Joseph. Johannes Wierz

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Joseph - Johannes Wierz

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style="font-size:15px;">      In der Nacht betrat Gabriel Lavant in einer Art schwarzem Kampfanzug und mit zwei Rucksäcken das Zimmer seines Freundes.

      „Zieh das über“, sagte er nur und warf David die Ausrüstung zu.

      „Was hast du denn vor?“ fragte David verwundert und schlüpfte, ohne eine Antwort bekommen zu haben, in den schwarzen Overall aus leichtem Synthetikstoff.

      „Kommen wir hier irgendwie unbemerkt hinaus?“ erkundigte sich Gabriel geschäftig und ließ seine Blicke schweifen.

      „Sicher, es gibt einen Weg über die Dächer, den habe ich immer als Kind benutzt.“

      Beide grinsten sich wie Lausbuben an, die vorhatten irgendeiner Witwe die Hähnchen durch den Kamin vom Feuer zu stehlen.

      So stiegen sie, die Rucksäcke geschultert, aus dem Gaubenfenster. Sie hielten sich an den Eisenhaken fest, die gegen Schneesturz in regelmäßigen Abständen zwischen den Dachkallen eingelassen waren, und hangelten sich so in vollkommener Dunkelheit Stück für Stück bis zur Dachrinne vor. An deren Fallrohr ließen sie sich bis zum Garagendach herunter. Von dort war es nur noch ein kleiner Sprung auf den angrenzenden Rasen.

      Dann huschten sie weiter über die Wiese, um schnell aus dem Blickfeld der Villa am See zu verschwinden.

      „Hast du keine Angst um deinen Wagen?“ fragte David, als sie außer Reichweite der Villa waren und eine kleine Pause machten.

      „Nein, ich habe ein paar Extras aktiviert, die jeden in die Flucht schlagen werden.“ orakelte Gabriel.

      „Und jetzt?“

      „Jetzt führst du mich zu diesem ominösen Wegkreuz, an dem du dich beobachtet gefühlt hast.“

      Ein seltsames Gefühl in vollkommener Dunkelheit auf einer Bank zu sitzen, aber David vertraute seinem Freund. Seine unkonventionellen Methoden hatten in der Vergangenheit schon des Öfteren zu sensationellen Erfolgen geführt. So war er beispielsweise mit einer großen Schar Frauen aus einem Dorf nahe Prijedor in Zentral-Bosnien zu Fuß aufgebrochen, um die Gräber ihrer erschossenen Männer zu finden. Eine Suche, die von den zuständigen europäischen Behörden nach einem halben Jahr eingestellt worden war, weil sie als hoffnungslos galt. Drei Tage war Gabriel mit den Bosnierinnen scheinbar ziellos durch die unwegsame Gegend geirrt, bis eine der Frauen auf einem Feld plötzlich angefangen hatte, laut zu schreien. Sofort hatten die anderen vom Krieg gezeichneten Dorfbewohnerinnen in ihr Wehgeschrei mit eingestimmt. Gabriel hatte damals persönlich die Ausgrabungsarbeiten geleitet und war gemeinsam mit seinen Mitarbeitern schnell fündig geworden. Ein Grab, aus dem sie sechsundachtzig männliche Leichen hatten bergen müssen.

      Allein der Gedanke an Massengräber jagte David kalte Schauer über den Rücken.

      „Gabriel“, flüsterte er, „wo bist du?“

      Aus der Dunkelheit kam keine Antwort. Schon spürte er wieder dieses Kribbeln, als würde jemand direkt hinter ihm stehen. Aber da war niemand. Alles Einbildung, nicht mehr und nicht weniger. David streckte die Arme aus und griff mehrfach ins Leere. Nein, da war wirklich nichts. Inzwischen hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Bis zum Waldrand konnte er die leere Wiese erkennen.

      „Gabriel?“

      David stand auf. Ihm wurde die Sache langsam zu dumm.

      „Und, spürst du was“, flüsterte Gabriel ihm ins Ohr, der plötzlich wie aus dem Nichts neben ihm aufgetaucht war.

      David zeigte mit seiner Hand in die Dunkelheit.

      „Da, da! Ich habe das Gefühl, als ob da jemand stände. Aber da ist niemand.“

      „Bleib so!“

      Gabriel streckte seinen Arm parallel zu Davids aus. Eine Stabtaschenlampe blitzte auf und richtete ihren Lichtkegel direkt auf das Eisengitter des Wegkreuzes.

      Langsam gingen die beiden darauf zu. Nichts hatte sich dort verändert. Die abgebrannte Kerze in der schwarzen Schale, die verwelkten Wiesenblumen im Würstchenglas, alles stand noch an seinem Platz.

      Gabriel stellte seinen Rucksack auf den Boden und holte einen Akkuschrauber heraus. In Sekundenschnelle löste er geschickt die Schrauben des Eisengitters. Vorsichtig nahm er es ab und reichte es zusammen mit der Stabtaschenlampe an David weiter.

      „Ich habe es geahnt“, flüsterte Gabriel, stellte die abgebrannte Kerze beiseite und nahm vorsichtig die Schale heraus. Mit einem skalpellähnlichen kleinen Messer kratzte er vorsichtig an der schwarzen Lackierung. Was da im Schein der Stabtaschenlampe unter der Farbe hervorkam, war ein Knochen. Von der Form her war es auch diesmal ein Leichtes, ihn zu bestimmen. Kein Zweifel, es handelte sich um das Becken eines Menschen.

      Ungläubig starrte David auf das lackierte Skelettteil und schaute zu, wie Gabriel mit dem kleinen Messer ein winziges Stück Knochen abschabte und es in einer kleinen Plastikdose verschwinden ließ.

      „Wir müssen einen Abdruck machen“, erklärte er kurz, „in deinem Rucksack ist alles, was wir dafür brauchen.“

      David holte die Schalen, die zwei Komponentenpulver und einen Wasserkanister aus seinem Rucksack.

      Gabriel begann sofort damit, das weiße Pulver mit der Flüssigkeit zu verbinden. Während sie die chemische Reaktion beobachteten, schwante ihnen beiden, dass sie in dieser Nacht höchstwahrscheinlich noch mehrmals fündig werden würden.

      Ein Kreuzweg hat normalerweise vierzehn Stationen, kalkulierte David im Stillen. Unmöglich, das in einer Nacht zu schaffen.

      Gabriel tauchte bereits das schwarzlackierte Becken in den flüssigen Kautschuk.

      David schulterte unterdessen den Rucksack seines Freundes und wollte schon zur nächsten Station aufbrechen, da hielt ihn Gabriel zurück.

      „Das machen wir morgen bei Tag“, erklärte er entschlossen. „Ich habe da nämlich ein neues Gerät, das erleichtert unsere Arbeit ungemein.“

      Dann begann er, sich genüsslich eine Zigarette zu drehen und machte es sich im Gras bequem.

      „Drehst du mir auch eine?“ fragte David und setzte sich neben ihn.

      Gabriel schaute ein wenig irritiert, hatte er David doch, solange er ihn kannte, nie rauchen gesehen. Und weiß Gott, sie hatten gemeinsam grauseligere Funde als diesen hier erlebt.

      „Ich habe dein Dossier über die Zigarettenkippe gelesen“, sagte David leise und nahm einen ersten zaghaften Zug, „eine original Schweizer Davidoff, deren Filter abgebrochen worden ist, richtig?“ Gabriel nickte und blies Rauchkringel in die Nachtluft.

      „Richtig!“

      „Ich kenne nur einen, mit so einer Marotte“, sinnierte David und zögerte. Gabriel führte seinen Gedanken zu Ende:

      „Ich weiß, dein Vater, aber der ist schon seit vierzig Jahren tot. Aber keine Sorge, wir werden alles herausfinden, dafür bin ich schließlich da.“

      Schweigend saßen die beiden in der Wiese und warteten darauf, dass sich die Gummiform festigte.

      Das Archiv des Vaters wies eklatante Lücken auf. Das war David sofort aufgefallen, als er einen Tag nach seiner Ankunft

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