Cave Cobaltum. Gerhard Gemke
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„Sie kennen den Stollen.“
Sicher kannte Jade den Helldor-Stollen.
„Was hat Kronk damit zu tun?“
Nichts, erklärte Meier. Der Graf habe Helldor lediglich als idealen Ort für die Einlagerung vorgeschlagen. Dankenswerterweise. Und einen Firmen-Verbund gegründet, der alle wichtigen Aufgaben und Arbeiten im Zusammenhang mit Helldor 21 übernehmen könne. Ideal sozusagen. Sicher müsse man ein Projekt dieser Größenordnung europaweit ausschreiben, aber Kronks Konsortium habe beste Aussichten, den Zuschlag zu bekommen. Und jetzt, schloss Meier mit einem wichtigen Blick auf seine Armbanduhr, habe er einen Termin beim Bürgermeister.
Jade blieb hinter ihrem Schreibtisch sitzen. Über ihrem Kopf hing eine vergrößerte Fotografie des schiefen Turms von Pisa, die Meier noch nie hatte leiden können. Eben deshalb mochte Jade sie nicht abnehmen. Lange starrte sie auf die geschlossene Bürotür.
kobold: hi ich bins
Ela hatte fast schon den merkwürdigen Chat vom Sonntag vergessen. Wie beim ersten Mal war es kurz vor Mitternacht, als sich kobold einloggte.
kobold: habt ir schon was unternomen?
Was wollte der Typ?
MissVerständnis: worum gez
kobold: operazion bergfrieden
MissVerständnis: ?
kobold: helldor wird das neue asse
Ela zögerte. Entweder war das ein Spinner, oder …
MissVerständnis: wer sagt das
kobold: ich
Ein Spinner, eigentlich mehr als klar.
MissVerständnis: wer ist ich
Das Fenster wurde geschlossen, kobold hatte sich verpixelt. Aber es gab ein paar Experten bei den WAAMPIREn, die seine IP-Adresse rauskriegen konnten. Falls Ela sich entschließen sollte, kobold so ernst zu nehmen, dass sie die Experten informierte. Danach sah es nicht aus.
Nebenan wurde eine Zimmertür geschlossen, ihr Vater ging zu Bett. Elas Mutter war fort. Sehr weit fort, hatte Papa gesagt, sie wird nicht zurückkommen. Die Erinnerung an Charlotte war beinahe verblasst. Ela machte in einem Jahr Abitur. Solange würde sie in Weißenhall bleiben, bei ihrem Vater. Außerdem hatte Ela hier ihre Leute.
Ela fuhr den Rechner runter und löschte das Licht.
Jasper Reineke war Bürgermeister von Weißenhall Er lag auf seinem Bett und starrte an die Zimmerdecke. Am Nachmittag hatte er ein längeres Gespräch mit Heribert Meier geführt, dem Projektleiter von Helldor 21. Alles lief reibungslos, niemand hatte Einwände angemeldet. Herzliche Grüße von Forestier. Jasper Reineke war erleichtert. Da konnte der Kerl ruhig wiederkommen. Der mit dem Wolfsgesicht.
Für Jade war es kein Problem, die entsprechenden Unterlagen einzusehen. Als Meiers Sekretärin hatte sie freien Zugang zu den meisten internen Akten, oder sie wusste, wo sie suchen musste. Bis zum nächsten Montag hatte sie herausgefunden, um welche Art „spezieller Abfälle“ es bei Helldor 21 tatsächlich ging. Um schwach und mittelstark strahlenden Atommüll, der in dem 1911 stillgelegten Salzstock Helldor verschwinden sollte. Meier war mit der Koordination und Ausführung beauftragt worden. Jade fand ein Schreiben des Bundesumweltministeriums, in dem man großes Interesse an dem Projekt bekundete. Unterzeichnet war es mit dem charakteristisch unleserlichen Schriftzug von Edouard Forestier, dem seit der letzten Wahl zuständigen Minister. Angeblich war Helldor schon früher im Gespräch gewesen, doch man hatte 1967 den Salzstock Asse bei Braunschweig vorgezogen, den die GSF – Gesellschaft für Strahlenforschung – offiziell als Forschungsbergwerk betrieb, aber jahrzehntelang zur Lagerung von Atommüll missbrauchte. Dumm gelaufen, denn der als so sicher gepriesene Salzstock war undicht. Jetzt stand die Bundesregierung vor dem Problem, die maroden Fässer aus der Asse wieder rauszubekommen und woanders verschwinden zu lassen. Selbstverständlich auf Kosten der Steuerzahler. Doch welch Überraschung, niemand wollte das Zeug vor seiner Haustür haben, erst recht nicht nach dem Schock, den die Reaktorkatastrophe von Fukushima ausgelöst hatte, heute vor genau einem Monat. Damit nicht genug standen in einigen Bundesländern Landtagswahlen an. Schöne Scheiße.
Jade lehnte den Kopf gegen den schiefen Turm von Pisa. Sämtliche Vorbereitungen für Helldor 21 waren in den letzten zwei Monaten durchgezogen worden, die sie in einer Ostseeklinik im letzten Winkel von MeckPomm verbracht hatte. Sogar die öffentliche Auslegung der Pläne, ohne eine einzige Reaktion innerhalb der Widerspruchsfrist. Zumindest bei so etwas konnte man sich auf die Weißenhaller verlassen – in manchen Augen regelrecht ein Standortvorteil.
Jade stöhnte. Wäre sie nur hier geblieben. Und jetzt kam Meier auch noch mit Er habe sie schon lange informieren wollen, aber aus Rücksicht auf ihre Krankheit … Lächerlich! Eine glatte Lüge. Meier konnte nach Kronks Auftritt bloß nicht mehr zurück. Überhaupt Kronk. Als Unternehmer war er nach Jades Kenntnis noch nie in Erscheinung getreten, und plötzlich hieß es, sein Firmen-Konsortium habe die besten Aussichten, sich an dem Projekt eine goldene Nase zu verdienen.
Aber so schnell ging das nicht. Nicht bei dem Giftzeug, an dem man noch in ein paar tausend Jahren Spaß haben würde.
Um so überraschter war Jade, als Meier sie schon tags darauf anwies, einen Vertrag mit AniBehConsort vorzubereiten, über die Durchführung aller Arbeiten im Zusammenhang mit Helldor 21. Betreiber des ABC-Konsortiums war Graf Diopsid Kronk. Jade war fassungslos. Sie wartete den Büroschluss ab, um Heribert Meier darauf anzusprechen.
„Die Sache mit Helldor …“, begann sie.
„Hören Sie, Frau von Bronsky.“ Meier benutzte als Einziger konsequent das von, wenn er Jade ansprach und es klang jedesmal wie eine Narbe auf ihrem Namen. Jade war überzeugt, dass Meier diesen Effekt beabsichtigte.
„Diese Sache, wie Sie es nennen, Frau von Bronsky, hat allerhöchste Priorität. Heute morgen hat sich Bürgermeister Reineke persönlich an mich gewandt und eine schnelle Erledigung des Genehmigungsverfahrens angemahnt.“
„Aber …“, versuchte Jade zu widersprechen. Es müssen doch neue Untersuchungen des Helldor-Stollens vorgenommen werden, wollte sie hinzufügen, aber Meier ließ sie nicht zu Wort kommen.
„Wir können uns auf Gutachten berufen, die Helldor mindestens ebenso gute, wenn nicht in einigen Punkten wesentlich bessere Eigenschaften attestieren als vergleichbaren Standorten. Im übrigen haben wir die volle Unterstützung des Umweltministers der Bundesrepublik Deutschland.“
Heribert Meier atmete schwer, als hätte ihn diese aufgeblasene Feststellung überanstrengt. Jade nutzte die Pause.
„Die Gutachten, von denen Sie sprechen, sind mehr als vierzig Jahre alt. Damals waren die Richtlinien längst nicht so streng wie …“
„Frau von Bronsky.“ Wenn Meier schon die Arme hinter dem Rücken verschränkte und seinen Bauch vorstreckte. „Über diese Gutachten befinden Spezialisten, die in den letzten Wochen großartige Arbeit geleistet haben, und nicht Sie. Das übersteigt, wie Sie sicherlich einsehen werden, ihre Befähigung bei weitem. Und glauben Sie nicht, es sei uns entgangen, dass Sie