SILBER UND STAHL. Nicole Seidel

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SILBER UND STAHL - Nicole Seidel

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      Noch bei Tageslicht ritt Geralt von Riva hinauf zu der verfluchten Burg und marschierte suchend durch den mit abgenagten Knochen übersäten Hof. Der hohe Turm war vollends mit einer meterdicken Rosenhecke umschlossen, die auf den angrenzenden Mauern weitergewandert war und fast den gesamten Burgkomplex überwuchert hatte.

      Das verfallene Herrenhaus stand wie ein gruseliges Mahnmal und der verwitterte Eingang grüßte ihn mit einem stummen Aufschrei. In seinem Innern fand der Hexer weitere Knochen und Fleischreste, die stinkend vor sich hin moderten. Durch den Staub am Boden zogen sich die bizarren Spuren eines nächtlichen Tanzes von einem klauengewehrten Ungeheuers.

      Geralt verließ die Ruine wieder und trat an den Turm. Er untersuchte genau die Rosenhecke, die sich makellos bis unter das Turmdach über ihm ausbreitete. Nichts wies darauf hin, dass jede Nacht ein Ungeheuer den Weg hinab und hinauf nahm. Aber er musste sich vergewissern, dass das Mädchen Rosalea dort oben schlief.

      Ihm blieben noch einige Stunden, bis die Sonne untergehen würde. Der Hexer rannte zu einer Steintreppe, die hinauf zu den Mauern führte. Je näher er dem Turm kam umso dichter wucherten die Rosenzweige über den Wehrgang. Mit seinem Stahlschwert bahnte er sich einen Weg nahe genug heran, bis er am verwunschenen Turm ein Fenster unterhalb des Daches ausmachen konnte.

      Er entrollte ein Seil, an dessen Ende ein Haken befestigt war. Geralt stand sicher auf den schmalen Zinnen der Mauern und schwang das Seil. Als er genug Schwung geholt hatte, flog der Haken hinauf und verfing sich am Mauerwerk des Fensters. Der Hexer zog mit seinem ganzen Gewicht daran, als es hielt, sprang er hinauf und landete mit den eisenbesetzten Stiefeln an der dornenbesetzten Mauer. Seine kräftigen Arme zogen ihn Schritt für Schritt nach oben, während seine Beine sich durch das Geflecht der Rosen kämpften. Manchmal musste er sich aus dem Gestrüpp heraus kämpfen und viel zu oft drangen die langen Dornen durch das Leder seiner Kleidung und rissen ihm winzige Wunden. Mit jedem neuen Schmerz entfloh ihm ein kurzer Fluch über die verzerrten Lippen. Je höher er jedoch kletterte, umso schmaler wurde der unbarmherzige Rosenmantel, der sich wie ein abwehrender Panzer um den Burgturm gelegt hatte. Schließlich erreichte Geralt den rettenden Fenstersims und ließ sich erschöpft ins Turminnere gleiten. Er hoffte, dass sein kräftezerrender Aufstieg nicht umsonst gewesen war, und er im Innern etwas vorfand, was ihm der Lösung des Fluchs etwas näher brachte.

      Er kämpfte sich auf die Beine und zog sich noch etliche abgebrochene Dornen aus den Armen und Hosenbeinen.

      Die Sonne stand bereits sehr tief und so fiel wenig Licht durch das einzige Fenster. Der runde Raum beinhaltete nur ein einziges Mobiliar: ein Bett. Am hohen Baldachin hingen halbvermoderte Vorhangfetzen, durch die er ein Mädchen auf den muffigen Kissen ruhen sah.

      Der Hexer näherte sich dem Bett, das inmitten des Raumes stand, und schob die Stoffstreifen beiseite, die bei seiner Berührung zu Staub zerfielen. Er blickte auf die schlafende Gestalt eines wunderhübschen blonden Mädchens in einem feingestickten blauen Kleid. Eine goldene Kette ruhte auf ihrem rosigen Dekolleté und nur bei sehr genauem Hinsehen war zu erkennen, wie sich ihr zarter Busen im flachen Atemzug hob und senkte. Geralt hatte die Herzogstochter Rosalea gefunden.

      Gegenüber dem Fenster führte eine Treppe hinab in die Finsternis. Als er den Boden genau unter-suchte, stellte er fest, dass seine Schritte die ersten seit fast fünfundzwanzig Jahren waren, die den fingerdicken Staub aufgewirbelt hatten.

      Der Hexer rollte das Seil zusammen und setzte sich unterhalb des Fensters auf den Boden. Er verstand nicht ganz, was er hier in der Rosenburg vorfand. Das Mädchen schien keine Striege zu sein, sondern hier die ganze Zeit schlafend zugebracht zu haben. Sie hatte diesen Rosen umwucherten Turm noch nie verlassen. Fluch und des Rätsels Lösung musste eine etwas andere Variante sein. Dass im Burghof ein Ungeheuer hauste, davon zeugten die unzähligen abgenagten Knochen. Der Hexer hatte das Monster riechen und in der Finsternis lauern gespürt. Da unten war etwas. Und Geralt glaubte zudem, dass die Dornenhecke dieses Etwas daran hindern sollte hier herauf zu gelangen.

      Bis die Nacht hereinbrach würden dem Hexer noch drei Stunden bleiben, die er dazu nutzte, um zu schlafen. Er holte eines seiner Elixiere aus der Tasche und trank davon. Es sollte ihm bei der Heilung der unzähligen winzigen Dornenwunden helfen. Mit dem Silberschwert in der Hand legte er sich zu Seite und schloss die Augen. Er war auf der Stelle eingeschlafen.

      4

      Geralt erwachte beim ersten fernen Brüllen eines Ungeheuers. Er öffnete die Augen und stellte fest, dass es bereits tiefste Nacht war. Geschützt durch die Dunkelheit setzte der Hexer sich auf und griff nach einem weiteren Elixierfläschchen, das er sich bereits vor dem Einschlafen hingestellt hatte. Das Gift tat schmerzvoll seine Wirkung und nur wenige Lidschläge später konnte er in der Dunkelheit sehen. In einem diffusen grauen Licht leuchtete seine Umgebung, nur der schlafende Körper des Mädchens auf dem modrigen Bett gab seine rote Wärme ab.

      Geralt erhob sich und starrte aus dem Fenster. Über ihm der Sternenhimmel mit einer schmalen Mondsichel. Unter ihm graue Mauern zwischen dunklen duftenden Rosen und noch finsteren Schatten. Er lauschte und meinte im Herrenhaus Klauen über Stein wetzen zu hören. Minutenlang wartete der Hexer, dass sich das Ungeheuer hervortraute. Minutenlang tat sich gar nichts.

      Der Krieger wandte sich dem Bett zu, trat an Rosalea heran. Was sollte er nun tun? Ein Kuss erweckt die schlafende Jungfrau. Geralt beugte sich über die Schlafende und drückte ihr einen zaghaften Kuss auf die Lippen. Es roch intensiv nach Rosen.

      "Hätte mich auch gewundert, wenn es geklappt hätte", murrte Geralt, als das Mädchen unverändert weiterschlief.

      Vorsichtig hob er sie auf seinen Arm und ging mit ihr zur Treppe. Die Umgebung zeichnete sich als graue Schemen ab, die straubige Luft kitzelte in der Nase und er roch weiterhin den intensiven Duft der Rosen, als er die steile Wendeltreppe hinab eilte. Der hohe Turm hatte zwei weitere Abschnitte, leere spinnwegverhangene Räume mit dornenverhängten Fenstern, die durch die am Mauerrand hinab führende Wendeltreppe getrennt wurden. Nach einiger Zeit kam er unten an und lauschte an der dicken, festverschlossenen Holztür. Stille.

      Der Hexer legte Rosalea neben sich auf den Boden und betastete das Türschloss. Eine Handgeste und ein kurzer Axii-Zauber öffnete ihm mit einem leisen Klacken die verschlossene Tür. Er zog die Klinke herunter und ruckte an der Tür. Nur widerwillig lösten sich die Wurzeln und Dornen der Rosenhecke von dem alten Holz. Geralt kamen die Geräusche, die er dabei machte, in der nächtlichen Stille überlaut vor. Ihn trennte nun nur noch ein meterdickes Gewirr aus bis zu armdicken Rosenzweigen, die mit spitzen Dornen nur so übersät waren, vom weiträumigen leeren Burghof.

      Zudem musste ihn das Ungeheuer schon längst bemerkt haben und lauerte bestimmt schon dort draußen auf ihn. Er legte die weiterhin schlafende Rosalea in die tiefsten Schatten unter der Treppe.

      Doch alle Vorsicht nütze ihm nichts. Nur brachiale Feuergewalt und sein Hexerschwert in der Hand würden ihm nun weiterhelfen. Er aktivierte sein Igni-Feuerzeichen und brannte damit den Durchgang nach Draußen frei.

      Das dornige Gestrüpp brauchte lange Minuten, brannte knisternd weg und blendete den Hexer für kurze Zeit. Als die Flammen erloschen und er durch die geschlagenen Presche in den Hof lief, schwang er sein Silberschwert in alle Richtungen. Doch keine geifernde Bestie sprang ihn an.

      Immer wieder drehte er sich um sich selbst und suchte mit seinen nachtsehenden Augen den Burghof ab. Besonderes Augenmerk legte er auf die Schatten, in denen der Gegner lauern und jederzeit ihm entgegenspringen konnte. So durchquerte er den halben Hof und war fast am Brunnen angelangt, als er das Schnauben vernahm. Seine Nackenhaare stellten sich auf und er bemerkte fast zu spät, wie sich ein Schatten auf dem Brunnendach erhob und ihm entgegenflog.

      Weit

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