz. Wer das behauptet, kennt die Wahrheit nicht, oder versucht auch nicht einmal diese zu finden.

      Die Vampire hören Stimmen, die niemand sonst vernehmen kann, denn sie sind in einem selbst. Ein ständiger Kampf zwischen zwei Seelen, die versuchen die Oberhand des Körpers zu erlangen, weil sie beide leben wollen. Du weißt sicher am besten, wovon ich rede, nicht wahr, Herzchen?‹‹

       Tropf!

      Alles in ihr erschien zu glühen, sich zu regen und zu winden. Carla schluchzte, denn Sarahs Stimme drang an sie heran. Tief aus ihrem Inneren trat ihre Seele hervor und drohte alles in den Schatten zu stellen.

       Mag das wirklich wahr sein? Mag mich wirklich dieses Glück getroffen haben?

      ››Hör auf!‹‹, schrie Carla und krümmte sich krampfhaft. Ihre Beine zogen sich an ihr Kinn und sie verbarg ihr Gesicht. Wild fielen die Haare darüber. In aller Verzweiflung wimmerte sie. ››Weck´ sie nicht auf! Bitte! Ich … ich will nicht sterben! Ich will nicht zurück! Nie mehr!‹‹

      ››Du wirst nicht sterben, du wirst geboren. Geborgen von Sarah, wenn die Zeit gekommen ist. Eigentlich dachte ich, du wüsstest das. Denn die andere Seite weiß meist sehr viel, da sie den Verstand und das Unterbewusstsein beherrscht. Du hättest wissen müssen, dass eine Zusammenkunft mit dem richtigen Vampir der Beginn deines Lebens sein kann.‹‹

      Ja, Carla hatte es vor langer Zeit gewusst und gehofft, allerdings hatte sie sich nun dem Glauben ergeben, so einen besseren Weg gefunden zu haben. Er war schneller umsetzbar gewesen. Auch wenn sie Sarah nie gehasst hatte, hatte auch sie nur leben wollen. Was war so falsch daran? War es nicht der natürlichste Drang, den es gab?

       Ich kann es nicht glauben!

      Sarahs Präsenz nahm stetig zu. Schritt für Schritt kam sie zurück in die reale Welt. Das Glück, welches sie übermannte, strömte in den Körper. Carla fühlte wie er sich zu seinem rechtmäßigen Besitzer hinzog; ihn empfing und begrüßte.

       Ja, Josy hat es mir erzählt, doch niemals hätte ich für möglich gehalten, dass mich das scheinbar Unmögliche treffen würde! Vor Monaten hatte Celest zwei Flammen, zwei Seelen, in mir gespürt, doch auch dieser Aussage schenkte ich keinerlei Beachtung. All ihre Worte... all das... Ich war blind gewesen.

      Carlas Rücken brannte wie das Höllenfeuer, wodurch ihr Kopf hochzuckte. Die Brust kam nicht zur Ruhe, sie hob und senkte sich unglaublich schnell.

      Beruhigend ruhte Sallys Hand auf ihrem Rücken und ihre Miene war die einer liebenden Mutter.

      ››Habe keine Angst, mein Kind. Es wird alles gut. Doch nun, gib auf und überlasse diesen Körper jemand anderem. Es bedeutet nicht das Ende, sondern lediglich eine Zeit des Wartens bis zu deiner Geburt.‹‹

       Habe keine Angst Carla, ich werde dir eine gute Mutter sein. Ich werde alles tun, damit du gesund zur Welt kommst. Du und Alexander, ihr werdet mein Leben sein!

      Carla hatte Sarahs Stärke nichts mehr entgegen zu setzten. Sie war machtlos gegen die Kraft einer werdenden Mutter, bei der nun der Beschützerinstinkt die Oberhand über alles gewann. Für sie wurde ihr Körper taub; kappte jegliche Verbindung zu ihrem Nervensystem und schloss sie aus. Auf einmal war sie der Parasit, der die Hülle befallen hatte. Sie sollte zurück in ihre Quarantäne.

      Genau in dieser Sekunde schloss Carla ihre Augen. Während sie in den Abgrund fiel und sich an all ihre böswilligen Gesten und Worte erinnerte, die sie in den letzten Wochen an den Tag gelegt hatte, empfand sie zum ersten Mal wirkliche Scham.

      Sie schämte sich für ihre Art und Weise, doch nun war es zu spät. Sie hatte all dies getan, um sich selbst zu schützen und trotzdem war es falsch gewesen.

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