Schtraworski. John Otis

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Schtraworski - John Otis

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mal um meine eigene Achse und schmetter ihn über den See. Er gleitet auf dem Eis, wie eine prima Donna.

      Ein Schlitten, das wärs jetzt. Ich steh oben, am steilen Abhang. Eltern schieben ihre wie bekloppt kreischenden Bälger an, die dann wie Geschosse den Berg runter rasen. Ich leg mich ausgestreckt, parallel zum Abhang in den Schnee.

      „Was machstn du da?“ Fragt einer von den Knirpsen.

      „Schieb mich“, sag ich. Der Kleine schaut mich fragend an.

      „Na los doch“, sag ich. Er lacht und schubst mich. Ich kuller den Berg runter. Unten brummt mein Kopf. Ich steh auf. Meine Hände zittern, ich glaube ich erfriere.

      Zu hause schütte ich den geschmolzenen Schnee aus meinen Schuhen ins Klo, leg sie auf die Heizung. Runter mit den Socken, meine Füße stechen. Die Zehen sehen aus wie ein paar Blaubeeren. Ich halt sie unter warmes Wasser, bis sie wieder Farbe kriegen, lass mir ein Bad ein. Ich hol mir einen runter, mein Sperma schwimmt in der Badewanne und ergibt mystische Formen, wie beim Bleigießen.

      Wir essen zu abend, ich hab keinen Hunger.

      „Wie war dein Spaziergang?“ Fragt meine Mutter.

      „Erquickend“, sage ich.

      Mein Vater grunzt, knallt sich ordentlich die Pick Salami rein, spült mit Bier nach. Er hat Hunger, heute war Arbeit. Als Sozialarbeiter macht er die Arbeitslosen fertig. Sozialarbeiter sind die Schlimmsten, sind mindestens genauso verrückt, wie die Psychologen, haben aber auch noch nen ausgewachsenen Minderwertigkeitskomplex dazu, weil sie zu dumm für ein Psychologiestudium sind.

      „Wie läuft Schule?“ Will er wissen. Ich guck verlegen auf den Boden

      „Gibt es da denn ein nettes Mädchen?“ vermutet meine Mutter und lacht mich an.

      „Genau! Wie wärs mal mit ner Frau, oder bist du ein Homo?“ Ich wünschte, ich wär einer, dann könnt ichs ihm rein drücken.

      „Ich bin satt“, sag ich.

      „Wie sagt man?“ Fragt mein Vater.

      „Danke für das Essen“, ich verzieh mich, hör die beiden gackern, sie mögen sich wieder.

      Draußen spring ich auf gefrorenen Pfützen rum, bis sie einbrechen und das Wasser über das Eis läuft. Ne rum sträunende Katze kriegt nen Schneeball in die Fresse. Miau miau sagt sie und verschwindet in der Dunkelheit. Ich leg mich unter eine Baumgruppe, geschützt vor Blicken rauche ich meine letzte Zigarette. Den kalten Gestank an meinen Händen wasche ich im Schnee ab, öffne dann leise die Tür, zieh mich aus, leg mich in mein Bett und schlafe ein.

      4

      Mein Wecker ist ne verfickte Dampflock. Tschuu tschuu macht sie, wenn sie losgeht. Hab das blöde Teil mal vor Jahren geschenkt gekriegt. Raubt mir noch den letzten Nerv. Die Lock ist viel zu laut, aber „kriegst nix Neues“, sagt mein Vater. Wenn ich Glück hab, reißt sie mich bloß aus meinen Träumen, wenns scheiße läuft, rauscht sie über mich drüber und der Traum-Nicklas ist platt wie ein recyceltes Stück Papier. Und dann stehn se alle rum um mich und lachen mich aus, weil ich einfach viel zu platt und zu breit und zu quadratisch für diese Welt bin.

      Ich schnapp mir mein Hausschuh vermöbel damit den Wecker. Endlich hält er die Schnauze. Ich steh auf, fall wieder um, bleib liegen. Meim Vater gefällt das gar nicht. Er schmeißt mir nen Apfel zu, er landet auf meiner linken Klöte, ich brüll los.

      „Ups, daneben“, sagt er. Er wollte wohl die rechte treffen. Jedenfalls bin ich jetzt wach.

      Ich verschling mein Frühstück und bete meinem Vater Vokabeln runter.

      „Sehr gut“, sagt er, gibt mir nen 5 Euro Schein, „hast dir ein hübsches Pausenbrot verdient!“

      Mein Deutsch Lehrer findet mich zum kotzen. Ich hatte da nie Probleme, aber er hat ein Problem mit mir. Gibt mir ne drei minus zurück. Thema: Killerspiele machen Killer. Ich: Das ist ne Kausalitätsverdrehung. Leute, die sowieso solche Fantasien haben, leben die in diesen Spielen aus, das Spiel verursacht sie nicht. Der Grund, warum die dann beim Amok laufen genauso angezogen sind, wie die Protagonisten, ist weil, das Spiel ihnen nur die ästhetische Form vorgibt. Wenn Amokläufer ein Spiel ausm Mittelalter zocken würden, wären se dann beim Amok eben so angezogen. Hab das mal irgendwo gelesen, dachte, es wärn feines Argument.

      Nö, das ist Quatsch, schreibt Herr Gräser und streicht mein Argument fett rot durch. Arschloch. Geht doch nur um die Argumentation. Wie sollte ich das auch wissen? Ich bin kein Psychologe. Er ist kein Psychologe. Am liebsten hätte ich seine Korrektur korrigiert.

      Pause. Hab mir wieder ein Flaggschiff-Sandwich geholt. Ich streune über den Hof. Meine Finger kribbeln in der Kälte, mein Mund knuspert von dem krustigen Baguette-Brot. So ziehe ich meine Runden, aber da steht doch der hässliche Gunnar? In der Gruppe meiner Klasse. Hm, dann kann ich mich doch auch mit dazustellen. Ich wittere meine Chance. Jetzt steh ich neben ihm und genieße meine relative Schönheit, denn neben Gunnar bin ich Brad Pitt. Ich hör die Mädels schon meinen Namen rufen und in Ohnmacht fallen. Knusper, knusper, Sandwich. Ich bin nervös, versuche Gunnar in ein Gespräch zu verwickeln, komm aber über ein guten Morgen nicht hinaus. Wir zittern beide. Der hässliche Gunnar tupft sich den Schweiß von der Stirn, bevor er noch gefriert. Er stinkt auch ein bisschen mehr wie ich, so weit ich das beurteilen kann. Mhh, guter Gestank, daneben rieche ich auch wie Brad Pitt.

      Gunnar beißt in seinen Käselaugenknacker, leckt die Wurst. Er ist riesig und mit seinen breiten Schultern und den dicken Armen ist es schwer zu sagen, ob er kräftig oder einfach nur fett ist. Man müsste schon seinen Oberkörper kräftig an stubsen und schauen, ob da was schwabbelt. Das trau ich mich dann aber doch nicht. Hätte eh nicht die Kraft. Gunnar hätte aber sicher nichts dagegen. Der Koloss ist schüchtern, wie ne Maus. Und bestimmt lechzt er verzweifelt nach jeder menschlichen Berührung, selbst wenn sie von mir kommt. Ich glaub ihm ist ne Plombe ausm Zahn geflutscht. Er fischt irgendwas Ekliges, Graues aus seinem Essen und stopfts dann dahin zurück, wos herkam. Zweimal feste zubeißen, er grinst zufrieden den Boden an.

      Das Schlachtschiff drückt von innen unsanft gegen meine Magenwände. Brechreiz. Ich wünschte Martin käme jetzt vorbeispaziert und würde mir mal ordentlich eine in den Bauch hauen. Er bekäme nen Hagel kleiner, ätzender Kroutons ins Gesicht geschleudert.

      Der hässliche Gunnar glotzt wie besessen auf sein Spicker, reicht ihn mir.

      „Bitte abfragen“, sagt er in seiner hohen, piepsigen Stimme. Stadt Land Fluß. Der Junge hat Ahnung. Glückwunsch, jetzt kennst du 20 Städte, noch 20 mehr und du kennst 40.

      Ding dong. Pause aus. Beim reingehen stell ich sicher, dass ich neben Gunnar gehe. Ich fuchtel ein bisschen mit den Armen rum. Von weitem sieht das jetzt so aus, als ob wir uns unterhalten würden. Klassenzimmer zu. Sperren die immer ab, in der Pause. Damit keiner drin bleibt und gegen die Wand pisst oder sonst was. Sammy läuft den Gang runter, auf uns zu. Ich lehn lässig am Kleiderschrank, nick in die Gruppe, schau Gunnar an.

      „Ja? Ja?“ sag ich, nicke, „das ist ja lustig“, ich lache hysterisch. Sammy ist jetzt neben mir, stößt mir im Vorbeigehen den Finger in die Seite.

      „Hi“, sagt er

      „Hi“, sag ich, meine Stimme fiept melodramatisch. Scheiß Sprechfehler, dieser hohe Ton, das ist meistens ziemlich peinlich. Sammy denkt bestimmt, ich wär am flennen. Er geht

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