Der Shaolin. Karl-Heinz Jonas

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Der Shaolin - Karl-Heinz Jonas

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kein Wort. Sie waren viel zu sehr mit ihren Gedanken, die junge Frau zusätzlich mit ihrer Kleidung, beschäftigt.

      Von Zeit zu Zeit ertappte Li Ning sich dabei, wie sein Blick von der hübschen Frau auf ihm unerklärliche Weise angezogen wurde. Gleichzeitig spürte er sein Herz schneller schlagen, und ein unbekanntes Gefühl bemächtigte sich seiner. Um sich selbst zu beruhigen, versuchte er sich einzureden, dies läge am mangelnden Kontakt zu Fremden, insbesondere zu Vertretern des anderen Geschlechts. Ob er wohl auf jede hübsche junge Frau so reagieren würde? Bei diesem Gedanken glaubte er zu erröten und senkte schnell den Blick. Hoffentlich hatte sie es nicht bemerkt!

      Auch sie machte sich Gedanken über ihren Retter. Am meisten war sie von seiner unglaublichen Sicherheit im Zweikampf beeindruckt. Scheinbar spielerisch hatte er den vermeintlich überlegenen, noch dazu bewaffneten Raufbold besiegt. Auch schien dessen Herkunft und Ruf keinerlei Eindruck auf ihn zu machen. Oder aber, er konnte seine Gedanken gut verbergen. Achtung, aber auch Dankbarkeit empfand sie für diesen jungen Mönch, der unmöglich viel älter als sie selbst sein konnte. Dankbar war sie auch dafür, dass er nicht zu bemerken schien, wie sehr sie sich mit recht wenig Erfolg um ihre Kleider bemühte.

      Kurz vor Erreichen des elterlichen Hauses brach sie das Schweigen.

      „Verzeiht“, sagte sie. „Ich bin sehr unhöflich. Da mache ich Euch so große Umstände und habe Euch noch nicht einmal meinen Namen genannt. Jiao heiße ich. Jiao Ling.“ Sie machte eine artige Verbeugung.

      „Aber ich bitte Euch, wie könnt Ihr das sagen. Ich hätte mich zuerst vorstellen müssen. Li Ning ist mein Name.“ Auch er verbeugte sich höflich.

      Jiaos Elternhaus war ein bescheidenes, aber gepflegtes Anwesen mit einem wunderschön angelegten Garten, der direkt bis an den Wald reichte und von einer mannshohen Hecke umgeben war.

      Die junge Frau wurde bereits von den Eltern erwartet. Als sie bemerkten, dass ihrer geliebten Tochter etwas zugestoßen sein musste, befanden sie sich sofort in heller Aufregung. Die Höflichkeit verbot ihnen jedoch, sogleich nach dem Geschehenen zu fragen.

      Während der Vater den Gast in den Wohnraum bat und ihm einen Platz anbot, zogen sich Mutter und Tochter in einen Nebenraum zurück, um Jiaos Kleider zu wechseln. Dann begaben auch sie sich in den Wohnraum zu den Männern. Als sie ebenfalls Platz genommen hatten, bat der Vater Jiao, zu erzählen.

      Sie berichtete wahrheitsgetreu, wie sie beim Beerensuchen von Ek Chen überrascht worden war, wie sie sich seinen Handgreiflichkeiten entzogen und vergeblich versucht hatte, zu fliehen, und wie sie schließlich vor den Füßen Li Nings zusammengebrochen war.

      Als Li Ning, ruhig und bescheiden, den weiteren Hergang geschildert hatte, bedankten sich die beiden Eltern überschwänglich, kurzzeitig ihre Zurückhaltung vergessend.

      „Aber ich bitte Euch“, sagte er beschämt. „was ich getan habe, war doch meine Pflicht. Jeder meiner Klosterbrüder hätte, ohne zu zögern, dasselbe getan.“

      „Das mag schon sein“, sagte Sun Ling, Jiaos Vater. „Der Mut, mit dem Ihr diesem Menschen entgegengetreten seid, ehrt Euch trotzdem. Wir haben Euch die Ehre und sicher auch das Leben unserer Tochter zu verdanken. Ihr könnt sicher sein, dass wir Euch dies niemals vergessen werden.“

      Li Ning stand der Sinn jedoch nicht nach Lobeshymnen, auch wurde es Zeit für ihn. Deshalb sagte er: „Ich danke Euch sehr, doch nun muss ich fort. Meine Brüder werden sich sicher schon um mich sorgen.“

      „Oh, entschuldigt bitte, wenn wir Euch aufgehalten haben. Dies lag wirklich nicht in unserer Absicht“, sagte nun Sun Ling ein wenig verlegen. „Doch sollte Euch Euer Weg einmal in die Nähe unseres bescheidenen Hauses führen, schaut ruhig auf eine Schale Tee herein. Ihr seid immer ein gern gesehener Gast.“

      Beide Eltern verneigten sich vor dem jungen Mönch.

      „Ich danke Euch. Dieses Angebot nehme ich gern an.“ Auch Li Ning verbeugte sich höflich, erhaschte noch einen schüchternen Blick Jiaos, dann begleitete ihn der Vater hinaus.

      Ohne einem weiteren Menschen zu begegnen, erreichte Li Ning das Kloster. Seine ungewohnt lange Abwesenheit war offensichtlich noch keinem seiner Brüder aufgefallen, denn niemand stellte ihm Fragen. Da er das Geschehene jedoch nicht für sich behalten durfte, bat er den Meister, ihn sprechen zu dürfen.

      Natürlich hatte Meister Shu immer Zeit für seinen Lieblingsschüler. Gemeinsam machten sie einen Spaziergang durch den nun am Abend menschenleeren Pagodenwald, und Li Ning erzählte das Erlebte.

      Meister Shu hörte geduldig und scheinbar teilnahmslos zu, ohne seinen Schüler zu unterbrechen.

      Als Li Ning geendet hatte, lobte der Meister ihn sehr, was ihn mit Stolz erfüllte. Es war nicht leicht, dem Meister ein Lob zu entlocken!

      Meister Shu war dem Bericht jedoch mit großer Sorge gefolgt, die er nun nicht länger verbarg. Li Ning bemerkte den veränderten Gesichtsausdruck sofort, fragen durfte er jedoch nicht danach. Er musste warten, bis der Meister von selbst sprechen würde.

      „Li Ning“, sagte Meister Shu, nachdem beide noch einige Zeit auf und ab gegangen waren. "Ich mache mir große Sorgen. Du hast dich eines Mönchs von Shaolin würdig verhalten, und wir alle dürfen stolz auf dich sein. Ich weiß auch, dass du im Kampf niemanden fürchten musst. Trotzdem dürfen wir diesen Ek Chen nicht unterschätzen. Auch mir blieb der Ruf dieses Menschen nicht verborgen. Niemand weiß, wie viele Menschenleben er bereits auf dem Gewissen hat, sofern er überhaupt eines besitzt. Noch nie wurde er für seine Schandtaten je bestraft; die Macht seines Vaters schützt ihn. Leider! Auch hält er sich in seiner dümmlichen Arroganz für unbesiegbar. Nun hast du ihm nicht nur die erste Niederlage seines Lebens zugefügt, du hast ihn vor einer Frau lächerlich gemacht. Und das auch noch waffenlos. Wir müssen leider damit rechnen, dass er alles daransetzen wird, dich und die junge Frau zu töten, um die Zeugen seiner Schande zu beseitigen. Menschenleben bedeuten ihm nichts, sofern es nicht das eigene ist.

      Ich werde unserem Abt von diesem Vorfall berichten und ihm den Vorschlag unterbreiten, dich vorläufig von allen Pflichten außerhalb der Klostermauern zu entbinden. Du darfst das Kloster in den nächsten Wochen auf keinen Fall verlassen. In unsere heilige Stätte einzudringen, wagt er sicher nicht, trotzdem werden wir auch diesbezüglich aufmerksamer sein. Morgen werde ich die Familie Ling aufsuchen und ihnen den Rat geben, dass das Mädchen das Haus ebenfalls vorläufig nicht verlässt. Wenn Ek Chen in Erfahrung bringt, wer das Mädchen ist, wird er die gesamte Familie vernichten.“

      Bei diesen Worten des Meisters spürte Li Ning, wie sich sein Herz zusammenkrampfte. Er sagte jedoch nur: „Gut, Meister, Ihr habt sicher Recht.“

      Li Ning suchte sich den Grund für die plötzliche Überreaktion seines Herzens zu erklären. Aus Angst vor diesem Ek Chen konnte es nicht gewesen sein, denn die verspürte er ganz einfach nicht. Dieses seltsame Ziehen in der Brust hatte begonnen, als Meister Shu von der möglichen Vernichtung der Familie Ling gesprochen hatte. Dies durfte auf keinen Fall geschehen! Alles in seiner Macht stehende wollte er gern dagegen tun. Doch was war das schon? Nicht einmal das Kloster durfte er verlassen! Nein, er musste sich auf den Meister verlassen.

      An diesem Abend zog sich Li Ning früher in seine Kammer zurück als üblich. Niemand fragte ihn glücklicherweise nach dem Grund. Er wollte heute weder mit noch jemandem darüber reden, noch mochte er seine Brüder belügen.

      Seine Gefühle für Jiao mussten für immer sein Geheimnis bleiben.

      Kapitel 2

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