Etwas ist immer. Ben Worthmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Etwas ist immer - Ben Worthmann страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Etwas ist immer - Ben Worthmann

Скачать книгу

zwei Kindern, sowie Assmanns, ein Ehepaar, entschlossen, sich zu beteiligen, sodass es wohl auf uns drei hinauslaufen werde. Woher er die Gewissheit nahm, dass wir tatsächlich schon gewillt waren, blieb mir in diesem Augenblick zwar rätselhaft, ich widersprach aber auch nicht.

      Im Prinzip, sagte ich, seien wir durchaus interessiert. Wenn ich geahnt hätte, welchen fatalen Beigeschmack die Floskel „im Prinzip“ beim Bauen ganz generell und besonders bei einem Bauvorhaben wie diesem annehmen kann, hätte ich es vermutlich als frivol empfunden, sie einfach so zu verwenden. Eigentlich wollte ich auch nur testen, wie Stawitzki, bei dem jeder zweite Satz ein „im Prinzip“ enthielt, reagierte, wenn man auf diese Marotte anspielte. Ich treibe hin und wieder gern solche kleinen psychologischen Studien, um herauszufinden, wie empfindlich meine Mitmenschen für harmlose Sottisen sind. Stawitzki erwies sich als absolut resistent. Er hatte offenbar das Gemüt eines Fleischerhundes. Ich wusste nicht, ob es vorteilhaft oder eher von Schaden ist, sich in die Hände eines Baumeisters zu begeben, dessen Sinne so unentwickelt und stumpf sind, dass er sich erstens mit Hilfe einer nussbaumfarbenen Heimorgel an Frank Sinatra vergeht und zweitens nicht bemerkt, wenn man ihn auf die Schippe nimmt. Ich wusste, genau wie Anna, vom Bauen so gut wie gar nichts.

      „Wir sollten dann möglichst bald einen Termin mit Haltemeier vereinbaren“, sagte Stawitzki.

      „Wer ist denn das?“, fragte ich.

      „Der Bauunternehmer.“

      „Wieso...ich dachte, dass Sie...“

      „Wir arbeiten zusammen, ich, das heißt, mein Büro, wir entwerfen und planen, und Theo Haltemeier, der macht die Bauausführung. Wir haben schon öfter projektmäßig zusammengearbeitet. Er macht das im Prinzip sehr günstig.“

      Kapitel 3

      Abends, als die Kinder im Bett lagen, fing Anna damit an, das neue Haus einzurichten. Sie lief in unserer Wohnung hin und her und erzählte mir, was wir von unserer Einrichtung noch gebrauchen könnten und was wir neu anschaffen müssten. Es kam, so weit ich das verfolgen konnte, darauf hinaus, dass wir praktisch alles neu brauchten – für das große Wohnzimmer, das fast das gesamte Erdgeschoss einnahm, für ein zusätzliches Kinderzimmer – bisher teilten sich Max und Paul einen Raum -, für das Gästezimmer, für unser eheliches Gemach unter dem geräumigen Giebeldach. Im Handumdrehen hatte Anna einen potenziellen Bedarf an Einrichtungsgegenständen zusammengerechnet, mit dessen Deckung ein mittleres Möbelhaus seinen Jahresumsatz hätte verdoppeln können. Ich sah schon geschniegelte Geschäftsführer mit devotem Augenaufschlag um ihre neue Großkundin herumspringen, ihr die Tür aufhalten und sie mit Beweisen höchster Ehrerbietung überschütten, um sich dann anschließend, wenn sie hinaus war, feixend die Hände zu reiben.

      „Wenn man ein bisschen geschickt ist, kann man das alles über die Baufinanzierung regeln“, sagte Anna. „So machen das doch alle.“

      Ich hatte das etwas anders gehört. Ich hatte es in diversen Gesprächen mit erfahrenen Kollegen so verstanden, dass man eine geschickte Baufinanzierung daran erkennt, dass hinterher Geld genug für ein neues Auto übrig bleibt, nicht aber für Möbel, Lampen und Vorhänge. „Ein Daimler müsste dabei immer rausspringen“, sagten sie. Mannhaft unterdrückte ich den Drang, Anna auf diesen kleinen Unterschied hinzuweisen – schon deshalb, weil wir uns eben erst ein neues Auto gekauft hatten. Wir hatten beide gemeint, dass es, wenn wir erst bauten, auf ein paar tausend Mark mehr oder weniger auch nicht mehr ankomme und also kühn unsere Ersparnisse angegriffen. Ich hatte das Projekt „Autokauf vor Hausbau“ für mich dahingehend zu legitimieren versucht, dass man nicht zum Sklaven zeitlicher Abläufe werden dürfe, dass es mithin also gleichgültig sei, ob man das mittels Baufinanzierung zu erwerbende Auto vor Baubeginn oder erst nach dem Einzug anschaffe. Außerdem hatten wir den neuen Wagen wirklich dringend gebraucht, schon aus Vernunftgründen, weil der alte nicht mehr durch den TÜV gekommen wäre.

      Im Übrigen hatte ich nicht die geringste Lust, mich an diesem Abend mit Anna über Autos, Häuser und Geld zu unterhalten. Ich wollte noch ein Glas Rotwein trinken, in Ruhe eine Zigarette rauchen und ins Bett, mit ihr. Sie wusste das auch, wir wussten das beide schon seit dem Nachmittag.

      Anna nahm einen Zettel und begann, Zahlen untereinander zu schreiben. Jedes Mal, wenn es um irgendwelche Vorhaben und um Geld ging, nahm sie Zettel und schrieb Zahlen auf. Sie machte sich vor jedem Einkauf einen Zettel, aber ich hatte noch nie erlebt, dass sie ihn auch mitnahm. Sobald sie einen Einkaufzettel geschrieben hatte, verlor sie jegliches Interesse daran und verlegte ihn. Zwar fragte sie manchmal pro forma: „Ach, wo ist denn nur mein Einkaufszettel?“, aber in Wahrheit wollte sie das gar nicht wissen. Bestimmt hätte es sie völlig aus dem Konzept gebracht, wenn sie ihn wirklich wiedergefunden haben würde. Deshalb maß ich ihrem abendlichen Treiben keine allzu große Bedeutung bei. Ohnehin ging es hier um Summen, die den üblichen Rahmen von Einkaufszetteln deutlich sprengten. Das Ganze kam mir, ehrlich gesagt, ein wenig absurd vor.

      „Hör auf damit“, sagte ich, „das ist doch jetzt noch gar nicht akut.“

      Sie lenkte erstaunlich schnell ein. Es gab Tage, da wussten wir morgens, wie sie enden würden, ein paar Blicke und Gesten genügten und uns beiden war klar, worauf es hinauslaufen würde. Das war in meinen Augen seit jeher der unbestreitbare Vorzug einer dauerhaften, intakten Zweierbeziehung. Man konnte sich den Zeit- und Nervenaufwand ersparen, den andere benötigten, nur um sich hin und wieder in den Genuss eines Beischlafs zu bringen. Erotische Abwechslung mag ihren Reiz haben – erotische Verlässlichkeit ist jedoch eine Errungenschaft, die letzten Endes mehr wiegt. Es ist kaum übertrieben, sie zu den großen kulturellen Aneignungen der Menschheit zu rechnen. Die Vorzüge der Monogamie zu preisen hat nichts mit Moral zu tun. Es ist einfach eine Frage der Zweckmäßigkeit und der richtigen Balance von Aufwand und Nutzen.

      Ich kannte eine ganze Reihe von Leuten, Geschiedene und Singles, die sozusagen mit triefenden Lefzen durchs Leben hechelten, immer auf der Jagd nach einer Sexualpartnerschaft, immerzu gestresst, meistens frustriert. Gelang es ihnen, jemanden zu erbeuten und klappte es mal für eine Nacht, machten sie sich sofort Gedanken, ob es nicht auch vielleicht drei Jahre oder ein ganzes Leben gut gehen könnte. Ging es drei Wochen gut, begannen sie zu grübeln, ob nicht etwas falsch lief und ob es nicht besser gewesen wäre, die Sache nach drei Tagen zu beenden.

      Ronald beispielsweise, ein früherer Kollege, stellte nach einem Jahr fest, dass seine Ehe nicht mehr funktionierte, wie er sich mir gegenüber ausdrückte. Ich bohrte ein bisschen nach, und er breitete sein gesamtes Intimleben vor mir aus, bis hin zu den seiner Ansicht nach lieb- und reizlosen Unterbekleidungsgewohnheiten seiner überaus attraktiven Frau sowie gewissen, daraus folgenden Retardierungen des beiderseitigen koitalen Temperaments. Es stellte sich heraus, dass Ronalds Ehe im Grunde noch nie funktioniert hatte, da die beiden nicht wie richtige Eheleute zusammen-, sondern wie zwei Einzelgänger nebeneinander lebten. Am Wochenende ging er seinem Hobby nach – Fotografieren – und sie pflegte ihre Migräne. Wenn sie hin und wieder miteinander ins Bett gingen, schmierte sie sich vorher das Gesicht mit Fettcreme ein und zog ein Flanellnachthemd an. Das fand er entsetzlich. Am Sonntagabend zog er sich zurück, um sich mit seinen Fotos zu beschäftigen und ließ sie allein vor dem Fernseher sitzen, was sie ihrerseits nicht in Ordnung fand. Schließlich wurde ihre Unterwäsche immer rustikaler und ihr Cremeverbrauch erreichte ein solches Ausmaß, dass er darin massive Anzeichen für vorsätzliche Verweigerung erblicken zu müssen meinte, jedenfalls was die Ausübung des Sexualaktes mit ihm, Ronald, betraf.

      Eines Tages dann entdeckte er, dass sie heimlich seidene Slips zu tragen begann, und als er von einer Dienstreise zurückkehrte, war die Wohnung halb leer geräumt und die Angetraute weg. Sie hatte, wie ihm alsbald zur Kenntnis gebracht wurde, einen Anderen gefunden, und sie wurde umgehend schwanger, während Ronald erst in Depressionen versank, dann zu trinken anfing und schließlich hektisch durch alle möglichen Betten turnte. Jedes Mal, wenn er wieder

Скачать книгу