Der Diplomatenkoffer. Hans W. Schumacher

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Diplomatenkoffer - Hans W. Schumacher страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Diplomatenkoffer - Hans W. Schumacher

Скачать книгу

klopfte wieder. Julio sah, dass die Klinke sich langsam nach unten bewegte. Dann hörte er ein stocherndes Geräusch, man versuchte wohl, einen Dietrich in das Schloss einzuführen, doch zum Glück hatte er den Schlüssel steckenlassen. Er zog Danielle, die ihn entsetzt ansah, zu sich ans Fenster, schwang die Beine über das Fensterbrett, ließ sich, das Köfferchen in der Rechten haltend, auf die Erde fallen, streckte die Arme aus und fing sie an den Hüften auf, als sie sich zu ihm herabgleiten ließ.

      Er wies ihr die Fluchtrichtung, geduckt liefen sie unter den Erdgeschossfenstern vorbei und schlugen vom Wohnheim aus den Weg durch die Spalierobstboskette zum Wald hin ein. Als sie sich weit genug aus der Gefahrenzone bewegt hatten, hielt Julio hinter einem Geräteschuppen an, lehnte sich im Dunkeln an die Mauer und zog Danielle neben sich.

      "Ich muss dir die Wahrheit sagen", flüsterte er schwer atmend, "ich bin da in eine gefährliche Sache geraten, ich darf dich nicht mit hineinziehen. Da sind auch noch andere Leute hinter mir her."

      "Wer sind die?"

      "Ich weiß es nicht."

      "Und was wollen sie von dir?"

      Jetzt wurde es schwierig.

      "Es ist besser, wenn du es nicht weißt. Es könnte dich gefährden", warnte er, und er meinte es ehrlich.

      "Hängt es mit dem Geld zusammen?" lispelte sie ahnungsvoll.

      "Ja", sagte er widerwillig.

      "Es gehört dir nicht", flüsterte sie nahe an seinem Ohr, und der warme Atem strich über seine Wange.

      Wie antwortet man auf eine solche Frage?

      "Ja....vielmehr nein", stotterte er.

      "Wieviel ist es denn nun wirklich?" fragte sie, lehnte sich an seine Brust und versuchte ihm in der Finsternis in die Augen zu schauen.

      "Drei Millionen", sagte er, "und sie gehören der Mafia."

      "Du machst Witze", meinte sie, "Mafia, das gibt´s doch gar nicht."

      Er erklärte ihr geduldig, wie er an den Koffer gekommen war und was das bedeutete. Sie nickte, nun hatte sie verstanden.

      "Hör' mal", sagte er unruhig, "die Zeit drängt. Ich muss verschwinden, und du musst zurückgehen und niemand wissen lassen, was eben geschehen ist. dass wir uns kennen, darf niemand ahnen, sonst bist du dran."

      "Und wie willst du weg? Vorne heraus geht es nicht und deinen Wagen kannst du auch nicht benutzen."

      "Ich schleiche mich durch den Wald und steige über die Mauer auf der anderen Seite. Dann gehe ich nach Les Roques und versuche, noch einen Bus zu bekommen oder ich rufe mir ein Taxi."

      "Gut", sagte sie, "ich tu, was du verlangst. Aber versprich mir, dass du mir Nachricht gibst, wenn du in Sicherheit bist."

      "Versprochen", antwortete er und gab ihr unaufgefordert den Kuss, auf den sie aus war. Sie umarmte ihn fest und ließ ihn erst nach einer langen Weile wieder los.

      "Du hast nicht wieder geschwindelt?" fragte sie ängstlich.

      "Nein", beruhigte er sie, meinte aber "ja", legte ihr den Arm um die Schultern, drückte sie noch einmal an sich und wandte sich ab, um davonzueilen.

      Ein wilder Sturm der Gefühle tobte in ihm, Cleo, Danielle, das Geld, drei Mächte, die um die Vorherrschaft stritten. Dachte er an seine Geliebte und den freudigen Schreck, den er ihr bereiten wollte, kam ihm Danielles nackter Busen dazwischen, und er hatte das Gefühl, dass er sie sofort zu sich rufen würde, sobald er sich im Versteck des nächsten Hotels eingerichtet hatte; kaum war er soweit, dachte er wieder an die Gefahr, der er ausgesetzt war, wenn er sich ans Licht der Öffentlichkeit traute. Zuerst sollte er sein Aussehen verändern, das Geld irgendwo deponieren, wo es sicher war, in einer Bank...., aber würde man nicht misstrauisch werden, wenn er drei Millionen Euro einzahlte?

      Ein Gedanke purzelte über den anderen, endlos, während er davoneilte.

      Julio kannte sich im Wald hinter dem Schloss gut aus. Neben dem Fahrweg, der auf die andere Seite des Parks führte, zogen sich andere mehr oder minder offizielle Pfade durch das Unterholz. Zwei davon führten zu Steinbrüchen, in denen die Studenten aus der lockeren Erde versteinerte Muscheln und Schnecken aus der Kreidezeit kratzten.

      Julio hielt von Zeit zu Zeit an und horchte angestrengt, ob jemand in der Nähe war, doch er vernahm nur das leise Rauschen des Windes im den dunklen Baumkronen. Zuweilen wurde es heller, wenn die Wolkendecke aufriss und ein wenig vom blassvioletten Westhimmel freigab. Vom Schloss her kam leise das Geräusch startender Autos. Er schlich sich an den Fahrweg heran und schaute hinüber, aber er konnte keine Scheinwerfer erkennen. Beruhigt setzte er sich in Trab, nahm den nächsten Pfad, der auf einen Hügel mit einem barocken Tempelchen als Aussichtspunkt zuführte, von wo aus ein weiterer Weg an die westliche Grenze des Universitätsgeländes ging. Dort wollte er an einer günstigen Stelle über die Umfassungsmauer steigen.

      Die Mitte des Waldes nahm ein kleines Gebäude in der Form eines antiken Tempels ein. Es erhob sich von einem rustikalen Unterbau, zu dem eine breite Treppe hinaufführte. Die Vorhalle hatte vier korinthische Säulen, eine runde Kuppel über der Cella, dem Innersten des Heiligtums, wurde von der einstmals vergoldeten Skulptur der Göttin Fortuna bekrönt. Julio erwies ihr seine Reverenz, indem er sich auf altfranzösische Weise vor ihr verneigte und dabei den Geldkoffer ausladend schwenkte. Dabei schoss ihm ein warnender Gedanke durch den Kopf. Er durfte nicht den ganzen Schatz mit sich nehmen. Sollte ihm etwas mit dem, was er bei sich hatte, passieren, dann konnte er noch immer auf den versteckten Rest zurückgreifen.

      Nach einer Viertelstunde Arbeit hatte er den Löwenanteil seiner Beute sicher und trocken untergebracht. In seinem Koffer behielt er einen Rest, mit dem er sich, wenn nötig, ein gutes halbes Jahr über Wasser halten konnte, auch bei vermehrten Ausgaben.

      Er staubte seinen Anzug ab und schaute sich um. Vom Hügel aus konnte er im Dunkeln die Straße erahnen, die am südlichen Ende des Schlossparks entlanglief und am Westrand des Waldes nach Norden abknickte. Ab und zu sah er das Licht von Wagen aufleuchten und wieder erlöschen, wenn sie hinter einer Kurve oder in einem Gehölz verschwanden. Er stieg den Hügel hinab, ohne darauf zu achten, ob er noch einem Pfad folgte, und ging auf den roten Abendschimmer im Westen zu, das zwischen den hohen Buchenstämmen leuchtete. Ab und zu knackte ein Ast unter seinen Füßen, dann hielt er aufgeschreckt inne, um zu horchen, ob nicht doch jemand hinter ihm her war. Endlich wuchs eine schwarze Wand vor ihm auf, er hatte die Umfassungsmauer erreicht. Als er vor sie trat und an ihr entlangstrich, überkam ihn allmählich leises Unbehagen. Nirgendwo war eine Möglichkeit, auf die drei Meter hohe Mauerkrone zu gelangen. Er hatte damit gerechnet, auf einen Baum klettern zu können und sich dann von einem Ast auf sie hinunterzulassen. Aber die dicken Buchenstämme konnte er nicht umklammern, außerdem hinderte ihn der Koffer.

      Er musste also bis zu dem verschlossenen Eisentor des Fahrwegs gehen, das schwer zu überwinden war, denn es war überall mit Lanzenspitzen bewehrt. Zum Glück hatte er feste Sohlen unter seinen Schuhen. Zwar spürte er, wie die Spitzen unangenehm am Fußballen drückten, aber er konnte sich, den Koffergriff zwischen den Zähnen haltend, allmählich am Rand des Tors zur Mauerkrone hinaufziehen. Erleichtert glitt er hinüber, schwang die Beine auf die andere Seite, ließ das Köfferchen ins Gebüsch unter sich fallen, hielt sich an den Eisenstäben des Tores fest und sprang hinab. Es war inzwischen stockdunkel geworden. Der Westwind hatte zugenommen und das Rauschen in den Wipfeln war so laut, das es selbst das Hinabplumpsen des Koffers zudeckte.

      Er ging vorsichtig

Скачать книгу