Paracelsus. Erwin Guido Kolbenheyer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Paracelsus - Erwin Guido Kolbenheyer страница 48

Paracelsus - Erwin Guido Kolbenheyer

Скачать книгу

eine Genossin, sie wußte von dem Liebesspiel der andern nichts, ahnte es nur.

      Auserwählt. Die Toten kamen und begehrten ihr Gebet. Jungrudi hatte sie gefunden. Vielleicht kam der Hans bald. Er sollte in ihr Gebet aufgenommen sein, um seiner Sünden willen, die er täglich beging. Gritli dazu, die sündigte mit ihm. Und alle die andern, die Lebendtoten!

      Sie hörte Schritte. Es blieb nicht Zeit, ihr Gewissen, das sich immer in demselben Netze verfing, zu befreien. Es brannte nur heftig in ihr auf, als sei sie von einer schweren Schuld getroffen.

      Theophrast rannte herein und schwang eine tote Katze in der Rechten. Das Tier tropfte noch rot vom Kopfe.

      „Mammeli, sie hat das Vögeli erworgen wölln, und ich hab sie erschmissen. Nu ist sie gericht!“

      Er strahlte vor Begeisterung. Die Mutter starrte ihn an.

      „Mammeli, hörest nit? Du sollt kein Forcht nit han, dann sie ist gericht und tot.“

      Er kam langsam nahe und hielt ihr die Katze hin.

      „Gang! Mir grouset! Dine Händ sänd voll Bluot!“

      Theophrast stutzte, dann warf er die tote Katze von sich und rieb die Hände am Höschen. Eis war tief erblichen. Sie wischte mit zitternden Fingern über ihre Stirn. Sie murmelte:

      „Unser Herr und Heiland liebet all Wesen. Er hätt niemalen ein Kätzli erschlahn.“

      Das Kind wich eingeschüchtert, es erkannte die Stimme seiner Mutter kaum. Aber Reue konnte es nicht fühlen.

      Nach einigem Besinnen:

      „Mammeli, sie hänt den Änderle an den Galgen ton, darumb daß er hat ein Wammes gstohln. Und die Katz sollet das ohnschuldig Vögeli mörderen? Das Vögeli schrije umb Hilf und hot mir mit sin Fittich gewunken, sollet ichs nit hörn?“

      „Es ist der Katz Art, sie muoß würgen.“

      Theophrast stand in schwerem Bedenken. Er sah nieder auf die tote Katze. Aber er fühlte keine Schuld. Er stieß die Katze mit dem Fuß und rief:

      „Das Vögeli sollet leben und ist entwuschet. Das Vögeli ist fri, und ich gstund bi dem!“

      Er sprang auf die Mutter zu, umfing sie und lehnte in ihrem Schoß, sah lachend auf zu ihr. Er ließ sie nicht, obgleich sie ihn heftig abwehrte.

      „Mammeli, du sollt nit ohnlustig sin, das Vögeli ist entwuscht!“

      Aber ihr Herz zitterte unter einer fremden Not, die sie entsetzte. Sie fühlte die Wärme des kindlichen Körpers wie ein Glück, dem sie entweichen müsse, um rein zu bleiben für die Bitten aus einer andern Welt.

      „Mammeli!“

      „Bis still, es wehet mich sunderlich an … kumm, Frästeli, hie … uf min Schoß!“

      Dem Kind wurde bange. Sie zog es auf ihr Knie.

      „Still, Frästeli, satz dich grad uf unde reck dine Schwurfinger zur Hoch!“

      „Was solls?“ flüsterte das Büblein.

      Er verstand sie nicht. Sie mußte ihm die Finger zurechtbiegen. Und dann reckte sie auch ihre Schwurhand auf.

      „Still, Frästeli, nu wollend wir losen, wes Stimm üns anruoft.“

      Sie saß steif und stierte in die Wand. Theophrast sah qualvoll in das starre, fremde Gesicht, seine Hand entfaltete sich und sank langsam auf die Brust, leise glitt er von dem Knie der Mutter. Er kauerte ihr zu Füßen und drückte sein Gesicht in ihren Rock.

      „Ich wills nümen wieder tuon …“

      Er greinte und wiederholte seine Worte, ohne zu wissen, was er nicht wieder tun werde. Sein ganzes Wesen war wund. Er sah auf und schrie:

      „Din Ougen, Mammeli! Du sollt nit so schouen!“

      Sie schien zu erwachen, tastete auf den Kopf ihres Kindes nieder, nahm sein angstvolles Gesicht zwischen beide Hände und sah ihm lange suchend in die Kinderaugen, die in Tränen schwammen.

      „Mammeli …“

      Es brach aus ihr wie ein Gewitter, das erst in großen, spärlichen Tropfen fällt, bevor es seine Güsse entlädt. Sie bog sich tief nieder zu ihm, und der Knabe zuckte unter den ersten Tränen. Als er aber sah, daß seine Mutter ihre Züge wiedergewann, rankte er den schmächtigen Körper an ihr empor und umhalste sie.

      Während ihre Tränen sein Gesicht benetzten, saß er auf ihrem Schoß und preßte sie an sich. Und er weinte nicht.

      Er wußte, daß die Mutter seines stummen Trostes bedürfe, und er fragte nicht.

      Wie eine Erleuchtung war es über ihn gekommen, daß er nicht mutlos sein solle, weil er in diesem Augenblicke stärker sei als die Mutter.

      Er wartete geduldig, bis ihre Tränen versiegten, dann streichelte er leise ihr Haar und tröstete sie:

      „Nu solltu nümen greinen. Bald kummt der Vater, der wird dir ein Salben geben und lässet dir zur Ader und gibet dir ein Heiltrunk. Do solltu wieder fröidig sin. Kumm, er ist uf Einsiedlen, wir gohnt ihm zue.“

      Sie küßte ihn und nickte. Als sie den Pelzmantel umgetan hatte, Theophrast wich dabei nicht von ihrer Seite, ergriff er ihre Hand und ließ nicht mehr los. Im Vorbeigehen zog er die Mutter zu der toten Katze. Die hob er auf und meinte beruhigend:

      „Die tuet dir nünts nit, Mammeli, die werfend wir über die Bruck.“

      Eis ließ sich von ihm führen.

      Sie sah Bombast von weitem, denn es war frostklar. Eis flüsterte bedeutsam nieder:

      „Sag nit dem Vater, daß ich hab geweint, es möcht sinem Herzen wehe sin, dann er ist fast bekümmeret umb üns.“

      Bombast hätte sie beinahe nicht beachtet. Theophrast mußte ihn anrufen und er tat es erst aus nächster Nähe, so wunderlich hatte ihn das Verbot der Mutter berührt.

      Da ersah der Vater die Seinen.

      „Ei, kummt ihr mich ruefen?“

      „Nein, Bombast, wir gangend dir ungfährt entgegen.“

      „Ich bin umbsunst geritten. Der Wälti Schwend schicket mir sin Knecht für die Tür, do ich wollt absteigen. Er sije so weit wohl und bedürfet min Arznei nit meh. Die schwobisch Arznei sije siner Natur nit günstig. Dannocht wolle er vor all getane Müh etlich guete Zürcher Plappart, so weit er schuldig sije, an mich wenden. – Ich mueß lachen, dann der Knecht saget die Litanei in eim Atem her, als man sie ihm eingelernt, drucket mir einTüchli mit denen Zürcher Plappart in den Schoß und ducket eilig ins Tor, vermeinend, ich wollet ihme die Quittung blau hinter die Ohren schreiben. Der Wälti Schwend ist der dritt sider Wochen zween, dems für min schwobisch Arzenei grouset. Die schickend all uf Richterswil zem Hansen Binzenmeyer. Der hat kein schwobisch Arzenei. Der möcht ihnen mit sin schwyzer Tüfelsdreck die Kränk samen der Seel us dem Leibe fegen.“

      Er lachte bitter vor sich hin und trieb das Jörgeli an. Frau und Söhnlein

Скачать книгу