Cave Cobaltum. Gerhard Gemke

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Bauch des Berges gefolgt.

      Ragadisch drückte sich in eine Nische, die das unermüdliche Wasser in den Salzstein gewaschen hatte. Fast zum Greifen nah kämpfte Lord Albion, richtete die Faust mit der Zauberkugel auf seine Gegner und schrie das Wort gegen das Getöse der Gewehre an. Wäre der Lord nicht gekommen, keiner seiner Leute hätte das Gemetzel überlebt. So aber stockten immer mehr Angreifer mitten in der Bewegung, versuchten unter namenlosen Schmerzen sich weiterzubewegen, bis sie schließlich zu Stein gefroren, einer nach dem anderen.

      Ragadisch riss seine Augen erschrocken auf. Die Versteinerten waren Männer aus Weißenhall, er hatte sie gesehen, vor der Kirche, wenn er um ein Almosen bettelte. Aber da waren noch andere. Kobolde vom Mordent-Stamm. Schon stürmten sie in einer neuen Angriffswelle heran – jedoch ohne ihren Anführer, den sie Graf nannten. Auch sie hatten keine Chance gegen den mächtigen Helldor-Lord.

      Da hörte Ragadisch ein anderes Geräusch. Ein leises Knirschen wie Salz unter einer Stiefelsohle. Hinter ihm. Fast gleichzeitig wurde er von einem Schlag auf den Schädel nach vorn geworfen. Im letzten grellen Blitz, den sein Sehnerv ihm vor der unendlichen, alles verschlingenden Finsternis durchs Gehirn jagte, sah er den Pfeil. Einen eisernen Koboldpfeil. Wessen Bogensehne er verlassen hatte, würde für immer unbekannt bleiben. Ragadisch dachte noch, wie schade es war, dass der Pfeil sich ausgerechnet in den Rücken des Lords bohrte. Dann dachte Ragadisch nichts mehr.

      Schwarze Stiefel stiegen über Ragadischs leblosen Körper. Ein schwerer Mann näherte sich Albion, dem sterbenden Lord der Helldor-Kobolde.

      „Albion“, sagte der Mann, „ich bin dein Freund.“

      Albion versuchte mit der Hand den Pfeil in seinem Rücken zu erreichen. Er sackte noch weiter in sich zusammen, aber er klagte nicht, kein Stöhnen verließ seine Lippen. Hatte er ihn erkannt, den Bürgermeister von Weißenhall?

      „Ich habe davon nichts gewusst“, flüsterte der Mann und wies mit den Augen auf das Schlachtfeld. „Ich kam, um dem Morden ein Ende zu bereiten. Du kannst mir vertrauen.“

      „Hilf mir“, flüsterte Albion und streckte ihm seine blutverschmierte Hand entgegen. Darin glitzerte die Kugel. „Nimm sie und sprich das Heilende Wort.“

      Der Mann trat näher und lächelte. „Das ist deine letzte Chance.“

      „Ja.“ Albions Stimme war kaum mehr zu verstehen.

      Vorsichtig nahm der Mann die Kugel aus den schon kraftlosen Fingern des Lords. „Und wie lautet das Heilende Wort?“

      Er beugte sich tief zu Albion hinunter. Als er sich wieder aufrichtete, war das Lächeln aus seinem Gesicht verschwunden. Leise, fast sanft klang seine Stimme. „Hast du nicht eben ein anderes Wort zu meinen Leuten gesagt?“

      Albion starrt Bruno Bronsky mit ausdruckslosen Augen an.

      Die zweiunddreißig Croggs lauschten den näherkommenden Schritten. Sie klangen nicht nach Ragadisch. Und sie gehörten auch nicht Ragadisch. Panisch versuchten sie zu fliehen, aber Bronskys Stimme dröhnte in ihrem Rücken und das Wort brachte den Steinernen Tod. Bronsky lachte und rief es immer wieder, schrie und lachte. Und rannte an den sterbenden Croggs vorbei zum Ausgang. Lange noch hallte sein Gelächter bis in die dunklen Stollen, in denen die Todesschreie allmählich verstummten.

      Als am nächsten Tag eine tief gebeugte Gestalt mit zerfurchtem Gesicht an ihnen vorbeischlich, regte sich keiner mehr. Der Graf tastete sich in den Helldor-Stollen, bis er Lord Albion fand. Und zuerst mit Erstaunen, dann mit Schrecken sah er, dass die Kugel nicht mehr in Albions Hand war. So schnell es seine gebrechlichen Knochen erlaubten, eilte Graf Kronk wieder aus Helldor hinaus. Er hatte einen bösen Verdacht. Er würde Bronsky zur Rede stellen, besser noch, er würde ihn aus dem Weg räumen. Räumen müssen. Er brauchte die Kugel.

      Nur ein einziger Zeuge hatte Bronskys Mord und Kronks Besuch beobachtet. Der Zeuge war schon 1941 uralt und nicht mehr von den Salzfelsen zu unterscheiden gewesen. Jetzt schaute dieser Alte den Kobold an, den er nach Albions Tod zum neuen Lord von Helldor bestimmt hatte.

      „Was gedenkst du zu tun?“

      Bo erwachte wie aus einem Traum. Er starrte den Alten an. Der hatte ihm diese Szenen vor das innere Auge geschickt. Und jetzt stellte er die Frage, die Bo am meisten fürchtete, die schwerste, aber sie musste beantwortet werden. Bo zögerte.

      „Warte nicht zu lange.“

      Mit kaum wahrnehmbarer Geschwindigkeit glitt der Alte wieder in seine ursprüngliche Position zwischen den Felsen zurück. Bald war er nicht mehr vom umgebenden Gestein zu unterscheiden. Als seine Bewegung zum Stillstand kam, war auch Bo verschwunden. Nur die regungslosen Croggs harrten in der Dunkelheit, wie eine ewige Anklage, wie eine Armee von Kriegern, die geweckt werden wollte um Rache zu nehmen.

      Jade starrte in die Dunkelheit vor ihrem Fenster. Morgen stand in aller Frühe die Fahrt nach Fleschbeck an, die Heribert Meier angeordnet hatte. Der Schlüssel in dem Couvert gehörte ausgerechnet zu dem Dienstwagen, den Jade hasste wie die Pest, bei dem die Kupplung so schlecht eingestellt war, dass sie die Karre garantiert abwürgte, noch ehe sie den Behörden-Parkplatz verlassen hatte, sehr zum Ergötzen der Kollegen. Und Kolleginnen. Angeblich war die Reparatur zu teuer und lohnte sich nicht mehr, doch Jade wurde den Verdacht nicht los, dass man sie mit Absicht unterließ. Warum war klar.

      Jades Augen brannten. Sie stellte den Wecker auf halb sechs und warf den Schlüssel in ihre Handtasche. Ein paar Stunden Schlaf mussten jetzt her, dringend. Sankt Orbit schlug eins, Mittwoch vor Ostern.

      Sie konnte sich nicht erinnern geschlafen zu haben und war um kurz nach fünf duschen gegangen. Noch vor Morgengrauen hatte sie den Peugeot vom Parkplatz der Behörde abgeholt und war ohne Probleme bis zur Autobahn gekommen. Ausgerechnet wenn das mal klappte, schaute kein Schwein zu. Nicht mal Anita Behrli.

      Ihr Auftrag lautete, in Fleschbeck Akten aus dem Stadtarchiv zu besorgen. Normalerweise wurde für so etwas einer der Praktikanten geschickt. Die Frage lag nahe, was Meier heute vorhatte, ohne dass Jade ihm auf die Finger schauen sollte. Unter anderen Umständen wäre ein Tag außerhalb des stickigen Büros und weit weg von Meiers Achselschweiß ein Geschenk gewesen. Und tatsächlich besserte sich ihre Laune mit jedem Kilometer, den sie zwischen sich und Weißenhall brachte.

      Die Fahrt verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, sah man von den üblichen Macken des Peugeots ab. Zum Beispiel dass das Bremspedal erst reagierte, wenn man es fast bis zum Anschlag durchtrat. Aber dann bremste die Karre doch.

      Fleschbeck war ein kleines Kaff, etwa 30.000 Einwohner, endlose Reihen von geranienverzierten Fenstern, ein Fußball- und ein Schützenverein, sowie ein Problemviertel mit zwölfgeschossigen Wohneinheiten – die übliche provinzlangweilige Mischung, siebzig Kilometer nördlich von Weißenhall. Jade erreichte ihr Ziel bereits gegen halb zehn und erfuhr, dass man sie nicht so früh erwartet hatte. Der Kurier mit den Akten, so wurde ihr mitgeteilt, träfe erst gegen Mittag ein. Sie könne ja solange das schöne Städtchen besichtigen. Jade war alles recht, sie hatte keine Eile. Meier hatte ja gesagt, sie könne den restlichen Tag freinehmen und den Peugeot erst morgen zurückbringen. Als ob er die Verzögerung in Fleschbeck geahnt hätte.

      Jade verbrachte die Mittagsstunden in der Altstadt, die ihre spezielle Freundin Anita Behrli aus der Rechnungsprüfung sicher herzig genannt hätte, die Jade allerdings wie eine Horror-Puppenstube vorkam. Überall Zuckerbäckerstil, besonders die um die Gunst der Touristen bettelnden Restaurants. Trotzdem war der Salat mit den gebratenen Hühnchenstreifen okay und der Nachtisch-Espresso bekämpfte halbwegs Jades Müdigkeit.

      Gegen

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