Der Shaolin. Karl-Heinz Jonas

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ein Mönch, der noch dazu waffenlos war und kaum dem Jünglingsalter entwachsen sein konnte, eine derartige Niederlage zu!

      Diese Schande musste auf jeden Fall gesühnt werden, koste es, was es wolle. Beide würden mit dem Leben bezahlen müssen, das stand fest. Bevor er das Mädchen töten würde, musste es jedoch ihm gehören. Jawohl, das dumme Ding sollte wissen, was es versäumt hatte!

      Doch wie sollte er seiner habhaft werden? Er kannte weder den Namen, noch wusste er, wo es wohnte. Sicher wäre es mit Hilfe seines Vaters ein Leichtes gewesen, dies herauszufinden, doch dann würde er diesem seine Schande eingestehen müssen. Und das wollte er um keinen Preis!

      Nein, es musste eine andere Möglichkeit geben. Auch wenn es Jahre dauern würde, er würde Rache nehmen. Und diese Rache würde er auskosten!

      Diesen frechen Mönch jedoch musste er nicht suchen. Hier würde es leichter sein, ihn zu erwischen. In Stücke würde er ihn reißen!

      Bei diesen Gedanken umspielte ein grausames Lächeln seinen Mund.

      Die kommenden Wochen brachten Li Ning wenig Abwechslung. Den Tag verbrachte er mit der Erfüllung seiner Pflichten sowie mit mehrstündigem Training. Um dem Meister seinen Dank zu zeigen, trainierte er nun mit noch mehr Hingabe.

      Meister Shu bemerkte es durchaus und zeigte dies auch bisweilen durch ein Lächeln. Er sagte allerdings nichts.

      Li Nings Nächte vergingen ebenfalls eine wie die andere: Jiao erschien ihm im Traum, allerdings ohne diesen Ek Chen. Er träumte, wie sie neben ihm durch den Wald ging und vergeblich versuchte, ihre körperlichen Reize unter den zerrissenen Kleidern zu verbergen. In jedem Traum wurden diese Bemühungen jedoch geringer, bis sie es schließlich ganz aufgab. Und auch er bemühte sich nicht mehr, seinen Blick von ihr abzuwenden. Im Gegenteil. Er nahm ihren zerbrechlichen Körper schützend in seine Arme. Die Träume wurden immer intensiver, und seine Sehnsucht wuchs. Mehr und mehr wünschte er den Tag herbei, an dem er die Klostermauern wieder verlassen konnte.

      „Bruder Ning“, sagte der Meister endlich eines morgens. „Wir sind der Meinung, dass nun genügend Zeit verstrichen ist. Da Ek Chen seit dem Vorfall weder in der Nähe des Klosters noch in der Nähe des Hauses der Familie Ling gesehen wurde, können wir wohl davon ausgehen, dass er nicht auf Rache sinnt. Du kannst also wieder deinen gewohnten Pflichten nachkommen. Ich möchte dich aber trotzdem bitten, kein unnötiges Risiko einzugehen. Entferne dich noch nicht zu weit vom Kloster, und verständige uns bei drohender Gefahr sofort.“

      Scheinbar gelassen gab Li Ning dem Meister dieses Versprechen. Er hätte jedoch vor Freude in die Luft springen können!

      Von nun an verbrachte er wieder viel Zeit im Wald, mehr noch als früher. Die Wege, die er dabei zurücklegte, wurden immer größer. Trotzdem verging noch eine ganze Reihe von Tagen, bis er sich in die Nähe des Zieles seiner Träume wagte.

      Jiao hatte sich an den ersten Tagen nach dem schrecklichen Erlebnis wie verabredet ausschließlich im Haus aufgehalten. Da sie sonst den weitaus größten Teil des Tages im Garten zugebracht hatte, fühlte sie sich eingesperrt. Doch ihre Gedanken ließen sich nicht einsperren! Immer wieder wanderten sie zu dem jungen Mönch, den sie kaum kannte und der ihr doch so vertraut schien.

      Als sie sich endlich wieder in den geliebten Garten wagen durfte, war sie zwar sehr erleichtert, doch glücklich war sie nicht. Sie war von einer seltsamen Sehnsucht ergriffen, die ihr keine Ruhe ließ. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie ihr Blick in die Richtung wanderte, in der sie das Kloster wusste.

      „Jiao ist im Garten“, sagte die Mutter, nachdem Li Ning im Wohnraum einige Zeit mit ihr geplaudert hatte. „Sie wird sich sicher freuen, ihren Retter zu sehen. Kommt, ich begleite Euch hinaus. Ihr müsst wissen, Jiao verbringt die meiste Zeit bei ihren Blumen.“

      Li Ning hatte heute allerdings kein Auge für die Blumen. Die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Jiao ließ sein Herz bis zum Hals schlagen, und als er sie dann endlich erblickte, raste es geradezu. Er konnte nur hoffen, dass keine der beiden Frauen etwas davon bemerkte.

      Dass es Jiao nicht anders erging, konnte er nicht ahnen.

      Da beide sehr darum bemüht waren, ihre Gefühle zu verbergen, war die Mutter bei dem nun folgenden Plauderstündchen Alleinunterhalterin. Das störte diese jedoch in keinster Weise, war sie doch froh, ihrem Mitteilungsbedürfnis einmal ungehindert freien Lauf lassen zu können.

      Jiao und Li Ning beschränkten sich darauf, ab und zu einen heimlichen Blick auf den anderen zu werfen. Um so mehr erschraken beide, als sich ihre Blicke einmal trafen. Obwohl dieser Blick nur einen Lidschlag währte, war er immerhin lange genug, beiden die Hoffnung zu geben, dass die eigenen Empfindungen erwidert werden. Aus Angst, sich vielleicht getäuscht zu haben, vermieden sie nun gegenseitige Blicke. Stattdessen beteiligten sie sich jetzt ebenfalls an dem Gespräch.

      Jiaos Mutter machte sich weder über die anfängliche Schweigsamkeit der beiden Gedanken, noch über deren plötzliche Beredsamkeit. Wie hätte sie denn auch ahnen können, was in den beiden vorging. War doch Jiao in ihren Augen noch ein Kind, und der junge Mann war schließlich ein Mönch!

      Der Nachmittag verging viel zu schnell, und Li Ning musste sich viel zu früh verabschieden. Doch er musste vor Anbruch der Dunkelheit das Kloster erreichen.

      Von nun an besuchte Li Ning die Familie Ling regelmäßig, jedoch nicht so häufig, dass es aufdringlich wirkte.

      Für Jiaos Mutter waren diese Besuche eine willkommene Abwechslung, für die beiden Liebenden die Erfüllung ihrer sehnsüchtigsten Träume.

      Eines Tages öffnete auf Li Nings Klopfen niemand. Enttäuscht wollte er sich schon entfernen, als Jiao um das Haus gelaufen kam. „Also habe ich mich doch nicht geirrt“, rief sie erfreut. „Kommt, wir gehen in den Garten.“

      „Eure Mutter ist nicht zu Hause?“

      „Nein, sie ist in der Stadt, bei Bekannten.“

      Li Ning folgte Jiao hinter das Haus in den Garten. Sie setzten sich ins Gras, direkt neben einem der wunderschönen Blumenbeete.

      Es war für beide eine völlig neue Situation, allein zusammen zu sein. Erst nach längerem schüchternen Schweigen unterbrach Li Ning die Stille, und sie unterhielten sich über belanglose Dinge, obwohl sie sich doch so unendlich Wichtiges zu sagen hatten!

      Sie saßen ziemlich nah beieinander, viel näher, als es sich für die beiden gehörte.

      Jiaos Haar duftete verführerisch, und zusammen mit den vielfältigen Düften der Blumen und Gräser war die Wirkung auf den jungen Mönch betörend. Vorsichtig tastete seine Hand nach der ihren, und sie ließ sein zärtliches Streicheln zu. Er schaute ihr in die leuchtenden braunen Augen, fühlte ihr Verlangen, und er wusste sich nicht länger zu beherrschen.

      „Jiao“, flüsterte er.

      „Li Ning.“

      „Jiao, Jiao.“

      Sie fielen einander in die Arme…

      Aus vielen Träumen gibt es ein schreckliches Erwachen, doch weder Jiao noch Li Ning konnten ahnen, welch unsägliches Leid gerade ihr Traum nach sich ziehen sollte!

      Als Li Ning sich verabschiedete, tat er dies mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits war er unendlich glücklich, andererseits überkam ihn große Angst vor der Zukunft. Er wusste,

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