Schtraworski. John Otis

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Schtraworski - John Otis

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Christoph. Und was ich höre: einmal Zucker, sonst Schwanz. Im Gemeinschaftsraum wechsle ich das Wasser der Kaffeemaschine aus, zuerst mein Kaffee. Dann: Ich leg mein Teil in das Wasserfach. Brr, ein bisschen kalt. Vier mal umrühren, das ist perfekt.

      „Mhh“, sagt Christoph, „Kaffee kochen, das kannst du!“

      Christoph ist bestimmt schon 45. Er hat Kinder oder so… Er erzählt mir oft von seinem Privatleben, aber meistens hör ich ihm eigentlich nicht zu. Wir machen so ziemlich das gleiche. Nur arbeitet er hier schon über 20 Jahre. Ich glaube er hat Angst, dass ich eines Tages sein Chef werde. Ich dagegen stell mir diesen Tag sehr glorreich vor.

      „Machen Sie das und das und das, Sie Kackbatzen“, sag ich dann mit tiefer Stimme. Meine Traumvorstellung begleitet auch immer ein Bild, das ich Christoph einmal geklaut habe. Es zeigt ihn, wie er grinst. Nur habe ich sein Grinsen dick mit Edding übermalt. Es ist jetzt ein Mund mit nach unten gezogenen Winkeln.

      „Machen Sie das und das und das“, und dann hole ich immer das Bild hervor.

      „Ooooooch“, sagt dann der Bild-Christoph, „ooooooch nein, bitte nicht! Ich habe Kinder, oder auch nicht?!“

      Falls ich hier jemals kündigen oder raus fliegen sollte, piss ich ihm noch ordentlich in die Fresse. Nicht metaphorisch, nein. Ich spring auf sein Schreibtisch und wedel mit meinem Ding rum, bis Christoph ertrinkt.

      Herr Braun gehts super, heute. Er hält nen Vortrag. Über irgendwas, was die Berater ausgetüftelt haben. Unternehmensevaluation und Zukunftsprognose und so Zeug. Dabei hält mein Chef nen Stab in der Hand und zeigt damit auf Tabellen und Datensätze, die an die Wand projiziert werden. Er ist aufgedreht, schwingt den Zeigestab manchmal wie ein Schwert und seine piepsige Stimme überschlägt sich. Er war drei Wochen in der Toskana. Jetzt ist sein Gesicht zur Hälfte braun gebrannt und rot verbrannt. Da fleddert auch irgendwas runter. Ich glaub, es ist Haut. Aber ihm ists wurscht, er freut sich.

      „Herr Braun“, sagt Christoph, „Sie sind aber braungebrannt“, er guckt sich um, sucht nach Applaus. Irgend sone hässliche Fotze gurgelt wie n Truthahn. Herr Braun drückt den Stab gegen Christophs Rippen.

      „Das hört mir jetzt auf“, sagt Herr Braun, der Christoph nicht ab kann.

      „Ok ok“, mein Zimmerkollege gibt klein bei.

      „… und mehr Zahlen und da noch Zahlen…“, sagt Herr Braun, „wir müssen effektiver werden E F F E K T I V E R!“

      Mein Chef schließt seine Hand um das vordere Ende des Stabes und bewegt sie auf und ab. Schaut mich dabei an. Glückwunsch Herr Braun, sie sind ein Homo. Nichts gegen Schwule, nur nicht so mein Ding, bis auf das eine Mal… bei Sammy.

      Zurück im Büro: Christoph kriegts mit seinem Tablet-PC nicht gebacken. Will sich irgendwelche Bilder rein ziehen. Das Teil hängt sich auf. Bei so was fragt der alte Sack immer mich. Und ich sag immer ja. Denn, was soll ich sonst machen, ihm damit den Schädel einschlagen?

      „Mach du mal“, sagt er. Er hat immer Angst, dass es explodiert und ihm um die Ohren fliegt, wenn er da dran rum werkelt, weil er zu alt ist, um der Technik zu trauen. Und … ja, ok ok, weil ich ihm mal gesagt habe, dass das passieren kann. Ich leg das Ipad vor mich auf den Tisch. Christoph geht in Deckung. Ein Neustart behebt das Problem.

      „Kriegst ne Wurst von mir“, sagt Christoph. Die Wurst werde ich nie bekommen. Ich kenne ihn zu gut.

      Die Pausen hasse ich am meisten. Normalerweise spaziere ich dann immer einmal um das riesige Areal herum, um mit niemandem reden zu müssen. Heute geht das nicht. Ich bin gestern über eine Pfütze gesprungen und habe mir dabei eine nicht harmlose Verletzung am Bein zugezogen. Ich fang schon an zu zittern, dann gehts los. Tatütataaaa. Der beknackte Gong. Wie in der Schule. Haben die eingeführt, damit man sich nicht überarbeitet und die Zeit vergisst. Ich weiß schon was ich mach. Das Büro im Gebäude gegenüber. Haben letztens erst die ganze Abteilung abgesägt. Deren Pausenraum ist bestimmt leer. Da kann ich alleine sein. Ich stehl mich davon und setz mich in das große Zimmer. Das Licht funktioniert nicht. Im Halbdunkel knabber ich an einem riesen Batzen Hackfleisch, den ich mit Nutella beschmiere. So lässt sichs leben. Ich lass noch ordentlich einen fahren, weil ich sowieso alleine bin. Scheiße, da kommt jemand. Zwei Stimmen kann ich hören. Ich sprinte, spring und schmeiß mich hinter die Türe. Die geht auf und ist jetzt zwischen mir und den anderen. Nur leider machen die die Türe wieder zu, setzen sich aber mit dem Gesicht zum Fenster, sodass sie mich nicht sehen können. Weißes Hemd, braune Hose, weiße Wand, brauner Boden. Könnte klappen. Ich knicke meinen Körper und verschmelze mit dem Gebäude im 90 Grad Winkel. Zu meiner Überraschung klappt das ganze auch noch. Nach 10 Minuten verschwinden die beiden wieder, ohne mich zu sehen. Ich ess noch den Rest meines Batzen auf und gehe wieder arbeiten.

      Der Regen begrüßt mich auf dem Weg nach Hause. Durchweicht steige ich in mein Auto. Hierfür habe ich extra einen großen Plastikbeutel, den ich über meinen Sitz lege. Mein Handy vibriert. Ich hatte es im Wagen gelassen. 5 Anrufe von Irina. Die Schlampe kann mich mal. Aber vielleicht rückt sie ja meine Wohnung raus?

      Nein, das tut sie nicht. Ihre aufgedunsenen Backen begrüßen mich, als sie die Türe öffnet. Ich glaube sie ist fetter geworden. Aber ihre Augen sind immer noch hübsch. Sie setzt sich auf meine Couch. Auf meinem Teppich, in meiner Wohnung. Neben ihr Markus. Er sieht eigentlich fast so aus, wie ich, nur halt nicht so scheiße. Ich glaube, ihm ist die Situation echt unangenehm.

      „Skittles?“ Fragt sie. Ich schüttle den Kopf. Sie schaufelt sich die Teile in den Mund.

      „Habe gehört, du hast den Mietvertrag gekündigt“, sagt sie.

      „Ja, drei Monatsmieten…“, sag ich.

      „Sind noch fällig, jaja“, sagt sie.

      „Übernehmt ihr die dann?“

      „Ne, wieso? Kannst ja auch hier wieder einziehen“, sagt sie, grinst.

      „Ok“, sag ich. Steh auf und will gehen.

      „Ok? Wie ok? Wie kannst du dir das nur gefallen lassen?“ Sagt sie wütend.

      „Das ist nichts Persönliches“, sagt Markus.

      Was sagt mein Messer? Stich stich stich. Mein schweizer Armee Messer. Passt nur auf. Ich schraub all eure Möbel auseinander!! Und was macht ihr dann?? HAHAHA. Auf dem Boden essen?? Stattdessen gehe ich lieber. Aber natürlich nicht, ohne den beiden unten den Strom abzustellen und den Regler so zu sabotieren, dass das nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden kann. Quid pro quo. Regeln. Ich liebe Regeln. Ich brauche Regeln.

      Ich war 18. Glaube ich. Nein, 17. Ja, 17. Da fangen sie an, meine Aufzeichnungen. An einigen Stellen habe ich sie umgeschrieben, weil mir der Stil nicht gefiel. Chronologisch mussten sie auch neu geordnet werden. Es waren schließlich nur lose Blätter, mit losen Zusammenhängen. Aber jetzt, nach einer Überarbeitung, treffen sie sehr gut, wer ich eigentlich war.

      1

      Als ich heute früh aufgewacht bin, habe ich gegrinst. Breit über meine beiden Backen. Weil ich glücklich bin. Denn heute werde ich sterben. Es ist egal, dass die blauen Flecken auf meiner Mutter wachsen, wie mit Edding drauf gemalt, es ist egal, dass mein Vater mein Vater ist und es ist egal, dass heute Schule ist. Heute gehe ich da gerne hin, vielleicht werde ich das sogar vermissen. Eigentlich keine Ahnung, warum. Das ist halt so. Manchmal weint man dem größten Tumor nach. Einfach nur, weil er immer da war.

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