Grüße von Charon. Reinhold Vollbom
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Die Brünette betrachtete ihn mitleidig. »Und nun ist Ihre Seifenblase geplatzt und die Millionen fehlen.«
Der andere starrte regungslos geradeaus. Wortlos schob er ihr das leere Glas hinüber. Sie füllte es zum wiederholten Male und gab es ihm zurück. Es dauerte eine Weile, bis er sich ein wenig schwerfällig erhob und die Bar verließ.
Nachdem er den exklusiven Wohnblock in der Hauerbachstraße betrat, sah ihn der Nachtportier erstaunt durch die Scheibe an. »Ich wusste gar nicht, dass Sie Ihre Wohnung verlassen hatten, Herr Sander. Eine Gute Nacht wünsche ich Ihnen.«
Doch der andere sagte kein Wort, sondern erwiderte den Gruß nur mit einer flüchtigen Handbewegung, um gleich darauf im Aufzug zu verschwinden.
◊
Suchend tastete sich die Hand von Kommissar Steffen durch das Dunkel des Schlafzimmers zum Telefonhörer.
»Kröger, du?! Verflixt! Weißt du, wie spät es ist?!« Mit einem Blick auf den Wecker fügte er an: »Es ist haargenau zehn Minuten vor halb eins.« Gleich darauf lauschte der Kommissar mehrere Augenblicke in den Hörer. »Welcher Sander? … Ach so, der. – Höchstwahrscheinlich aus dem Fenster gesprungen, sagst du?! Um diese Uhrzeit! – In Ordnung, wir treffen uns gleich in der Hauerbachstraße.«
Gähnend begab sich Kommissar Steffen auf den Weg ins Bad. Warum ist er ausgerechnet um diese Zeit gesprungen, knurrte der Kriminalbeamte.
In der Hauerbachstraße wartete bereits sein Assistent Kröger auf ihn. »Vorn auf dem Gehweg liegt er. Wegen den schaulustigen Personen haben die Feuerwehrleute eine Decke über ihn gelegt. Wollen Sie ihn sich ansehen?«
»Nein, lass gut sein. Nicht auf nüchternen Magen. Wo kommen die Leute um diese Uhrzeit alle her?«
Kröger überhörte die Frage des Chefs. »Gemäß Polizeiarzt ist er gleich tot gewesen. Vermutlich hat er sich vom Balkon seiner Penthouse-Wohnung gestürzt.«
»Wann ging der Notruf ein?«
»Ein Nachbar aus den umliegenden Häusern hat die Feuerwehr gerufen. Er konnte nicht schlafen und stand zufällig am Fenster, als er einen kurzen Schrei hörte. Dann sah er nur noch den Toten auf dem Gehweg liegen und hat gleich die Feuerwehr gerufen. Der Notruf ging genau fünf Minuten nach Mitternacht ein.«
»Na komm, Kröger, lass uns nach dem Grund seines Sprungs forschen. Am besten fangen wir beim Nachtportier an.« Gähnend schritt Kommissar Steffen voran.
»Ich habe mich schon kurz mit dem Portier unterhalten. Das bisschen, was er trotz seiner Brille noch sieht, wird vom Elfengeist überlagert.«
»Elfengeist? – Ach so.«
Nachdem die beiden die Pförtnerloge erreicht hatten, befragten sie den Portier nach Einzelheiten. Dieser stand unter dem Schock der Ereignisse und antwortete ausgesprochen aufgeregt. »Wissen Sie, Herr Kommissar, kurz zuvor habe ich ihn noch gesehen und gesprochen, als er nach Hause kam. Und keine fünf Minuten später ist er tot. Schrecklich!«
»Wann kam er denn nach Hause?«, fragte der Kommissar gespannt.
»Um Mitternacht. Das heißt, ein oder zwei Minuten danach.«
Verblüfft sah ihn der Kommissar an. »Woher wissen Sie das so genau?«
»Wegen der Hymne. Pünktlich um Mitternacht wird im Radio immer die Nationalhymne gespielt. Und irgendwann, mittendrin, kam Herr Sander nach Hause. Es sah so aus, als hätte er große Sorgen gehabt, wissen Sie. Sonst sagt er immer ein paar nette Worte zu mir. Nichts Besonderes, aber irgendetwas. Nur heute Abend ging er einfach durch, ohne ein Wort zu sagen.«
Nachdem die beiden Kriminalbeamten mehrere routinemäßige Fragen gestellt hatten, ließen sie sich vom Portier die Schlüssel für die Penthouse-Wohnung geben.
»Das Apartment macht einen ordentlichen Eindruck. Sauber, alles an seinem Platz.« Kommissar Steffen ließ den Blick befriedigend in die Runde schweifen.
»Chef«, ertönte es mit einem Mal aus einem der Zimmer nebenan. »Kommen Sie bitte mal.«
Wenige Sekunden später standen die beiden vor einer Schreibmaschine, in der noch ein Blatt eingespannt war. Kröger entfernte den Bogen Papier behutsam aus der Maschine und las den Text vor. »Hallo Lars, ich will es kurz machen. Ich habe dir Verträge untergeschoben, die du nie unterschrieben hättest, wenn du den wahren Sachverhalt kennen würdest. Es handelt sich um die Angelegenheit, in der wir uns vor zwei Jahren mal stritten. Nun wollte ich das Projekt heimlich durchziehen und bin dabei auf die Nase gefallen. Dieser Brief gilt als Beleg dafür, dass du an der ganzen Angelegenheit unbeteiligt bist. Tut mir leid.«
Der Kommissar holte heftig Luft. »Höchstwahrscheinlich hat er, nachdem er den Brief geschrieben hatte, die Wohnung verlassen. Vielleicht ist er ein bisschen spazieren gegangen, um sich alles noch einmal in Ruhe zu überlegen. Und als er dann nach Hause zurückkam, gab es für ihn nur eine Lösung: Den Sprung!«
Beide sahen sich mit zuckenden Achseln an. »Den Rest machen wir morgen, Kröger. Lass uns gehen.«
◊
Am nächsten Morgen kam Kommissar Steffen ein wenig später ins Büro. »Hast du die Zeitung gelesen, Kröger?« Gespannt sah er seinen Assistenten an.
Dieser nickte knapp. »Erstaunlich flink unsere Presse, nicht wahr?« Nach einer kurzen Pause sah Kröger vom Schreibtisch auf. »Aufgrund des Zeitungsartikels hat eine Barfrau angerufen. Sie sagte, dass Herr Sander gestern Abend bei ihr in der Bar war.«
»Und?« Kommissar Steffen sah ihn fragend an.
»Sie muss jeden Augenblick hier aufkreuzen.«
Im selben Moment klopfte es. Eine ein wenig zu kräftig gewachsene Brünette betrat den Raum.
Nachdem Kröger die persönlichen Daten aufgenommen hatte, fing Kommissar Steffen mit der Befragung an.
»Wissen Sie, Herr Kriminalkommissar«, schilderte die Brünette den gestrigen Abend, »er schien sehr verzweifelt gewesen zu sein.« Gleich darauf berichtete sie Einzelheiten von dem Gespräch am Vorabend. »Im Grunde genommen kommt so etwas fast jeden Abend vor. Die Männer, die mir da ihre Seele ausschütten, sehen für mich alle gleich aus. Dieser Sander unterschied sich lediglich dadurch, dass er eine seltsam gepunktete Fliege trug. Ach so, und der Whisky. Er würde nur diesen Marlowe trinken, sagte er mir.«
Kommissar Steffen erinnerte sich, solch eine Flasche in der Penthouse-Wohnung gesehen zu haben. Er stellte ihr weitere zwei, drei Fragen und verabschiedete sich darauf von ihr.
»Nebenan sitzt seit fast einer Stunde sein Kompagnon, Lars Behnecke. Soll ich ihn reinholen?« Kröger sah seinen Chef fragend an. Der Angesprochene nickte knapp.
»Na endlich!« In gespannter Erwartung betrat Lars Behnecke das Zimmer. »Nach dem, was ich heute Morgen gehört habe, muss ich in der Firma alle Unterlagen überprüfen, an denen Gerhard arbeitete. Sie können sich vorstellen, wie zeitaufwendig das ist.«
»Es