Das Lächeln der Medusa. Thomas Riedel

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Das Lächeln der Medusa - Thomas Riedel

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änderte sich die Situation.

      Gardner lachte lauthals los und ging dazu über auf die Fensterbank zu klettern. Eiskalt lief es der jungen Frau über den Rücken.

      »Mister Gardener!«, rief sie auf das höchste erregt.

      Doch ihr Chef hörte sie nicht.

      »Um Gottes willen, tun sie es nicht!«, stieß sie hervor. »Mister Gardener!«

      Sekundenlang starrte der Zeitungsmann in die Tiefe. Dann ließ er den Fensterrahmen los und begann lauthals zu singen.

      »Oh, happy day! ... Oh, happy day!«

      Er schwankte. Plötzlich riss er beide Arme in die Höhe und machte, immer noch singend, einen Schritt ins Leere, gefolgt von einem Wahnsinnsgebrüll.

      Sie versuchte noch ihn aufzuhalten. Aber sie kam zu spät.

      »Mister Gardener!«, wollte sie noch einmal rufen, aber sie schluckte es herunter.

      Erschreckend lange war der Schrei des in die Tiefe stürzenden Verlegers zu hören. Erst als sein Körper unten hart auf die Betonplatten aufschlug, riss er jäh ab.

      Mit weit aufgerissenen Augen sah ihm seine Sekretärin nach.

      Colin Oliver Louis Gardener, der wohlhabende, mächtige Zeitungsverleger, lag tief unten auf dem Gehweg – klein, regungslos ... wie eine Puppe.

      Sie hielt den grauenvollen Anblick nicht länger aus. Vom Grauen geschüttelt wandte sie sich vom Fenster ab.

      Kapitel 7

      D

      etective Chief Inspector Blake drehte sich langsam herum. Eine Weile hatte er nachdenklich aus dem Fenster im sechzehnten Stock auf die Straße hinuntergesehen. Es hatte wie schon die Tage zuvor wieder leicht zu schneien angefangen. Zarte Schneeflocken sanken in die Tiefe hinab. Sein Blick hatte auch die einladende Bar gestreift, die sich an der gegenüberliegenden Straßenseite befand. Der große und einflussreiche Zeitungsmagnat Colin Oliver Louis Gardener würde sie nicht mehr aufsuchen.

      »Möchten Sie vielleicht einen Whisky, Miss Thompson?«, fragte er die junge Frau.

      Sie schüttelte ablehnend den Kopf. Fröstelnd rieb sie sich über die Arme.

      »Nein, danke, Chief Inspector«, erwiderte sie bedrückt. Ihre Stimme war sanft, mit einem warmen Unterton. Sie gehörte zu denen, die bei anderen Menschen direkt Wohlbehagen und Gefühle auslösten. »Lieber ein Wasser.«

      Sergeant McGinnis, ein Hüne von einem Mann, der sich beim Durchschreiten jeder Tür automatisch etwas duckte, hatte sich bislang diskret im Hintergrund gehalten. Jetzt ging er zur kleinen Bar hinüber, öffnete eine Flasche Tonic-Water, füllte den Inhalt in ein Glas und reichte es ihr. Mit zitternder Hand nahm sie es dankend entgegen.

      Sie hatte erst vor wenigen Tagen ihren achtundzwanzigsten Geburtstag gefeiert. Sie war hoch gewachsen und hatte eine aufregende, makellose Figur. Dass sie sich zu pflegen verstand, sah man auf den ersten Blick und auch, dass sie wusste, was ihr steht. Es wirkte schick, jugendlich und sportiv, und dennoch blieb es dezent. Nicht nur Blake bemerkte, dass bei ihr alles am richtigen Platz war.

      »Ich möchte Sie bitten, mir genau zu erzählen, was passiert ist«, sprach Blake die junge Frau an. »Sollte Sie das im Augenblick überfordern, dann sagen Sie es mir bitte.«

      Gardners Sekretärin nippte am Glas. Sie zuckte nichtssagend mit den Achseln und machte dabei mit ihren Händen eine hilflose Geste. Offen sah sie Blake aus ihren meergrünen und ausdrucksstarken Augen an.

      »Ich hoffe, dass ich das kann. Ich bin völlig durcheinander«, sagte sie mit einem verkrampften Lächeln. »Aber ich will es versuchen, Chief Inspector.«

      »Ich könnte Ihnen eine Beruhigungstablette ...« McGinnis begann in seiner Jackentasche zu kramen.

      Verneinend schüttelte sie den Kopf.

      »Nein. Danke. Es ist sehr nett gemeint, aber ich hasse Tabletten«, erwiderte sie ablehnend.

      Blake wies auf einen der Ledersessel, der zur großzügigen Konferenzgruppe des Büros gehörte.

      Sie nahm das Angebot an, setzte sich auf den vorderen Teil der Sitzfläche und legte ihre langen, wohlgeformten Beine elegant und damenhaft leicht schräg übereinander. Dabei nahm sie ihre Schulter leicht zurück, straffte ihren Körper und legte ihre Hände auf die Beine. Blake und McGinnis, die ihr gegenüber Platznahmen, bot sie auf diese Weise eine aufregende Silhouette.

      Blake, der ein ausgezeichneter Beobachter war, signalisierte ihre Körpersprache, dass sie sich unbewusst klein machte, freiwillig auf Raum und Macht verzichtete und Unterlegenheit zeigte.

      Nachdenklich blickte die junge Frau eine Weile in ihr Glas. Schließlich hob sie den Kopf und sah die beiden Kriminalbeamten an.

      »Das war so ... «, begann sie mit leiser, belegter Stimme. »Ich saß im Vorzimmer an meinem Schreibtisch und war mit Korrespondenz beschäftigt. Plötzlich hörte ich Mister Gardner ganz entsetzlich schreien. Ich eilte sofort zur Tür und hastete hinein.« Sie strich eine imaginäre Staubfluse vom Knie. »Mister Gardner war wie von Sinnen. Ich hatte den Eindruck, dass er mich gar nicht wahrgenommen hat. Sein Anblick war einfach schrecklich. Er war nicht normal. Er ... er starrte immerzu auf den Aktenschrank.« Sie deutete mit einer Hand auf das Möbelstück. »Sein Gesicht war leichenblass und auf seiner Stirn standen dicke Schweißtropfen. Schaum stand in seinen Mundwinkeln.« Hilflos sah sie Blake und McGinnis an. »Ich habe noch nie zuvor einen Menschen gesehen, der so eine panische Angst hatte wie Mister Gardner.«

      »Haben Sie eine Ahnung, wovor sich Ihr Chef so gefürchtet hat?«, erkundigte sich Blake interessiert.

      Sie nippte kurz an ihrem Glas. »Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, Chief Inspector«, erwiderte sie. »Ich weiß es nicht.«

      »Mich verwundert ein wenig, dass er die ganze Zeit auf den Aktenschrank gestarrt hat.« Blake hatte sich erhoben und besah sich den Schrank. »Ich kann da nichts Auffälliges entdecken.«

      »Vielleicht hat er in seinem Wahn an der Stelle etwas ganz Anderes gesehen«, mutmaßte die attraktive Sekretärin. »Was weiß ich? Vielleicht hat sich der Schrank für ihn in ein höllisches Monster verwandelt, Chief Inspector.« Sie sah ihn bedauernd an. »Ich weiß es einfach nicht.« In ihren großen Augen zeigte sich noch immer der Schrecken, den sie beim Anblick ihres Chefs empfunden hatte. »Jedenfalls hatte er eine panische Angst. Er schrie die ganze Zeit über: ›Diese Qualen! Sie sind so entsetzlich. Ich halte es nicht mehr aus!‹. Dann ist er auf die Fensterbank geklettert. Und dann ...« Sie schüttelte sich ein wenig. »... lachte er plötzlich lauthals los und fing an zu singen. Sie kennen doch sicher den Gospel-Song ›Oh Happy Day‹? Dabei ist er dann in die Tiefe gesprungen.«

      Blake und McGinnis nickten nahezu gleichzeitig.

      »Das ist ja schon mehr als surreal«, bemerkte McGinnis und kommentierte: »Völlig abgedreht!«

      Sie nickte. Möglicherweise

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