JUSTITIAS BRUDER. Dietmar Kottisch

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JUSTITIAS BRUDER - Dietmar Kottisch

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unserer Bilanz haben wollen. Was die GH-Group macht, ist eine andere Geschichte. Lohmann ist doch kein Risiko, oder?“ meinte Blüsch süffisant.

      „Doch. Er ist mit zwei Raten im Rückstand.“

      Nach einer Weile klopfte Ebert mit dem Fingerknöchel auf die Schreibtischplatte. „Könnte funktionieren. Lohnmann ist angeschlagen durch die Krankheit seines Sohnes, der in Lebensgefahr schwebt. Er hat kaum Abwehrkräfte; und wenn der Junge stirbt, ist er ganz unten, er ist psychisch am Ende und als Unternehmer nichts mehr wert.“

      „Da fällt mir ein, dass wir diesen Michels beobachten müssen. Wenn einer schon kotzt, nur weil wir ein Haus neu bewerten wollen, dann riecht das verdammt noch mal nach sozialistischer Einstellung.“

      *

      2. April 2006. Ein kleines Dorf in der Amhara Region, 400 km nördlich von Addis Abeba in Äthiopien. Eines der ärmsten Dörfer dieses Bezirkes. Neben den schlammigen Strassen stehen grasbedeckte Rundhütten, vor denen vereinzelt Frauen sitzen, die ihre nackten unterernährten Babys entweder auf dem Arm halten oder sie auf den Boden abgelegt hatten. Ihre Blicke sind leer, ohne Hoffnung, ohne Sinn, als warten sie nur auf den Tod.

      Frauen und Männer und ihre Babys leiden am Hunger, am Durst und an Tuberkulose oder Malaria.

      Es herrscht eine tropisch heiße Luft um die Mittagszeit.

      In der Mitte des Dorfes sitzen Männer und backen Fladen. Weil es kein Mehl und keine anderen nahrhaften Zutaten gibt, nehmen sie einfach Lehm, um dem Magen Völlegefühl zu verschaffen.

      Die "Deutsch-Äthiopische-Hilfsorganisation" hatte den Dorf Ältesten Amare davon unterrichtet, dass für diese Region eine Veranstaltung in Deutschland stattfindet, und sie Hilfe für die Beschaffung von Lebensmitteln, den Bau eines Kinderkrankenhauses und Medikamente erwarten können.

      Zur gleichen Zeit im zirka 5.300 Kilometer entfernten Frankfurt am Main tanzen in einer Benefizveranstaltung in der "Commerzbank-Arena" Artisten, spielen internationale Bands und begleiten weltbekannte Stars, werden Vorträge über den Hunger in der Welt gehalten, berichten Hilfsorganisationen über ihre Arbeit. Politiker halten Reden und versprechen unmittelbar Hilfe, falls sie an die Regierung kommen. Oder falls sie an der Regierung bleiben…

      Auf einer riesigen Leinwand sind Bilder von hungernden, bis zum Skelett abgemagerten Einwohnern in einem Dorf in Äthiopien zu sehen.

      Und Millionen von Zuschauern vor den Fernsehapparaten spenden Geld. Genau genommen 7,7 Millionen Euro. Der Moderator jubelte am Ende der Veranstaltung: „Vielen Dank meine Damen und Herren, sieben Komma sieben Millionen können wir diesen armen Menschen da unten überweisen. Vielen vielen Dank!“

      Die Bilder auf der riesigen Leinwand und auf den Fernsehschirmen geben den emotionalen Impuls für eine schnelle Überweisung.

      So erhielt die "Frankfurter Weltfinanzbank" auf ihr Konto sieben Komma sieben Millionen Euro.

      Ebenfalls zur gleichen Zeit und in der gleichen Stadt verfolgt der siebenundfünfzig Jahre alte Anwalt Oliver Pomerenke vor dem Fernsehapparat die Benefiz-Veranstaltung.

      Er ist einen Meter sechsundsiebzig groß, hat eine Glatze, und seine dunklen Augen strahlen Sympathie und Vertrauen aus.

      Er ist schon lange geschieden, und lebt alleine in einer 4-Zimmer-Wohnung im Frankfurt am Main im Stadtteil Sindlingen.

      Nach der Sendung bearbeitet er einen neuen, besonders gravierenden Fall. Er vertritt den Sohn eines früheren Freundes, der gegen seine Krankenkasse klagt, die daran Schuld tragen soll, dass er in seinem Betrieb nicht ins Top-Management aufsteigen konnte.

      Auch am 2. April zur selben Zeit sitzen der fünfundfünfzig Jahre alte Alex Riemek und seine vierundvierzigjährige Lebensgefährtin Saskia auf der Couch und schauen sich im Fernsehen die Veranstaltung an, die er initiiert hatte.

      Saskia arbeitet als Psychologin in einer Praxis für Konflikt-Beratung.

      Alex ist einen Meter neunundsechzig groß, hat volles, dunkles Haar, graublaue Augen.

      Er arbeitet als recherchierender Journalist an seinem Magazin „Transparent“, das er im nächsten Jahr gründen wird, nachdem er beim „ Frankfurter Tagesjournal“ aufgehört hatte.

      Die beiden wohnen in Frankfurt Höchst in einem Loft.

      Und ebenso zu diesem Zeitpunkt schreibt Jana Johansson an ihrem Buch über Kindesmisshandlung.

      Sie ist fünfundvierzig und Schriftstellerin, die unter anderem zwei Bücher über körperliche und seelische Misshandlungen geschrieben und veröffentlicht hatte. Von der ersten Auflage von 200 Stück wurden 51 verkauft, zumeist an Sozialarbeiter, Psychologiestudenten oder Streetworker. Die restlichen Exemplare hatte der Verlag der "Selbsthilfegruppe schlagender Männer" zur Verfügung gestellt.

      Jana ist einen Meter sechsundsechzig groß, hat schulterlange rote Haare, tiefblaue Augen, eine leicht füllige Statur. Sie ist verheiratet mit Lars, einem Kameramann beim Hessischen Rundfunk. Sie wohnen in Frankfurter Stadtteil Schwanheim in einem Reihenhaus.

      Dann stellte sie den Fernseher an, ruft ihren Mann, und beide verfolgen das Spektakel in der Arena.

      *

      In einer Meldung vom 28. Mai, also 56 Tage nach dieser Benefiz-Veranstaltung, erfuhren die Leser des „ Frankfurter Tagesjournals“, dass diese Frankfurter Weltfinanzbank die eingenommenen Spendengelder in Höhe von sieben Komma sieben Millionen Euro immer noch nicht in die Region transferiert hatte.

      Der Reporter Michael Glanz, Alex` ehemaliger Kollege vom „ Frankfurter Tages Journal“ hatte herausgefunden, dass die "Deutsch-Äthiopische-Hilfsorganisation" einen Brief an die Bank geschickt hatte, in dem sie um Nachweis des Geldtransfers bat. Glanz hatte es in seiner Tageszeitung auf Seite 4 veröffentlicht, und die Information auch an die Fernseh- und Radiosender weitergegeben. Auch Glanz wusste, wie dringend die Menschen da unten das Geld benötigten.

      Die Meldung verursachte jedenfalls nicht die von ihm erhoffte Resonanz bei allen Medien.

      Daraufhin folgte die Pressekonferenz in den geheiligten Räumen der Bank mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Ebert, 45 und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Blüsch, 50, die für die Abwicklung der Spendenaktion verantwortlich zeichneten.

      Ein paar Reporter von verschiedenen Zeitungen und zwei Regional und TV-Sender hatten sich eingefunden. Ab und zu zuckten ein paar Blitzlichter auf, wurden ein paar Fragen gestellt, wurde in Handys gesprochen und Notizen gemacht. Alles in allem wenig Publicity, und Ebert und Blüsch handelten die Angelegenheit im Nu ab.

      Zeitverschwendung.

      “Wir widersprechen der Meldung, dass das Geld noch nicht überwiesen wurde. Das Geld ist nicht mehr bei uns. Das kann ich Ihnen versichern,“ sagte Dr. Blüsch. Aus dem Ton war zu ersehen, dass jegliche weitere Frage überflüssig erschien; und mit einer eindeutigen Geste signalisierte er seinen eigenen Abgang.

      „Ich hab nur eine Frage, Herr Doktor Blüsch,“ hielt ihn Glanz vom „Frankfurter Tages Journal“ auf, „kann es sein, dass Sie einen Geldboten mit den sieben Komma sieben Millionen per Fahrrad auf den langen Weg nach Addis Abeba losgeschickt haben? Es sind immerhin über fünftausend Kilometer,

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