Jakob der Träumer. Markus Sturm

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      „Was möchtest du gewinnen? Du hast bereits alles. Alles, was wichtig ist für dich. Du hast Luft, du hast Licht. Was möchtest du mehr, was möchtest du mehr wissen, was mit diesem Wissen anfangen? Du bist ein Apfel!“

      „Ich möchte schauen. Ich möchte sehen. Ich möchte leben. Ich möchte erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Im Anfang ist die Tat. Ich möchte tun. Die Tat, dann das Reden. Nach dem Tun kann man reden. Weil man etwas zu reden hat! Also holt mich herunter.“

      „Nein, wir holen dich nicht herunter, du bleibst oben. Was machen wir mit dir hier herunten?“

      „Lass ihn, er wird schon aufhören“, sprach der Tod.

      „Holt mich herunter!“, rief der Apfel. Niemand reagierte mehr. Stille kehrte ein. Dieser Zustand erschien dem Tod im Augenblick als der vernünftigste.

      „Ich halte die Luft an“, meckerte der Apfel. Niemanden interessierte es. Herbie schlug die Vorderbeine übereinander und legte seinen Kopf darauf. Der Tod schloss die Augen. Diese Ruhe. Er war´s zufrieden. Und während er sich gerade zu einem kleinen Nickerchen entschloss – nicht, dass er Schlaf brauchte, aber es war angenehm -, ertönte irgendwo, nicht allzu weit entfernt, ein Pfeifen. Herbie hob den Kopf. Er lauschte. Er hörte nicht so wirklich gut, umso mehr konzentrierte er sich. Er klopfte an den Unterarm seines Freundes. „Augenblick, verweile doch, du bist so schön“, dachte der Tod, und wusste, dass die schönen Augenblicke in diesem einen bestimmten Augenblick endgültig vorbei waren. „Der Wind pfeift eigenartig!“, meinte Herbie.

      „Der Wind pfeift nicht. Das ist jemand anderer“, seufzte der Tod. Es war auch nicht der Apfel, der noch immer über ihnen hing, und in diesem Augenblick die Luft aus seinen geblähten Backen entweichen ließ. Nein, es handelte sich eindeutig um ein menschliches Pfeifen.

      „Wirklich gutes Wetter heute, das muss Adam schon sagen. Und so ein schöner Garten. So groß. Und Adam darf darauf aufpassen. Adam, ganz allein. Adam ist ja schon ein Großer, hat Er gemeint. Das hat Adam aber gefreut. Adam ist schon ein Großer. Was ist denn das dort? Ah, ja, das muss er sein, der Baum, von dem Er gesprochen hat. Der hat aber schöne Früchte, so saftig. Muss Adam gut aufpassen, dass da niemand naschen tut!“ Herbie kroch auf allen Vieren hinter den Stamm, Tod blieb sitzen, so, wie er vor dem Auftauchen des eigenartigen Wesens gesessen war, nur ein wenig unsichtbarer, zumindest für den Neuankömmling, und der Apfel hing immer noch herum. Herbie flüsterte: „Das also ist der Grund deiner Verwandlung. Ein komisch plapperndes Etwas. Lange wird sich diese Schöpfung wohl nicht halten, so naiv wie die ist.“

      „Du weißt, Irgendwer hat ziemlich viel Zeit darauf verwendet, etwas ganz Besonderes zu schaffen.“

      „Pffff, das, etwas Besonderes, niemals“, ätzte der Apfel. Der Mensch merkte nichts von der Unterhaltung, von der Verwunderung, die sein Erscheinen hervorgerufen hatte, denn die Schlange hatte sich gut versteckt, den Tod sah er nicht - und Äpfel? Die sprechen nur im Märchen. „Adam wird den Garten schön pflegen. Da wird Er sich freuen.“

      III

      Der Tod schwieg. Rauchschwaden hingen in der Luft, bildeten Wolken über den Lichtinseln der Tische, über den verschwommenen, nicht genau erkennbaren Gestalten an der Theke, bevor sie sich verteilten, solange, bis sie unsichtbar wurden, zuvor die kauernden Schemen einhüllend in diesem Zwischenreich. Er hatte die Lust verloren zu erzählen.

      „Und? Wie geht es weiter?“, bohrte Frank.

      „Weiter? Es gab kein Weiter. Das war es.“

      „Kein Weiter? Der Mensch! Er ist erschaffen! Nach Seinem Abbild! Sie waren dabei. Und es soll kein Weiter gegeben haben? Ich dachte wirklich immer, dass all diese Geschichten erstunken und erlogen sind. Und sie erzählen nun, dass ich mich geirrt habe? Und hier soll es kein Weiter geben?“

      „Nein. Der Mensch war erschaffen. Der Rest: eine Wiederholung. Es hat begonnen. Es wird enden. Dazwischen: dasselbe. Ein Beginn. Ein Ende. Das ist menschlich.“

      „Sind Sie Pessimist?“

      „Nein. Realist. Ich weiß. Und ich beobachte. Bereits seit langer Zeit. Ich bin gewesen, schon bevor der Mensch war. Dann bin ich geworden, weil der Mensch war. Heute bin ich so wie euer Wesentlichstes. Und ich werde sein. Auch danach.“

      „Nach mir?“

      „Natürlich“.

      „Nach dem Menschen?“

      „Natürlich.“

      „Warum?“

      „Warum?“ Der Tod griff nach seinem Glas. Er betrachtete die Lichtreflexionen darin. „Irgendwann wird der Mensch nicht mehr sein. Dann wird etwas anderes sein. Denn der Mensch lernt nicht.“

      „Wir lernen ständig. Unser gesamtes Leben besteht aus Lernen. Wir lernen nur.“

      „Ja, aber ihr merkt euch nichts.“ Der Tod mochte nicht mehr über Menschen nachdenken.

      „Trotzdem: Wie ging es weiter?“, fragte Frank.

      Wie sollte es weitergehen? Sollte er alles erzählen? Sollte er darüber sprechen? Es würde das erste Mal sein, dass er darüber sprach. Noch nie hatte er mit jemandem darüber geredet. Außer mit Herbie. Der Tod zögerte. Sie hatten noch Zeit. Vielleicht war es gut so. „Mögen Sie eigentlich Äpfel?“, kam es als Antwort.

      „Äpfel? Ja.“

      „Ich nicht.“

      Mann

      „Den ganzen Tag nur herumstehen und allen Tieren Namen geben und sagen, wie der Baum da heißt und wie der andere, wie langweilig. Wie das Tier hier gackert, und jenes krächzt. Adam ist müde. Keiner spricht mit Adam, keiner mag Adam. Adam ist allein.“ Irgendwer schien den Kummer in Adams Augen zu bemerken und dachte nach. „Mir schwant Übles“, meinte Herbie.

      „Warum?“, fragte der Tod. Beide saßen mittlerweile unter einem anderen Baum und beobachteten von dort aus das Geschehen. Der Mensch hatte tatsächlich jedem Lebewesen und auch allen Dingen einen Namen gegeben. Nun existierte alles. Nun war alles wirklich. Nun war alles konkret. Herbie war die Schlange, der Apfel blieb der Apfel, wie auch immer er das angestellt hatte, nur der Tod war noch nicht eindeutig benannt. Adam war noch nicht auf ihn gestoßen. Und damit die Zeit seines Namens noch nicht gekommen. Adams Nachfahren würden allerdings für ihn noch viele finden. Der Tod dachte kurz an die Zukunft. Bald würde es soweit sein. „Diesmal wird es gut gehen. Sag, dass es gut gehen wird“, forderte Herbie, „diesmal wird doch das Exemplar gelungen sein?“ Der Tod schwieg.

      „He, Leute, holt mich endlich runter, mir ist langweilig“, ertönte es vom Baum. Tod und Herbie ignorierten das Gewimmer. Und währenddessen traf Adam auf jemanden. Irgendwer war nicht untätig geblieben, das wusste der Tod.

      „Hallo.“

      „Hallo.“

      „Adam.“ Er zeigte auf seine Brust. Ein Blick als Antwort. Jemand taxierte ihn aus leuchtenden Augen. Betrachtete, nein, begutachtete ihn. Auf eine Art und Weise, wie nur Männer betrachtet wurden, die sich eben unheimlich blamiert hatten. „Na, und?“

      „Was

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