Mirabili. Charline Dreyer

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Mirabili - Charline Dreyer

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du das gar nicht vertiefen?“

      Er sieht mich verständnislos an. „Was denn vertiefen?“

      „Offensichtlich, ist dir gerade etwas in den Sinn gekommen, weshalb du diesen Anflug von Negativität zum Ausdruck gebracht hast. Willst du mir nicht davon erzählen, bevor wir einfach so tun, als wäre nichts gewesen?“

      „Warum sollte ich das tun?“ Ja, warum sollte er? Er ist schließlich nicht dazu verpflichtet, über seine Gefühle zu sprechen. Er muss mir nicht erzählen, was ihn bedrückt und wovor er sich fürchtet. Und es sollte mich auch nicht weiter interessieren. Wir sind nur gemeinsam unterwegs, weil wir dazu gezwungen sind und uns nichts anderes übrig bleibt. Aus welchem Grund also, sollte er mir einen Einblick in seine Psyche geben? „Ist schon gut. Lass uns weiter reiten.“ Und genau das tun wir, wir reiten immer tiefer ins Gebirge hinein und der Schnee wird immer höher, die Umgebung immer düsterer und die Stille immer unheimlicher.

      Wenn es irgendwo spukt, da hatte meine Großmutter wohl recht gehabt, dann hier.

      ***

      Die Nacht bricht schneller ein, als ich es je irgendwo erlebt habe. Zuhause kündigt sie sich leise an, mit einem atemberaubenden Untergang des Feuerballs und der Erde, die die Landschaft in wunderschöne Farben tauchen und das blasse Erscheinen der Monde hinter dem Horizont. Manchmal hört man die Elfen langsam und vorsichtig ihre Lieder anstimmen und die Wölfe, wie sie sich aus ihren Verstecken trauen und zu jaulen beginnen.

      Hier wird es einfach dunkel. Schlagartig. Die Umgebung wird von einer Schwärze umhüllt und dichter Nebel löst die Flocken ab, die bis eben noch ununterbrochen vom Himmel gefallen sind. Es ist so bewölkt, dass man nicht einen einzigen Mond sehen kann, geschweige denn einen Stern. Ich fühle mich, als wäre ich unter einer Kuppel gefangen. Erdrückt, wie eingesperrt. Ich hasse es, den offenen Himmel nicht sehen zu können. In die Weiten des Universums blicken zu können, mit dem Gefühl von Freiheit.

      „Jared, ich kann nicht mehr“, stöhne ich. Mir tut alles weh und meine Füße und Hände sind dermaßen eingefroren, dass ich sie kaum mehr spüre.

      „Wusstest du“, setzt er an, „dass man, wenn man lange und weit genug reitet bemerkt, dass Mirabili eine Kugel ist?“

      „Wie meinst du das?“

      „Ich habe mir sagen lassen, dass man nach einer Weile spürt, im Kreis zu laufen. Mirabili ist so klein, dass es dir vorkommt, als würdest du ewig im Kreis gehen. Um die eigene Achse des Planeten herum. Ohne anzukommen. Eine nicht endende Reise.“

      „Dann bleiben uns ja nicht viele Möglichkeiten, uns zu verstecken.“

      „Das ist es, Genoveva.“ Er schließt die Augen und runzelt die Stirn. Der Nebel wird immer dichter, ich kann ihn schon kaum noch sehen, obwohl er direkt neben mir reitet und eine Fackel in der Hand hält. „Wir können ewig im Kreis reiten. Und doch werden sie uns irgendwann finden. Es ist ein Wunder, dass wir überhaupt noch leben.“

      „Denkst du, das ist Absicht?“

      „Dass wir noch nicht ermordet wurden?“

      „Ja … schon. Ich meine, sie hätte uns doch längst finden müssen. Jedenfalls wenn es stimmt, was du sagst.“

      „Das kommt mir auch ungewöhnlich vor.“

      „Jedenfalls, dass wir erst einmal angegriffen wurden.“

      „Du hast recht.“

      „Vielleicht … lässt sie uns gehen?“ Kaum habe ich es ausgesprochen, wird mir die Absurdität meiner Worte bewusst.

      „Wir reden hier von Jade“, entgegnet Jared.

      „Stimmt es denn, was man so munkelt?“, frage ich vorsichtig. „Plant sie einen Komplott gegen das Königshaus?“

      Jared seufzt tief, setzt sich aufrecht hin und zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“

      „Das kannst du mir nicht erzählen.“

      „Doch. Ich habe nicht die geringste Ahnung. Das ist die Wahrheit. Die Herzogin hat nichts politisches mit mir besprochen. Ich habe sie beschützt, war in der Garde, habe gekämpft. Doch von ihren geheimsten Plänen hat sie nie vor mir gesprochen. Manchmal habe ich das Gefühl, sie wusste, ich würde sie verraten.“

      „Wieso?“

      „Ist das nicht sogar für dich offensichtlich? Ich soll dich observieren und mich lässt sie von einem weiteren Spion verfolgen. Zeugt nicht gerade von großem Vertrauen.“

      „Ich kann mir immer noch keinen Reim daraus machen, was an mir so wichtig ist, dass sie gleich zwei ihrer Krieger drauf ansetzt.“

      „Ein weiterer Punkt, der mich beunruhigt. Sie sagte nur, du darfst nie, das hat sie ausdrücklich betont, an den Hof der Königin gelangen. Eher solltest du sterben.“

      „Wieso darf ich dem Königshof nicht zu nahe kommen? Das ergibt keinen Sinn. Da stimmt irgendetwas gewaltig nicht.“ Ich starre ihn an. Er starrt mich an. Und uns beiden geht ein Licht auf.

      J A R E D

      Eigentlich ist es das offensichtlichste auf der Welt. Vielleicht zu einfach, als dass ich sofort darauf gekommen wäre. „Genau das Gegenteil von dem zu tun, was dir die Herzogin befohlen hat. Das ist die Lösung“, ruft sie aus und streicht sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr entfährt ein Lachen, das so viel Wärme und Hoffnung gibt, wie nichts anderes. Sie ist blass und ihre Lippen werden blau von der Kälte. Ich muss sie so schnell es möglich ist zu Sid bringen, dem kleinen Mann aus den Bergen, der mir schon das ein oder andere Mal geholfen hat. Trotzdem schuldet er mir noch einen Gefallen und er interessiert sich so wenig für die Herzogin und ihre Spielchen, dass er der letzte wäre, der uns an sie verraten würde.

      „Wir sind gleich bei Sids Haus, da wirst du dich aufwärmen.“

      „Mir ist so kalt, dass ich schon gar nicht mehr spüre, wie kalt mir ist.“

      „Das ist kein gutes Zeichen. Genau genommen der erste Schritt zum Erfrieren. Wirst du schon müde?“

      „Ja. Aber das könnte auch einfach daran liegen, dass wir den ganzen Tag ohne Pause geritten sind und ich seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen habe.“

      Essen. Die Kleine muss essen, richtig! Ich bin die ganzen menschlichen Grundbedürfnisse nicht gewohnt. „Wir sind nur noch ein paar Riesenlängen weit weg“, will ich sagen, doch meine Stimme verliert sich im Nichts. Jedes Hintergrundgeräusch, was es noch gegeben hat wird heruntergeschraubt, als wären wir plötzlich unter Wasser. Das leise Knarren der Hufe im Schnee und Genevièves stetiger Herzschlag neben mir. Jegliche Laute versiegen. Ich höre nicht einmal mehr meinen eigenen Atem. Panik kommt in Genevièves Augen auf. Sie hat es auch bemerkt. Mit dem Unterschied, dass ich ganz genau weiß, was hier passiert und sie völlig ahnungslos ist. Ich halte beide Pferde an und versuche meine Jagdinstinkte zu schärfen, was unglaublich schwer ist ohne Gehör. Mein Blick schweift schnell um uns herum, meine Hand liegt auf dem Griff meines Schwertes. Geneviève sagt etwas, ihre Augen sind aufgerissen und sie drückt sich beide Hände an die Ohren.

      Die tödliche Stille. Was passiert, wenn alle Geräusche versiegen? Was passiert, wenn du dich komplett isoliert fühlst, als wärst du in einem Kokon eingesperrt? Völlig wehrlos,

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