SILBER UND STAHL. Nicole Seidel

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SILBER UND STAHL - Nicole Seidel

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während die restlichen Vögel am Himmel die Welt erkundet hatten. So auch an diesem Morgen, schraken die jungen Zwillinge Andward und Alfward auf und suchten erst Sabryn... doch als sie immer weitere Kreise um die Mühle und Mühlbachstadt zogen fanden sie ihr Schwesterlein auf einer Straße nach Westen laufend vor.

      Zu Anfang war die Wanderlust des Mädchens noch ungebrochen, aber in einer regnerischen Nacht, in der sie sich nirgends unterstellen konnte, begann der große Kummer. Ihre Tränen mischten sich mit dem Regen, sie war bis auf die Knochen nass und fror entsetzlich – und wollte nur noch nach Hause.

      Da setzten sich sieben Raben zu ihr und spendeten ihr Trost. Sabryn erkannte sie. Zuerst war die Freude groß – Kummer und Regen vergessen. Und beschützt von sieben schwarzen Vögeln schlummerte das Mädchen ein.

      Mit den ersten Sonnenstrahlen erschien eine hübsche Frauengestalt am Wegesrand. Ihre Haut schimmerte golden und ihr Kleid am schlanken Leib war aus allen herbstlichen Farben von Grün-Gelb-Brauntönen gefertigt. Es war die Erdgöttin Gaia, die da vor ihnen stand – doch weder die Rabenbrüder noch Sabryn erkannten sie. „Meine sieben schwarzen Freunde, ihr dürft nur an der Seite eures Schwesterleins bleiben, wenn sie ein Opfer bringt.“

      „Ein Opfer? Gerne, wenn nur die Brüder bei mir bleiben können!“ Demütig senkte das Mädchen den Kopf vor der Göttin, denn ihr Strahlen blendete sie ein wenig.

      „So soll es sein. Fortan – bis dass der Fluch behoben sei – sollst du Schweigen!“ Sanft berührte die goldene Frau das Mädchen und verschwand im Wald.

      Und seit diesem Morgen blieb Sabryn stumm. Doch hatte sie die Gewissheit, dass ihre Brüder mit Klauen und Schnäbeln über sie wachten. So zog sie noch einige Zeit weiter des Weges.

      Irgendwann fand ein junger Kaufmann, das umherwandernde Mädchen und verliebte sich in sie. Er bat sie, ihn nach Feldwaldingen zu begleiten und seine Frau zu werden. Auch Sabryn war sehr angetan von dem hübschen jungen Kaufmann mit Namen Hubwald Engerling und willigte ein. So hielt sie Hochzeit mit fünfzehn und schien ein glückliches Leben führen zu können, wäre da nicht die Mutter des Kaufmanns gewesen: Hagnessa Engerling.

      Von Anfang an hegte Hagnessa Argwohn gegen das unbekannte, sanfte Mädchen das niemals ein Wort sprach. Aber sie war fleißig, hübsch und ihr Sohn Hubwald liebte die junge Frau aufrichtig, so musste die Mutter die Rivalin im Haus tolerieren. Aber akzeptieren konnte sie sie nicht!

      Als sie des Öfteren beobachten konnte, dass sich die Anvermählte heimlich im nächtlichen Garten mit sieben Raben traf, die sie wie Kätzchen liebkoste, war ihr das Mädchen unheimlich. Sie erzählte ihrem Sohn davon, doch Hubwald wusste von den sieben Raben, die Sabryn stets irgendwo nahe waren. „Die Raben sind harmlos, Mutter. Lass Sabryn nur machen.“

      „Irgendwas stimmt mit dem Mädchen nicht, Hubwald. Sicher lastet ein Fluch auf ihr – oder sie ist eine Hexe!“

      „Ach, Mutter, rede nicht so einen Unsinn. Sie ist ein ganz liebes Mädchen – lass sie in Ruhe!“

      Da ihr Sohn hinter der jungen Frau stand, entsann sich die Mutter einen bösen Plan, um das stumme Mädchen los zu werden, dazu brauchte sie einen verschwiegenen Dieb und die Gelegenheit ihr etwas Belastendes unter zu schieben. Über ein halbes Jahr intrigierte Hagnessa gegen die verhasste Schwiegertochter... und als ihr Kaufmannssohn mal wieder auf Geschäftsreise war, trieb ihr heimtückischer Plan saure, grausame Früchte!

      Man fand Diebesgut – weitgehend Schmuck reicher Damen der Stadt – im Zimmer Sabryns, die daraufhin verhaftet wurde.

      III

      „Sie ist – krah – natürlich unschuldig!“ beendete der größte Rabe seine Geschichte.

      „Da sie stumm ist, krah, kann sie sich nicht verteidigen“, erwiderte der kleinste. „Und ihr – krah – Mann ist auch noch nicht zurück.“

      „Hilf uns, krah, Geralt von Riva!“

      „Wie weit ist es nach Feldwaldingen!“ fragte der Mann und erhob sich. Er klopfte sich den Staub von der Hose.

      „Krah – zwei Tagesritte etwa.“

      „Du bist Edelward, der älteste?“ Geralt zeigte auf den großen, vorderen Raben.

      Dieser nickte.

      „Ich bin – krah - Gustad und die beiden, krah, kleinen hier sind Alfward und Andward“, sagte der mittlere Rabe.

      „Nun, gut. Ich weiß zwar noch nicht, wie ich euch helfen kann, aber ich versuch’s. Führt mich nach Feldwaldingen.“ Der weißhaarige Kämpfer schwang sich in den Sattel.

      Die vier Raben erhoben sich und flogen ihm voraus.

      Unterwegs erfuhr Geralt, dass die Raben den dortigen Henker vergiftet hatten, um eine eventuelle Vollstreckung auszusetzen. Auch eine Gerichtsverhandlung war bereits abgehalten worden, in der die Beweise – beziehungsweise die Diebesbeute – sichergestellt worden war und weitgehend alle Belastungen auf eine Zeugin – die Mutter Hagnessa – ausgerichtet waren. Sie war es auch, die eine kostbare Kette einer reichen Freundin im Zimmer des Mädchens gefunden hatte und daraufhin die Gendarmerie verständigt hatte. Im Zimmer fand sich dann noch weiterer gestohlener Schmuck und Hagnessa habe beobachtet, wie sich Nächtens Sabryn immer heimlich mit schwarzen Raben getroffen hatte, die ihr sicher die gestohlenen Schmuckstücke gebracht hatten.

      Der Vogt Mainer von Richtweih war sichtlich ungehalten über die mittägliche Störung beim Essen. Aber als Stadthalter und oberster Richter kam ihm der fremde Besucher dann doch gelegen, als der ihn ganz unverblümt nach Arbeit fragte.

      „Du bist ein Hexer?“ Der Vogt – ein stattlicher Mann mit erfahrenen Zügen, dessen fortgeschrittenes Alter das kurze schwarze Haar immer grauer werden ließ – biss sich ein weiteres Stück vom Truthahnschenkel ab.

      Geralt nickte und ignorierte seinen hungrigen Magen, der beim Geruch des saftigen Truthahns vor ihm zu knurren angefangen hatte.

      „Wir haben hier keine Ungeheuer. Aber mein Henker ist krank geworden und bald steht eine Vollstreckung an.“

      „Ich töte keine Menschen“, wandte Geralt ein.

      „Hexer werden doch zum Töten abgerichtet. Das ist eure Passion. Die Arbeit eines Henkers ist viel leichter, sein Opfer bewegt oder wehrt sich meist nicht mehr.“ Mainer von Richtweih lachte auf, als einziger von seinem Witz angetan. „Ich zahle gut.“

      „Ich nehme an.“

      „Gut. Hauptmann Joule Weiden zeigt dir alles, was du brauchst und wissen musst.“ Der Vogt winkte ihn mit dem abgenagten Truthahnknochen nach draußen.

      Dort erwartete ihn schon der Hauptmann – ein Jungspund mit lockigem dunkelblondem Haar und einem Spitzbärtchen. Seine goldknöpfige Uniform trug er mit einer stolzen Erhabenheit, die Geralt so noch nie gesehen hatte. Wortlos folgte er ihm, seine Stute Plötze am langen Zügel führend.

      „Der Stall ist dort.“ Hauptmann Joule zeigte auf einen Gebäudekomplex links. „Daneben ist die Kantine und oben findest Du ein Zimmer für dich. Der Richtsaal ist mit im Stadthalterhaus. Die Gendarmerie ist in diesem rechten großen Haus unter gebracht. Dahinter ist das Gefängnis und etwas die Straße hinunter findest du ein gutes Wirtshaus.“ Joule Weiden winkte einem seiner Untergebenen und beauftragte ihn, sich um Geralts Pferd zu

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