Verloren. Josef Rack
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Sie nehmen sich in die Arme. Attila ist nicht für soviel Sentimentalität: „Nicht dass du mich auch noch küssen willst“, da hat ihm Toni aber schon einen Kuss auf die Wange gedrückt. So hart ist Attila dann auch nicht, wie er nach außen hin tut. Sie liegen sich in den Armen, „Toni, so einen Freund wie dich, werde ich nie mehr haben.“
„Jetzt hör aber auf“, winkt Toni verlegen ab - er ist froh, dass das Dämmerlicht seine Augen verbirgt.
Sie zünden noch zwei Kerzen an. Toni zieht ein Stück Brot und ein großes Stück „Herz-Salami“ aus seinem Rucksack. Attila staunt: „Was du alles mitgebracht hast!“ Sie lassen es sich schmecken. „Das ist ja wie eine Henkersmahlzeit“, feixt Attila. Er muss irgendetwas sagen, um die trüben Gedanken aufzulockern und die sentimentale Stimmung zu durchbrechen.
Toni ist aber noch nicht fertig. „Was wäre eine gute Mahlzeit ohne einen guten Schnaps“ und zieht noch eine kleine Flasche Barack-Palinka aus der Tasche. Attila ist total baff. Und zu allem Überfluss holt Toni auch noch ein Päckchen russischer Papirosy heraus.
Ein vorsichtiger Schluck Schnaps aus der Flasche.
Attila ganz abgebrüht: „Das braucht der Mann“ und reibt sich wohlig den Bauch. Toni verschluckt sich und hüstelt unterdrückt, er will ja schließlich auch ein „rechter Mann“ sein. Als dann die Zigaretten brennen und die ersten Züge gepafft waren, wird Toni weiß. Zum guten Glück sieht man es nicht in dem Halbdunkel. Der stinkende Qualm der Zigaretten mischt sich mit dem Modergeruch, das gibt ihm den Rest.
Und so kommt es, wie es kommen muss: Toni lässt die Zigarette fallen und wirft sich auf die Seite.
Die gute „Herz-Salami“ bleibt nicht lange in ihm, auch muss er sich schnellstens seiner Hosen entledigen, da ihm sein Körper oben und unten zeigt, dass sein Magen für diese Sachen noch nicht bereit ist.
Alles ist erledigt. So krabbeln sie mit gemischten Gefühlen zum Ausgang zurück.
In der Abenddämmerung treten sie den Heimweg an.
Die Lichter der Stadt liegen unter ihnen.
Schweigen. Es ist alles gesprochen.
Morgen fängt für Toni ein neues Leben an.
Beruhigend für ihn ist: Er wird wohl nicht weit weg sein von Attila und von zuhause, aber doch in einer eigenen abgeschlossenen Welt leben. Beruhigend ist auch, dass er mit seiner Mutter öfter zusammenkommen kann, weil sie ja dort auch Musik- und Gesangsunterricht gibt.
An den Wochenenden würde er auch öfter heimkommen.
Natürlich will er sich bemühen, Attila trotzdem so oft wie möglich zu sehen, aber ihre Wege werden eben nicht mehr die gleichen sein.
Sie werden auch nicht mehr zusammen lernen können.
Gedanken, Gedanken…
„Ach, wir sind schon da.“ Die Freunde nehmen sich noch einmal in die Arme. Toni verschwindet schnell hinterm Gartentor, bleibt aber noch kurz stehen, um sich zu fassen.
Olga ist hinterm Fenster zu sehen, sie wartet meistens, bis Toni heimkommt. Sie winkt Attila noch zu. Sie hat die Verabschiedung beobachtet und sich in etwa vorgestellt, was die beiden Freunde fühlen. Es tut ihr selbst weh.
Attila muss noch ein ganzes Stück weitergehen und bleibt mit seinen Gedanken allein. War das das letzte Mal, dass er mit Toni so gegangen ist?
Sein neues Schuljahr geht weiter, etliche seiner Klassenkameraden wechseln auf eine andere Schule.
Aber alle anderen sind ihm egal, den Platz von Toni - seines Tonis, würde niemand mehr einnehmen. Er fühlt sich allein und erbärmlich.
Zum guten Glück sieht niemand, wie er sich mit dem Handrücken über die Augen wischt - wahrscheinlich ist ihm eine Fliege ins Auge geflogen…
Kapitel 6
In aller Frühe steht schon ein Militärjeep vor dem Haus.
Andrej, Olga und Toni nehmen ihr Frühstück ein. Olga hat alles aufgefahren, keiner ist aber mit Begeisterung bei der Sache. Jeder hängt seinen Gedanken nach.
Andrej ist stolz, hat doch Toni Gefallen an der Musik gefunden - wer hätte das gedacht. Olga ist im Musikfach tätig, aber für ihn hat die Partei einen anderen Weg vorgesehen.
Für Toni will er sich ganz engagieren und ihm jegliche Art von Unterstützung angedeihen lassen. Ihm möchte er zu einer großen Karriere verhelfen.
Heute beginnt der erste Schritt.
Momentan sieht aber Toni noch nicht aus wie ein Star.
Er ist ziemlich blass und kann kaum etwas essen - die Eltern denken, dass dies wegen des Abschieds ist. Sein Magen ist aber noch von gestern in Aufruhr.
Die letzten persönlichen Sachen, die er in seiner neuen Bude braucht, sind schnell im Auto verladen. Der Chauffeur fährt sie die kurze Strecke.
Im Burgviertel halten sie vor einem großen Haus mit vielen Fenstern an. Das ist wohl das Wohnheim für die neuen Schüler. Am Eingangstor werden sie von der Leiterin empfangen. Olga ist ihr ja bekannt. Andrej wird respektvoll begrüßt und mit Genosse Major angesprochen. Toni wird mit strengem Blick gemustert und mit Handschlag begrüßt.
Es ist klar, wer hier das Sagen hat.
Andrej und Olga dürfen nur mit auf das Zimmer bis der Fahrer Tonis Sachen dort abgestellt hat. Anschließend müssen sie sich verabschieden.
Und Toni ist jetzt allein.
Was heißt allein, zwei andere Jungs sind schon da und sitzen auf ihren zugeteilten Betten, neugierig, wer denn da jetzt kommt. Der letzte der vier Jungen, der zukünftig das Zimmer mitbewohnt, trifft dann auch ein. Die Leiterin macht alle vier miteinander bekannt und weist auf eine Mappe hin, die die Hausordnung und sonstige Verhaltensregeln enthält, die strengstens zu befolgen sind.
Zack ist sie draußen.
Nun räumt Toni erstmal seine Sachen in die ihm zugeteilten Möbel ein. Möbel ist aber etwas zu viel gesagt. „Seine“ Möbel bestehen aus dem Bett und einem Regal ohne Türen, wahrscheinlich damit man alles sofort im Blick hat. Oh je, denkt Toni, das ist also meine neue Welt.
Er hat auch das Gefühl, dass jetzt seine sorglose, behütete, glückliche Kinderzeit vorbei ist…
Zu jedem Anlass und zu jeder Aktion schrillt eine durchdringende Alarmklingel.
So werden sie Punkt 12 Uhr zum Essen aufgerufen.
Aber nicht so mir nichts dir nichts:
Händewaschen im großen Gemeinschafts-Waschraum.
Zu den Mahlzeiten müssen sie ein bestimmtes Oberteil
anziehen
12 Uhr