Cave Cobaltum. Gerhard Gemke

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Cave Cobaltum - Gerhard Gemke

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sich, ihre grauen, fast blinden Augen, hörte ihre leise Stimme.

      Es war einmal ein Mann, der böse Bronko, der eine Zauberkugel besaß. Da kam der Bär Bramabas und nahm sie dem bösen Bronko fort. Er sprach das Zauberwort und sofort wurde der böse Bronko zu Stein. Da flogen tausend Schmetterlinge zum Fenster herein und zerschmetterten den bösen Bronko in tausend Krümel. Die verstreuten sie in der weiten Welt. Die Kugel aber versteckte der Bär Bramabas in seinem Bauch. Ich schenke ihn dir, kleine Jade. Hab ihn lieb, dann wird er dich beschützen, wo immer du bist. Aber achte auf die Kobolde. Die kommen nachts aus dem Berg, wenn die Menschen schlafen, denn sie suchen nach der Zauberkugel, die einst der böse Bronko stahl. Doch solange der Bär Bramabas bei dir ist, werden sie dir nichts anhaben können.

      Jade blinzelte gegen die Tränen. Sie hielt die Glaskugel vor ihr Gesicht und starrte hinein, bis sich ihr Blick in dem Netz der blauen Fäden verirrte. Und da sah sie es wieder, das Zeichen wie ein Wort in einer unbekannten Schrift, einer fremden Sprache. Und gleichzeitig hörte Jade dieses Wort, ohne dass ein Laut die Stille des Zimmers durchdrang. Jade hob den Kopf und lauschte dem Klang.

      Das Schlagen der Eingangstür dröhnte durch das Haus und zerstörte ihn. Jade schloss die Faust fest um die Kugel. Schwere Schritte schleppten sich die knarzende Holztreppe hinauf. Ihr Vater hatte wieder Überstunden gemacht. Jetzt würde er für Stunden in seinem Arbeitszimmer verschwinden. So ging das jede Nacht und Jade wusste warum. Sie schob die Glaskugel in den Bärenbauch zurück. Die Musik aus Berylls Zimmer war verstummt.

      Rebell: wer bistn du

      kobold: ich?

      Rebell: nee du

      Beryll alias Rebell verdrehte die Augen. Was für ein Blitzmerker war denn da in den WAAMPIRE-Chat geraten.

      kobold: wolte nur schaun

      Rebell: und - was interessantes gefundn?

      kobold: ihr habt gegne asse gekämpft

      Rebell: quatsch

      Wolles langhaariger Alter hatte gegen die Asse gekämpft und dafür die Site eingerichtet. Beryll, Ela und die Anderen nutzten sie nur zum chatten.

      kobold: und helldor?

      Rebell: was is mit helldor

      kobold: weiß nich

      Beryll schaute auf. Draußen war bereits finsterste Nacht. Kurz vor eins. Helldor? Er tippte wieder.

      Rebell: warum fragste dann???

      In dem Moment ging noch jemand online. MissVerständnis. Beryll wusste natürlich, wer sich dahinter verbarg.

      kobold: hi miss

      Ach, daher wehte der Wind. MissVerständnis hatte ein Date mit einem Kobold. Soso. Beryll wollte gerade eine „nette“ Bemerkung schreiben, als MissVerständnis schon wieder verschwunden war.

      Rebell: ;-))

      Funkstille. Beryll wollte schon nachlegen, dass da wohl nichts zu machen wäre, haha, da hatte sich auch kobold verpisst. Beryll grinste. Damit würde er Ela beim nächsten WAAMPIRE-Treffen in Wolles Keller kommen. Kurz überlegte er, ob er die elektronischen Spuren, die der kobold hinterlassen hatte, weiterverfolgen sollte. Die IP-Adresse war automatisch gespeichert worden, dafür hatte Wolles langhaariger Alter gesorgt, und Beryll wusste, wo sie zu finden war. Er gähnte und schaltete den Rechner und die Children of Bodom aus.

      Nebenan fand die Wanderung seiner Schwester mal wieder kein Ende. Jede Nacht lief sie wie eine Gefangene im Zimmer auf und ab, nie ging sie mit Freunden aus. Aber wer wollte schon mit einem solchen Gesicht Arm in Arm gesehen werden? Beryll schämte sich höchstens eine Zehntelsekunde für diesen Gedanken. Plötzlich verstummten Jades Schritte. Beryll lauschte. Auch aus dem Arbeitszimmer seines Vaters drang kein Laut. Über das Haus der Bronskys legte sich die Stille wie ein nasses Tuch. Beryll schloss die Augen.

      3

      „Wie willst du sterben?“

      Die Stimme des Alten war kaum zu hören und breitete sich in der vollkommenen Dunkelheit wie eine unsichtbare Schwingung aus. Selbst bei Licht war der Alte kaum von der steinernen Umgebung zu unterscheiden und mancher Tourist war schon nichtsahnend an ihm vorbeigeschlichen. Als er sich jetzt nach vorn beugte, schien es, als erwachte der Fels zum Leben.

      Bo atmete tief und verzog keine Miene. Seit der Alte ihn zum Lord der Helldor-Kobolde ernannt hatte, war er in unregelmäßigen Abständen sein Gast gewesen, trotzdem hatte er sich nicht an diesen Anblick gewöhnt. Auch nicht an das scharfe Knacken, das die Bewegungen des Alten begleitete. Wie knisterndes Salz, das zu lange in den unbenutzten Gelenken verharrt hatte. Ein betäubender salzgetränkter Geruch ging von ihm aus.

      „Der unsichtbare Tod ist schrecklich.“

      Bo schwieg. Der Alte war, so wurde erzählt, über sechshundert Jahre alt, und die Gelegenheiten ihm zuzuhören würden seltener werden.

      „Ich bin fast blind, aber ich höre besser als ihr alle. Ich höre das Echo, das durch das Salz läuft. Ich weiß, dass der Graf es nicht aufgegeben hat, es nie aufgeben wird. Die alten Geschichten nagen an ihm wie Ratten an einem Kadaver. Er will sich rächen und er versucht es wieder, jetzt in diesem Augenblick. Er hat einen neuen Verbündeten.“

      Bo wartete regungslos, während der Alte schweigend in ein fernes Nichts starrte. Der unsichtbare Tod, der mit den strahlenden Fässern in Helldor einziehen würde.

      „Er nennt es Operation Bergfrieden.“

      Bo nickte. „Ihr seid euch sicher, dass der Graf dahintersteckt?“

      Langsam drehte sich der Kopf des Alten, bis seine hinter den schmalen Schlitzen kaum wahrnehmbaren Augen auf Bo gerichtet waren.

      „Ich weiß es. Und ich weiß, dass wir uns nicht wehren können. Nicht wie früher.“

      Nicht wie früher, ergänzte Bo in Gedanken, als der alte Lord noch lebte und eine mächtige Waffe besaß.

      Der Alte deutete ein Nicken an, als hätte Bo seine Gedanken laut ausgesprochen. „Niemand weiß, wo sie jetzt ist. Auch der Graf nicht. Andernfalls hätte er uns längst vernichtet.“

      Bo betrachtete die verwitterten Steingestalten ringsum. Ihm war, als bewegten sie sich, als schlichen sie in den Berg hinein, die dreiunddreißig Croggs. Leise flüsterten sie, hielten inne und lauschten. Tief aus dem Fels drangen Schreie, mal lauter, mal weiter entfernt. Dann krachten Schüsse, gefolgt vom Sirren der Querschläger.

      Plötzlich tauchte am Stolleneingang ein gebückter Kobold auf und hastete an den Croggs vorbei. Es war Albion, der alte Lord des Helldor-Stamms. Woher er kam? Von der Müllerin, raunten die Croggs, der schönen, und ihr Kind werdet ihr an dem Schmetterling auf ihrer Schulter erkennen, dem Mal, von der Mutter vererbt. Solche Dinge flüsterten die Croggs, während sie dem Lord ängstlich nachblickten, bis er im Dunkel der Stollen verschwunden war, um seinem Volk in der Stunde der größten Gefahr beizustehen.

      Vom Weißenhaller Kirchturm wehten zwölf dumpfe Schläge herüber und waren bis hier unten zu hören. Mitternacht. 1941, das zweite Jahr des schrecklichen Krieges brach an. Die Croggs drängten sich

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