Die Legende von der Siebener Parabel. Stefan P Moreno
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„Ich habe mehrere Briefe und eine Einladung von Madame Faunette erhalten mit der Bitte, hierher zu kommen.
Reisetickets und Spesengeld waren in den Briefumschlägen gleich beigelegt. Sie war scheinbar eine gute
Freundin meiner vor kurzem verstorbenen Mutter. Im Brief stand etwas über eine Erbschaft, die meine Mutter
mir hinterlassen hat. Mehr weiß ich auch nicht. Persönlich bin ich Sophie Faunette noch nie zuvor begegnet.“
Joaquin räusperte sich. Er wollte auf dieses Thema nicht weiter eingehen.
„Und warum bist du hier?“ fragte er und war froh, auf diese Weise ausweichen zu können.
„Aus einem ähnlichen Grund wie du“, antwortete Harlekin.
„Auch ich habe vor einigen Wochen eine Einladung bekommen. Nur wurde in meinem Brief keine Erbschaft
erwähnt. Ich wurde von Madame Faunette nur gebeten, für einen längeren Zeitraum nach Spanien zu
kommen, weil sie mit mir über eine wichtige Angelegenheit sprechen müsse. Es würden alle anfallenden
Kosten übernommen und in Spanien während meines Aufenthalts für mich gesorgt werden. Den Grund,
worüber sie mit mir sprechen wollte, hat sie im Brief nicht erwähnt. Da ich zurzeit in Holland nichts Besseres
zu tun hatte, nahm ich die Einladung an. Ein wenig spanische Sonne tut mir sicherlich gut. Hey, du bunter
Vogel, was hältst du denn davon, meine Schulter wieder freizugeben? Deine Krallen sind messer-
scharf und ich bekomme langsam Schieflage!“ Er gab dem Papagei einen leichten, sanften Klaps, worauf
dieser seine Flügel ausbreitete, abhob und zurück auf seinen Käfig flog. Harlekin stand auf.
„Vielen Dank für den Tee, der tat richtig gut. Wo kann ich denn mein bescheidenes Hab und Gut unterbringen?“
er deutete auf seinen Rucksack, welcher an einen Stuhl gelehnt auf dem Boden stand.
„Auf dem Küchentresen liegt ein Zimmerschlüssel für dich bereit.“ Joaquin deutete auf die Küchenzeile, stand
ebenfalls auf und führte Harlekin zum Tresen. „Jeder Schlüssel ist mit einem Buchstaben gekennzeichnet
und ich vermute, deiner ist der mit dem blauen „H.“
Harlekin nahm schmunzelnd den Schlüssel an sich.
„Die Zimmer befinden sich auf dem Flur. Die Tür mit dem blauen „H“ müsste demnach deines sein.“
Harlekin hievte seinen Rucksack auf den Rücken. „Bin gleich wieder da!“ rief er Joaquin zu und verließ die
Küche. Joaquin räumte die Tassen vom Tisch und stellte sie in einen großen Waschbottich, der auf dem
Küchentresen stand. Er dachte über Harlekin nach. Irgendwie mochte er diesen komischen Kauz. Ein lustiger
Kerl, unkonventionell und locker, der scheinbar auch noch gut mit Tieren umgehen konnte. Auf den Kopf
schien er auch nicht gefallen zu sein. Joaquin rätselte darüber nach, welchen Beruf Harlekin in seiner Heimat
Holland ausüben mochte.
„Werde ihn mal bei Gelegenheit fragen“, nahm er sich vor.
„Joaquin, Harlekin ham ´n Spleen! Joaquin, Harlekin ham ´n Spleen!“ flötete Lord Leroy plötzlich aus heiterem
Himmel drauf los und brach in ein ohrenbetäubendes, schrilles Gelächter aus.
Joaquin wunderte sich bei Lord Leroy über fast gar nichts mehr.
„Halt deinen Schnabel!“ rief er dem Papagei lachend zu. „Scheinst langsam übermütig zu werden!“ Er warf
einen feuchten Schwamm in Richtung des Papageis. Der verfehlte sein Ziel nur knapp und landete auf dem
Boden.
„Böser Junge! Böser Junge!“ säuselte Lord Leroy vom Käfig herab.
In diesem Moment betrat Harlekin wieder die Küche. „Echt nettes Zimmer. Fast alles in Blau gehalten und
Donnerbalken bin ich von früher aus dem Zirkus gewohnt!“ Er lächelte mit gekräuselter Stirn zu Joaquin
herüber.
„Du warst bei einem Zirkus?“ fragte Joaquin interessiert und musterte Harlekin von oben bis unten.
„Du willst mich doch auf den Arm nehmen, oder?“
„Warum sollte ich?“ entgegnete Harlekin. Er setzte sich zu Joaquin an den Tisch und schlug die Beine über-
einander.
„Ja, ich war beim Zirkus und das ziemlich lange!“
„Und was hast du dort gemacht?“ fragte Joaquin und die Neugierde in seiner Stimme war kaum zu überhören.
„Ich habe dort gearbeitet - als Artist und das ziemlich erfolgreich. Aber ehrlich gesagt, Joaquin, lass uns ein
anderes Mal darüber reden. Ich habe nämlich ziemlich großen Hunger und bin ganz schön müde. Gibt es hier
irgendwo eine Speisekammer? Habe richtig Appetit auf was Deftiges!“
Joaquin lenkte ein: “Gut, essen wir was! Es sollen hier irgendwo im Haus reichlich Lebensmittel gebunkert
sein. Eine Speisekammer habe ich zwar noch nicht entdeckt, aber es soll hier einen Keller geben.“
Joaquin bückte sich und hob den Schwamm vom Boden auf. Dabei fiel sein Blick auf eine Falltür, die sich im
Holzboden unterhalb des Käfigs befand und die er bisher nicht wahrgenommen hatte.
„Ich glaube, ich habe gerade etwas gefunden, Harlekin. Hilf mir mal, den Käfig zur Seite zu stellen!“
Kurz darauf hatten die beiden Männer den Käfig zur Seite geschoben.
„Sieht aus, als ob der Papagei irgendetwas bewachen würde“, scherzte Harlekin.
Joaquin griff nach dem Metallgriff an der Falltür und zog diesen, mit einem kräftigen Ruck, nach oben.
Bewaffnet mit einer Öllampe stiegen die beiden Männer die Treppe hinunter. Unten angekommen, standen sie in einem riesigen Kellergewölbe, der von oben bis unten mit Lebensmittel gefüllt war.
Von der Decke hingen Würste und Schinken herab. Säcke gefüllt mit Kartoffeln standen an den Wänden. In Regalen lagerten verschiendenste Käsesorten, gebratenes Huhn, Pasteten