Wohin mein Weg dich führt. Patrick Osborn

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Wohin mein Weg dich führt - Patrick Osborn

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einem Fuß auf den anderen trampelte. „Kann ich jetzt endlich gehen?“

      „Und du willst nicht warten, bis Oma und Opa nachher kommen?“ Ben registrierte den Blick seiner Tochter, denn sie immer aufsetzte, wenn sie ihren Papa um den Finger wickeln wollte. Ein Blick, der auch diesmal seine Wirkung nicht verfehlte, denn nur zehn Sekunden später schloss Ben hinter ihr die Haustür. Er sah, wie Lily das Grundstück verließ und die Straße überquerte.

      Sie hatte ein Bild für ihre Großeltern gemalt, das sie ihnen unbedingt geben wollte.

      Ben stieg die Treppe zum Badezimmer hoch. Shannon stellte gerade die Dusche aus. Vorsichtig öffnete er die Tür und trat ein. Warmer Dampf umfing ihn.

      „Du kommst ja wie gerufen.“ Shannon wickelte ein Handtuch um ihren Kopf. „Trocknest du mir den Rücken ab?“ Ben trat näher, nahm das Handtuch entgegen und fuhr seiner Frau sanft über den Rücken. „Ist Lily jetzt doch gegangen?“ Shannon drehte sich um und sah Ben in die Augen.

      „Gerade eben. Du kennst doch deine Tochter.“

      „Na dann ...“ Shannon schlang ihre Arme um Bens Hals, beugte sich vor und küsste ihn sanft. Stürmisch erwiderte er den Kuss, hob seine Frau hoch und trug sie ins Schlafzimmer.

      Zwanzig Minuten später lagen sie erschöpft auf dem Bett. Das Telefon klingelte und gedankenversunken griff Ben nach dem Hörer.

      „Ja?“

      „Hallo Ben, ich bin´s, Jeffery.“ Ben erkannte die Stimme seines Schwiegervaters, der, obwohl schon seit einigen Jahren pensioniert, den Militärton nicht ablegen konnte. „Ich wollte nur wissen, wann wir nachher bei euch sein sollen.“

      „So gegen eins. Ihr könnt zusammen mit Lily kommen.“

      „Wieso mit Lily?“ Schlagartig saß Ben im Bett. „Ist sie nicht bei euch? Sie hat sich“, Ben schaute auf seine Uhr, „vor zwanzig Minuten auf den Weg gemacht.“

      „Nein, Lily ist nicht hier! Wir wussten ja nicht einmal, dass sie kommen wollte.“

      „Ich bin sofort bei euch.“ Ohne eine weitere Antwort seines Schwiegervaters abzuwarten, sprang Ben aus dem Bett.

      „Was ist mit Lily?“ Shannons Stimme klang besorgt.

      „Sie ist nicht bei deinen Eltern angekommen.“

      Ben brauchte nicht lange zum Haus seiner Schwiegereltern. Die Straßen waren in den Vormittagsstunden dieses zweiten Weihnachtstages noch leer. Entweder bereiteten sich die Anwohner auf das Mittagessen vor oder genossen ein spätes Frühstück. Ben kam zumindest niemand entgegen, den er nach Lily fragen konnte. Shannon war zuhause geblieben, falls Lily dort auftauchen sollte. Er wollte gerade in den Vorgarten seiner Schwiegereltern eintreten, als er im Rinnstein etwas entdeckte.

      Lilys Rucksack!

      Ben hob ihn hoch, öffnete den Reißverschluss und sah, dass die Zeichnung, welche Lily für ihre Großeltern angefertigt hatte, noch dort war. Tränen stiegen Ben in die Augen. Er spürte, dass seiner Tochter etwas passiert war.

      „Hast du Lily gefunden?“ Die schneidende Stimme seines Schwiegervaters ließ ihn zusammenzucken. Er hielt ihm den Rucksack entgegen. „Der lag vor eurem Gartentor.“

      „Und Lily?“

      „Keine Spur.“

      „Komm rein, Ben! Ich informiere die Polizei.”

      Etwa zehn Minuten später betrat ein älterer Kommissar das Haus seiner Schwiegereltern.

      „Dieter, danke dass du sofort gekommen bist!“ Kommissar Dutzmann war ein Freund von Jeffery, auch wenn der Kontakt in den vergangenen Jahren eher spärlich gewesen war. Zumindest hatte Ben den Kommissar auf Familienfeiern nie gesehen. Von Shannons Erzählungen wusste er aber, dass sich Dutzmann und ihr Vater von früher kannten. Dieser hatte seine Karriere als Streifenpolizist bei der Berliner Polizei begonnen und war damals in die Ermittlungen involviert, die nach dem Anschlag auf eine Berliner Diskothek eingeleitet wurden. Jeffery leitete damals die Ermittlungen auf Seiten der Alliierten.

      „Jeffery, Kathy.“ Dutzmann deutete auf Shannons Mutter. „Wo ist Shannon?“

      „Sie wartet zuhause, falls Lily dort auftauchen sollte.“ Ben trat energisch auf Dutzmann zu.

      „Sie sind sicher der Vater von Lily?“

      „Ben Herzfeld.“ Ben ergriff die fleischige Hand des Kommissars und blickte in seine durchdringenden Augen.

      „Erzählen Sie mir bitte, was passiert ist.“

      „Wollen Sie nicht lieber meine Tochter suchen!“, fuhr Ben ihn an.

      „Natürlich will ich das. Und ich kann auch verstehen, dass Sie aufgeregt sind. Aber je genauer ich über die Umstände des Verschwindens Ihrer Tochter informiert bin, desto effektiver kann ich die Suche koordinieren.“

      „Der Kommissar hat Recht, Ben.“ Jeffery legte seinem Schwiegersohn beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Glaub mir, er weiß, was er tut.“

      Ben seufzte und begann zu berichten. Viel gab es ohnehin nicht, was er erzählen konnte. Lily hatte ein Bild für ihre Großeltern gemalt und wollte es ihnen bringen. Da Shannon und er noch das gemeinsame Weihnachtsessen vorbereiten wollten, hatte er nichts dagegen gehabt, dass Lily zu ihren Großeltern ging. Zumal sie den Weg schon oft allein gegangen war.

      Während Bens kurzem Bericht inspizierte der Kommissar Lilys Rucksack. „Ist das das Bild?“ Ben musste sich eingestehen, dass er es nicht wirklich betrachtet und sich demzufolge nicht mehr daran erinnern konnte.

      „Das müsste es sein.“

      „Müsste?“ Kommissar Dutzmann hob fragend die Augenbraue.

      „Lily hat es mir zwar gezeigt, aber ich habe nur einen kurzen Blick darauf geworfen.“ Ben`s Puls beschleunigte sich. „Wann beginnen Sie endlich mit der Suche nach meiner Tochter, statt hier sinnlose Fragen über das Bild anzustellen?“

      „Oh, die Fragen sind alles andere als sinnlos, Herr Herzfeld! Die Zeichnungen der Kinder sagen oft sehr viel über ihren Gemütszustand aus. Und ...“

      „Was soll das denn heißen? Wollen Sie etwa andeuten, dass Lily weggelaufen ist?“ Ben hatte Mühe seine Stimme im Zaun zu halten.

      „Ich will gar nichts andeuten, Herr Herzfeld. Allerdings ist es wichtig, sich ein vollständiges Bild zu machen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Ursachen für die meisten solcher Fälle im familiären Umfeld zu finden sind.“

      „Jetzt reicht es aber! Sie ...“ Ben wollte auf Kommissar Dutzmann losstürmen, doch Jeffery ging dazwischen.

      „Es ist gut, Ben!“ Nur mit Mühe konnte sein Schwiegervater verhindern, dass Ben handgreiflich wurde.

      „Habt ihr ein Foto von Lily?“, wechselte Dutzmann das Thema, ohne auf Bens Reaktion einzugehen.

      „Natürlich. Ich hole es.“ Kathy ging ins Wohnzimmer und kam kurz darauf mit einem Bild von Lily zurück.“

      „Danke, Kathy.“ Dutzmann nahm das Foto

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