Cave Cobaltum. Gerhard Gemke

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Aufschwung. Das Projekt zieht bedeutende Investitionen in die Infrastruktur unserer Region nach sich, zum Beispiel eine bessere Anbindung an das Schienennetz der Bahn. Ich sage nur: Arbeitsplätze. Zudem handeln wir im ureigenen Interesse der gesamten Republik, wenn Sie mir folgen können.“

      Arrogantes Arschloch! Jade hielt Meiers Blick stand, den der wohl für durchdringend hielt. Der Spitzbauch des Amtsleiters hatte sich ihr bis auf wenige Zentimeter genähert. Und was für rosige Aussichten zauberten plötzlich ein solch dämlich-glückliches Lächeln auf sein Gesicht?

      „Herr Meier, ich kann nicht akzeptieren …“

      „Sie haben mir nicht richtig zugehört, Frau von Bronsky.“ Meier lächelte noch immer. „Es ist nicht Ihre Aufgabe, die Entscheidungen dieser Behörde zu akzeptieren.“

      „Aber …“

      „Liebe Frau von Bronsky, jetzt beruhigen Sie sich erst mal.“

      Jade wusste, dass ihre Narbe glühte und ihr ein furchterregendes Aussehen verlieh. Was bildete sich dieser Kerl ein, sie Liebe Frau von Bronsky zu nennen? Meiers Lächeln wurde mit jedem weiteren Wort unerträglicher.

      „Sie sehen einfach zu schnell rot, wie damals bei meiner Afrikareise. Ich sprach noch heute Morgen mit Frau Behrli darüber.“

      Was hatte denn die Behrli damit zu tun, diese Schnepfe aus der Rechnungsprüfung? Meier blickte übertrieben deutlich auf seine Rolex.

      „Es ist wirklich schon spät. Und Sie wollen uns doch nicht schon wieder Ärger machen? Ich habe hier ein Couvert für Sie mit einem Autoschlüssel und einer Anweisung an die Kollegen in Fleschbeck. Da fahren Sie morgen hin und holen ein paar Unterlagen ab. Der kleine Ausflug wird Ihnen gut tun. Und“, er beugte sich gönnerhaft vor, „nehmen Sie sich den restlichen Tag frei, wir brauchen den Wagen erst am Donnerstag zurück. Einen schönen Abend noch.“ Er war schon halb aus der Tür raus, da drehte er sich noch mal um. „Und belasten Sie ihr zartes Köpfchen nicht mit Dingen, von denen Sie nichts verstehen.“

      Jade kochte, als sie dem wippenden Gang ihres Vorgesetzten nachblickte. Wütend stopfte sie den Umschlag in ihre Handtasche. Was Meier soeben vor ihr ausgewalzt hatte, konnte er sich in die Haare schmieren. Sie sehen einfach zu schnell rot, wie damals bei meiner Afrikareise. Ja, da hatte sie sich eingemischt, und wie. Jade grinste schwach. Aber die Atembeschwerden hatten erst begonnen, nachdem sie die Tabletten genommen hatte, die der Amtsarzt ihr verschrieben hatte, ganz sicher. Und dann ging alles sehr schnell. Am nächsten Tag lag das Gutachten vom psychologischen Dienst auf ihrem Schreibtisch mitsamt der Überweisung in die Ostseelinik. Schon war man sie los. Für zwei Monate. Ein abgekartetes Spiel, man wollte sie aus dem Weg haben. Leider konnte sie das nicht beweisen, und dann blies ihr noch dieser kleine dreckige Zweifel in den Nacken und kicherte: Sie haben recht, du bist nicht ganz dicht.

      Aber Anita Behrli aus der Rechnungsprüfung konnte sich auf was gefasst machen!

      kobold: Neuigkeiten?

      Ela schaltete den Computer aus und legte sich aufs Bett. Sie hatte mittlerweile das Gefühl, kobold lauerte jeden Abend darauf, dass MissVerständnis im Chat auftauchte, um sie unverzüglich anzutexten. Es nervte.

      Aus der Ortsmitte von Weißenhall hallten die mitternächtlichen Glockenschläge von Sankt Orbit herüber. Bisher hatte Ela mit keinem der WAAMPIRE über den seltsamen Besucher gesprochen, und kobold anscheinend auch mit niemandem der Anderen. Aber wenn das so weiterging, würde sie es tun. Nächste Woche trafen sie sich seit längerem mal wieder in Wolles Keller.

      Meier war auf einer Dienstreise in den Kongo gewesen. Und Jade hatte ihrem Chef öffentlich vorgehalten auf Staatskosten Urlaub zu machen. Doch dann hatte Meier nach seiner Rückkehr – o Wunder – eine Anordnung des Außenministeriums vorlegen können, zwecks Inspektion einer kongolesischen Mine. Dort wurde Kobalt gefördert, ein Erz, das hierzulande in keiner nennenswerten Menge vorkam, weshalb keine deutsche Firma damit Geschäfte machte. Mit einer Ausnahme. Die Firma PETRUS, die ihren Hauptsitz in der Nähe von Weißenhall hatte, bot Kongo-Kobalt zu konkurrenzlos niedrigen Preisen an, dass selbst die für ihre Dumpinglöhne berüchtigten Chinesen nicht mithalten konnten. Das sei, hatte Meier mit einem triumphierenden Lächeln erklärt, der Grund seiner Reise gewesen. Im Übrigen, und dabei war er so dicht an Jades Gesicht herangekommen, dass sie die Speichelfäden zwischen seinen Zähnen zählen konnte, solle sich Jade nicht noch einmal erdreisten, den Sinn seiner Handlungen anzuzweifeln, sonst …

      Sonst! Jade war auf hundertachtzig und legte nach. Der Weißenhaller Kurier brachte ein Interview mit einer kritischen Angestellten. Darin hieß es, Amtsleiter Heribert Meier habe von dem Kongo-Trip keine einzige brauchbare Erkenntnis mitgebracht, dafür aber einen sehr menschlich aussehenden Kopf. Am nächsten Tag konterte Meier (ebenfalls im Weißenhaller Kurier, der Reporter hieß Jeff Stieneck), der Kopf sei aus Holz, und er hätte ihn als Geschenk von einem Bantu-Häuptling bekommen. Der wäre tödlich beleidigt gewesen, wenn Meier abgelehnt hätte. Im übrigen hätte er sehr wohl Erkenntnisse gewonnen, die er allerdings nicht mit jeder Sekretärin diskutiere.

      Jade hatte klein beigeben müssen. Sie musste in den folgenden Wochen mit den Sticheleien der Kollegen leben, besonders denen der Kolleginnen wie Anita Behrli. Bis sie dann nach einem Nervenzusammenbruch im Behandlungszimmer des Amtsarztes landete. Tabletten. Psychologischer Dienst. Ostseeklinik.

      Man hatte sie ausgebootet, davon war Jade überzeugt. Rechtzeitig zum Start des Genehmigungsverfahren für Helldor 21. Meier wollte keine undichte Stelle in seiner Behörde und die Berliner Regierung musste zeigen, dass sie die Probleme der Atomenergie im Griff hatte. Im Gegensatz zu den Japanern. Was kam da gelegener als ein sicheres Endlager? Möglichst schnell, möglichst geräuschlos und möglichst vor den nächsten Wahlen.

      That's it.

      Oder?

      Jade sog zischend die Luft durch die Zähne. Der Tee, den sie sich nach dem abendlichen Rundgang mit Ronja aufgebrüht hatte, war verdammt heiß. Sie hatte sich die Zunge verbrannt. Warum blies der kleine dreckige Zweifel wieder in ihren Nacken? Sie lauschte in das nächtliche Haus.

      Aus Berylls Zimmer drang die übliche finstere Musik. Jades kleiner Bruder war zwölf Jahre jünger, aber überragte sie um einen Kopf. Manchmal fühlte sie sich mit dreißig schon so verdammt alt. Sie ging ins Bad und betrachtete ihr Spiegelbild. Mit dem rechten Zeigefinger fuhr sie die Narbe entlang, die linke Wange hinauf bis unter das Auge, das seit der Operation leicht schräg stand. Jade hatte sich an den Anblick gewöhnt, sie hatte sich gegen das Tuscheln hinter ihrem Rücken und die mitleidigen Blicke einen Panzer zugelegt. Inzwischen war sie zu der Überzeugung gelangt, dass trotz aller geheuchelter Freundlichkeit neunundneunzig Prozent der Menschen einen Sicherheitsabstand zu ihr hielten. Möglicherweise war das etwas zutiefst Menschliches, ein angeborener Reflex, eine Fluchtreaktion. Vor dem Andersartigen, dem Hässlichen, das sich trotzdem zeigte. Ein Weglaufen vor der Angst, selbst so hässlich sein zu können, wenn ein böses Schicksal es so wollte. Oder ein böser Graf, wie ihre Urgroßmutter gesagt hatte.

      Katarina.

      Jade verließ das Bad und betrat ihr Zimmer. Auf dem Bett saß Bramabas und starrte sie mit schwarzen Knopfaugen an. Aus einer aufgetrennten Naht am Bauch zog Jade die Kette hervor, die sie seit Kronks Auftritt in Meiers Büro nicht mehr angelegt hatte. Kronk, der auf seine Weise ebenso entstellt war, wie sie.

      Jade betrachtete die Glaskugel, die sie im letzten Herbst mit feinen Silberfäden umsponnen und an einer dünnen Kette befestigt hatte. Sie fühlte ihr Gewicht, ihre kühle glatte Oberfläche und sah die filigranen blauen Linien in ihrem Inneren. Wie sehr die Kugel sie an Katarina

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