Wohin mein Weg dich führt. Patrick Osborn

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Wohin mein Weg dich führt - Patrick Osborn

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herrschte Stille und Ben wurde bewusst, dass der Ausbruch seine Situation nicht verbessert hatte. Dieser Meinung war auch Kommissar Dutzmann. „Ich denke es ist besser, wenn wir uns in Ruhe auf dem Polizeirevier unterhalten.“

       Kapitel 3: Trugschluss

       Berlin, Dezember 2014

      Ben schreckte aus dem Schlaf hoch. Sein Puls raste und er war schweißgebadet. Verwirrt blickte er sich in seinem Zimmer um. Er brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass er sich an seinen Traum erinnerte. Normalerweise tat er dies nicht. Nach dem Aufwachen waren die Träume verschwunden, hatten sich aufgelöst, wie Nebelschwaden am Morgen. Doch der Traum von letzter Nacht hing ihm noch nach. Er hatte sich an besagtem Weihnachtstag wieder gefunden und gesehen, wie Lily das Haus verlassen hatte. Er war ihr gefolgt und wusste auf einmal, dass er ihr Verschwinden verhindern konnte. Kurz bevor Lily das Haus ihrer Schwiegereltern erreicht hatte, bemerkte sie ihn und sprach ihn an. Ben erschauerte bei dem Gedanken, wie real die Begegnung mit seiner Tochter gewesen war. Allerdings fiel es ihm schwer, sich daran zu erinnern, worüber er mit Lily gesprochen hatte.

      Er wischte über sein Gesicht und schwang sich aus dem Bett. Dabei entdeckte er den Beutel mit den Ampullen auf seinem Nachttisch. Er griff danach und sah, dass eine Ampulle leer war. Natürlich. Gestern vor dem Schlafengehen hatte er eine geöffnet und ausgetrunken. War sie der Grund für seinen Traum? Ben rief sich das Gespräch mit dem Mönch in Erinnerung, der ihm keine konkrete Antwort auf die Frage geben wollte, was der Wirkstoff dieser Flüssigkeit sei. Er hatte Ben jedoch nicht nur doppeldeutig geantwortet, dass er es schon bald herausfinden würde, sondern ihm auch die Warnung gegeben, sie gewissenhaft einzusetzen.

      Nun denn. Jetzt wusste Ben, was der Inhalt bewirkte. Er versetzte ihn in einen Tiefschlaf und ließ ihn träumen. Wahrscheinlich enthielt sie ein Opiat, welches dafür verantwortlich war.

      Mitgenommen stand Ben auf. Obwohl er mehr als zehn Stunden geschlafen hatte, fühlte er sich alles andere als erholt. Dies war sicher auch eine Folge des Opiats. Er warf einen Blick nach draußen, nur um festzustellen, dass das eher triste Wetter weiterhin Bestand hatte. Trotzdem öffnete er das Fenster und ließ die kühle Morgenluft herein. Plötzlich bemerkte Ben ein Kitzeln an der Nase. Als er sie berührte, spürte er eine warme, klebrige Flüssigkeit an den Fingern.

      Blut.

      Auf seinem Pyjamaoberteil entdeckte er noch mehr Blutflecken. Irritiert ging er ins Badezimmer, um dort zu erkennen, dass er schon einiges an Blut verloren haben musste. Zumindest seinem Pyjama nach zu urteilen. Weitere, bereits verkrustete Flecken kamen zum Vorschein und Ben fragte sich, wie stark er in der vergangenen Nacht geblutet hatte. Er zog das Oberteil aus, als etwas aus einer der Brusttaschen fiel. Er bückte sich und sah einen Gegenstand. Das konnte nicht wahr sein! Vor seinen Füßen lag ein Schlüsselanhänger. Und nicht nur ein Anhänger, sondern Lilys Schlüsselanhänger! Er erinnerte sich, wie Lily ihm diesen in seinem Traum gegeben hatte. Bestürzt starrte er auf das kleine Stück Metall und hatte Mühe seine Fassung zurückzugewinnen.

      Scheinbar war seine Krankheit weiter fortgeschritten, als er sich das eingestehen wollte.

      Vor etwas mehr als zwei Monaten wurde bei Ben ein Gehirntumor diagnostiziert. Dies hatte ihn nicht überrascht, da er schon seit einigen Wochen mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen hatte. Natürlich hatte er dies anfangs auf die Belastung der vergangenen Monate und Jahre geschoben. Aber tief in seinem Innersten hatte er gewusst, dass es mehr als nur Kopfschmerzen waren. Die ärztliche Untersuchung hatte ihm Gewissheit verschafft. Klassische Behandlungsmethoden wie Chemotherapie oder Bestrahlungen würden nichts mehr erreichen und eine Operation war wegen der Lage des Tumors ausgeschlossen. So hatte sich Ben mit seinem Schicksal abgefunden. Mehr noch. Die Klarheit, nur noch eine bestimmte Zeit zu haben, Lily zu finden, hatte seinen Drang, die Wahrheit herauszufinden, deutlich verstärkt.

      Und so hatte er gelernt, mit den Schmerzen und den Schwindelanfällen zu leben. Sicher, an manchen Tagen waren die Kopfschmerzen kaum zu ertragen. Sein Sehvermögen war dermaßen beeinträchtigt, dass Ben es vermied, mit dem Auto zu fahren. Noch schwerer wog allerdings die Tatsache, dass er niemanden hatte, dem er sich anvertrauen konnte. Shannon wollte er mit diesem Thema nicht belasten. Außerdem hätte er ihr Mitleid nicht ertragen. Und Liem? Natürlich hatte sein Bruder ein Recht zu erfahren, wie es um Ben stand. Darüber hinaus war Liem Arzt und hätte mit Sicherheit darauf bestanden, dass Ben sich eine weitere ärztliche Meinung einholte. Doch genau das wollte er nicht.

      Ben stieg unter die Dusche. Anschließend warf er einen Blick in seinen Kleiderschrank. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er viel Wert auf seine Kleidung gelegt. Doch diese, nach seinem heutigen Verständnis, Oberflächlichkeit hatte er längst abgelegt. So entschied er sich für eine saubere Jeans und ein Poloshirt. Außerdem hatte er heute keinen Termin. Er wollte nur kurz in die Redaktion fahren, um nach dem Rechten zu sehen und würde sich dann zum Mittagessen mit Liem treffen.

      Eisiger Wind umfing Ben, als er auf die Straße hinaustrat. Die Chancen für eine weiße Weihnacht standen in diesem Jahr nicht schlecht. Er brauchte einen Moment, um seinen Wagen zu finden, den er vor seiner Abreise nach Thailand in einer Seitenstraße geparkt hatte. Ben hoffte, dass der Motor seines Volvo keine Probleme machen würde.

      Und tatsächlich. Der Wagen sprang ohne Murren an. Ben fädelte sich in den Verkehr ein, der sich schleppend dahin zog. Allein zur Hasenheide brauchte er fast zwanzig Minuten, da verschiedene Baustellen immer wieder den Verkehrsfluss immer wieder zum Erliegen brachten. Über die Gneisenaustraße bog er rechts in den Mehringdamm ein. Er schaltete das Radio an und vernahm, wie der Nachrichtensprecher über eine weitere Krise in Afghanistan berichtete.

      Kurz darauf erreichte er die Ebertstraße und bog rechts in die Dorotheenstraße ein, in der sich die Zufahrt zur Tiefgarage befand, die von den Redakteuren des Senders genutzt werden konnten.

      Ben arbeitete seit vielen Jahren als Korrespondent und Auslandsjournalist. In dieser Funktion hatte er von verschiedenen Brennpunkten dieser Welt berichtet. Eine Tatsache, die seiner Ehe nicht gerade gut getan hatte. Aufgewachsen in Bangkok, kam Ben 1985 nach West-Berlin, um in seiner Geburtsstadt zu studieren. In Berlin verliebte er sich Hals über Kopf in Shannon, deren Vater für das amerikanische Militär arbeitete und der hier stationiert war. Nach seinem Studium bekam er eine Stelle in der Redaktion der Sendung Auslandsmonitor. Ben hatte schon immer ein ausgeprägtes Gespür für Wahrheit und Gerechtigkeit und so kam es, dass er gleich mit seinem ersten Beitrag das Wohlwollen des damaligen Sendeleiters gewann. Dieser gab Ben eine Chance und so durfte er daraufhin aus allen Krisengebieten dieser Welt berichten: Er war in Afrika, im Irak und im Nahen Osten.

      Seit Lilys Verschwinden hatte sich Ben auf den ostasiatischen Raum konzentriert. Er konnte nicht sagen, warum, aber seine Intuition verriet, ihm, dass hier die Antwort lag. Und bisher hatte er sich immer auf sein Gefühl verlassen können. Jedoch hatten all seine Bemühungen ins Leere geführt.

      Ben ging an der Pförtnerloge vorbei und sah, dass Hubert gerade am Telefon war. Er winkte dem Pförtner kurz zu, doch dieser beachtete ihn kaum. Merkwürdig, dachte Ben, doch ihm fiel ein, dass Hubert sicher ein wenig Stress mit seiner Frau hatte. Wie jedes Jahr stand zu den Weihnachtstagen der Besuch seiner Schwiegermutter an und Huberts sonst sonniges Gemüt veränderte sich schlagartig.

      Ben fuhr in den zweiten Stock und betrat die Redaktionsräume. So kurz vor Weihnachten war auch hier nicht wirklich etwas los. Viele Kollegen befanden sich im Urlaub.

      Bis zum Mittag hatte Ben zumindest ein paar seiner Mails gesichtet und beantwortet, kurz mit seinem Produktionsleiter gesprochen und erfahren, dass er erst wieder nach den Weihnachtstagen gebraucht wurde.

      Gegen zwölf machte er sich auf den Weg zum

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