SILBER UND STAHL. Nicole Seidel

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SILBER UND STAHL - Nicole Seidel

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      IV - Der Rosenturm

      1

      Geralt von Riva hatte Kaedwen und die Kestrelberge hinter sich gelassen und war weiter seiner Nase nach Westen gefolgt. Lange Wochen ritt er meist einsam durch unbewohntes Gebiet, daher freute er sich über den ebenfalls einsamen Reisegefährten, den er an den Ufern des Flusses Buine begegnete. Der junge Hexer entschloss, sich dem verwundeten Soldaten auf seinem Weg nach Hause anzuschließen und so schlugen die beiden Männer den Weg nach Hengfors ein, das an Redaniens Nordgrenze zum kleinen Land Malleore lag.

      Aryan war in einem Grenzscharmützel, das zwischen Redanien und Temerien immer mal wieder aufflammte, verwundet worden und hatte seine Schwerthand verloren. Der junge Mann mit dem einst fröhlichen schönen Gesicht hatte daraufhin allen Lebensmut verloren und starrte verbittert in die Welt hinaus, die ihm nun ungerecht und grausam einher kam. Seine rechte Hand zu verlieren und fortan als unnützer Krüppel durch Leben laufen zu müssen, zermürbte den erst fünfundzwanzigjährigen Mann. Dann begegnete er diesem geheimnisvollen Hexer, der nur wenige Jahre älter als er selbst zu sein schien.

      Der weißhaarige Krieger mit den beiden mächtigen Schwertern auf seinem Rücken und den gelben Katzenaugen flößte ihm anfangs Angst ein, doch zeigte Geralt von Riva ihm gegenüber keinerlei Feindschaft. Und der Hexer, der am ganzen Leib voller Narben war, tat noch mehr für Aryan und erweckte in ihm den Trotz. "Du hast doch noch deine linke Hand", entgegnete der weißhaarige Krieger auf sein selbstmitleidiges Gejammer. "Lern sie zu gebrauchen. Egal, ob du nun damit in Zukunft eine Waffe oder eine Schreibfeder führen willst."

      Aryan war jung genug, um einzusehen, dass der Hexer recht hatte. Als Kind hatte man ihm Lesen und Schreiben beigebracht - er konnte lernen, mit seiner verbliebenen Hand zu schreiben und sein Glück in irgendeiner Verwaltung suchen.

      Und in den folgenden Tagen, in denen die beiden kampferprobten Männer nebeneinanderher ritten, hatte er genug Gelegenheit das schmerzvolle Schicksal seines Mitreisenden im Stillen zu bedauern. Er hatte von den Hexern gehört, die durch eine jahrelange qualvolle Mutation zu dem gemacht wurden, was sie heute waren. Doch Geralt war der erste Hexer, dem Aryan begegnete. Und die unzähligen Narben an dem kräftigen Körper zeugten von vielen Kämpfen - besonders die tiefe Narbe am linken Auge musste Geralt von Riva für eine lange Heilphase große Qualen beschert haben. Der Hexer war ein Ausgestoßener, auf ewig verdammt umherzuziehen, um Ungeheuer zu töten. Nie würde er das Glück einer Familie genießen können, war er selbst doch unfruchtbar und war von seinen leiblichen Eltern verkauft worden. Aryan haderte nun nicht weiter mit seinem eigenen Schicksal.

      "Es war in dem Jahr, als ich geboren wurde, als ein grausamer Fluch den Herzog von Hengfors heimsuchte", begann Aryan mit seiner Erzählung aus der Heimat. "Herzog Eduan von den Rosen und seine schöne Gemahlin Pratziana hatten zu diesem Zeitpunkt eine fünfzehnjährige Tochter namens Rosalea und einen achtjährigen Sohn, den sie Diederic tauften. Die Prinzessin war dem einfluss-reichsten Grafen aus Malleore versprochen, aber zu einer Hochzeit kam es nie. Es heißt, das Mädchen habe damit gedroht sich umzubringen, wenn man sie mit den Malleorischen Grafen verheiratete und dieser hätte vor Zorn über diese Zurückweisung eine Zauberin nach Hengfors geschickt. Diese verfluchte das aufmüpfige Mädchen und verbannte sie in den höchsten Turm der Burg der Rosen. Dort schläft sie bei Tag und geht in den Burgruinen des Nachts als blutdürstende Striege um."

      "Das liegt nun fünfundzwanzig Jahre zurück; hat den nie jemand versucht den Fluch zu brechen?" fragte Geralt neugierig geworden.

      Die beiden Reiter folgten einem wenig genutzten Weg durch eine fruchtbare Ebene mit lichten Waldstellen und saftigen Niederungen. Ihre braunen Reittiere liefen im Schritt und Geralts Pferd Plötze zupfte ab und an einige besonders saftige Gräser vom Wegrand.

      Aryan schüttelte den Kopf. "Nicht dass ich mich erinnere. Die Herzogfamilie verließ ihre verfluchte Burg und ließ einen Schutzwall aus dornigem Gestrüpp um das Gemäuer errichten. Seither opferte man einmal die Woche ein größeres Tier der Bestie in der dornenumwucherten Ruine."

      "Wurden der Malleorische Graf oder die Zauberin je zur Rechenschaft gezogen?" wollte der Hexer weiter wissen.

      Der grübelnde Soldat hob seinen Stumpf und hatte sich damit am Kinn graulen wollen. Seufzend erinnerte er sich, dass er dort ja keine Finger mehr hatte. "Es kam nie zum Krieg mit Malleore. Nie wurde eine Beschuldigung ausgesprochen. Auch die alte Zauberin hat man nie gefunden. Der Herzog hatte alles schweigend hingenommen. Es schien, als gäbe er sich selbst die Schuld am Unglück seiner Tochter."

      "Und all die langen Jahre leben die Hengforser Seite an Seite mit der Striege in ihrer Mitte?" Innerer Grimm zeichnete sich auf seinem markant-ernsten Hexergesicht ab. Das warwieder so ein typisch menschliches Verhalten, sich resignierend seinem unwidrigen Leid hinzugeben. Die Menschen jammerten gerne und viel ihres üblen Schicksal, aber sich aufraffen um daran etwas zu ändern, dazu fehlte den meisten der Wille. Einer der Gründe, warum Hexer durch die Lande zogen...

      "Ganz selten verirrte sich ein unwissender Wanderer in die Rosenburg und wurde von dem Untier getötet. Sie verlässt nie die Burgmauern und tagsüber schläft sie. Die Menschen unterhalb der Burgruine arrangierten sich damit." Aryan zuckte mit den Schultern.

      "Sie stört nicht", murmelte Geralt mit eiskalter Stimme und ließ sein Pferd antraben, als sie aus einer Baumgruppe traten und sich eine strauchbewachsene Ebene vor ihnen ausbreitete.

      Anderntags tauchten vor ihnen die ersten Gehöfte auf und einige Dörfer säumten ihren Weg nach Hengfors. Die Straße, der sie folgten wurde breiter und ab und an von weiteren Reisenden benutzt; meist Händler oder Bauern, die ihre Waren zum nächsten Markt transportierten. Getreide wuchs auf den bestellten Äckern und auf den abgezäumten Weiden grasten scheckige Kühe, dicke Schafe und einige magere Gäule.

      Bauern und Hirten allen Alters und Geschlecht blickten den bewaffneten Reitern misstrauisch entgegen, wiesen ihnen aber wortkarg die Wegrichtung, wenn Aryan freundlich danach fragte.

      Kinder unterbrachen ihre lautkreischenden Spiele, wenn sie den großen sonderbaren Hexer erblickten, der sein weißes Haar unter einer Kapuze versteckte. In dieser Gegend kamen nur selten Krieger durch, die bis unters Kinn mit riesigen Silberschwertern bewaffnet und in schweren genieteten Rüstungen gekleidet waren.

      Die beiden Kämpfer übernachteten für einige Kupferorens in den Scheunen einer Herberge und ihre Reittiere konnten sich an einem Sack Hafer sattessen. Sie selbst erfreuten sich an einer fleischhaltigen, warmen Mahlzeit und schäumend bitterem Bier.

      "Morgen erreichen wir die Stadt Hengfors. Dann trennen sich wohl unsere Wege." Der einhändige junge Mann löffelte noch etwas ungelenk die letzten Reste Eintopf mit seiner ungeübten linken Hand aus der hölzernen Schüssel. Den eingebundenen Stumpf hatte er auf den Schüsselrand gelegt.

      Geralt nickte stumm.

      2

      Bevor Geralt in die Grenzstadt hineinritt, gewahrte er rechterhand hinter einem riesigen Gestrüppwall einen mit roten Rosen umwucherten hohen Turm und die Überreste eines dreistöckigen Herren¬hauses, dessen Dach irgendwann einmal eingestürzt war. Die Rosenburg des Herzog von Hengfors, wie ihm Aryan offenbarte; der sich kurz darauf von ihm verabschiedete.

      Hengfors war eine von Menschenhand erbaute ummauerte Stadt am Grenzfluss Braa. Eine mächtige Brücke führte über den sanft fließenden Strom und war Scheitelpunkt für ein vielgenutztes Straßennetz nach Caingorn, Malleore und Talgar im Norden und der Bogenküste folgenden Straße nach Blaveken im Süden Redaniens. Und doch war das Treiben nicht so emsig und chaotisch wie in den Hauptstädten, die meist auf Elfenruinen

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